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Willkommen im Speicherstaat
Mit der Erfassung des Namens beim Einwohnermeldeamt fing mal alles an. Beantragt man heute einen Reisepass werden die biometrischen Daten (Scan der Iris, individuelle Gesichtszüge) in jedem Fall auch gespeichert. Der bei jedem Menschen individuelle Fingerabdruck darf (noch) freiwillig für die Erstellung des Personalausweises abgegeben werden. Hat man mehr als einen Telekommunikationsvertrag abgeschlossen oder einen Kredit in Anspruch genommen, gilt man laut Schufa nicht als 100 Prozent solvent. Die privaten Vorlieben für bestimmte alkoholische Getränke, oder nicht so ganz gesunden Naschkram, werden auf der Payback - oder Happy Digit Karte für jeden Inhaber dieser vermeintlichen Rabattkarten individuell gespeichert und das Warenangebot dementsprechend angepasst. Interessant sind die individuellen Vorlieben aber nicht nur für die profitorientierten Unternehmen, sondern auch für die Krankenkassen, die wahrscheinlich wenig Lust haben, für die Konsequenzen eines vermeintlich ungesunden Lebensstils einzustehen.

Eins, zwei, meins...
Am ersten Januar 2008 ist das von der Großen Koalition verabschiedete Gesetz der verdachtsunabhängigen Vorratsdatenspeicherung in Kraft getreten. Beschlossen wurde einer der bis dahin schwersten Eingriffe in das informelle Selbstbestimmungsrecht der Bürger: Alle elektronischen Verkehrsdaten, egal ob Email oder Telekommunikationsverkehr werden seit dem 1. Januar 2008 für mindestens sechs Monate gespeichert. Begründet wurde dieser Angriff auf die Privatsphäre mit der »Gefahr des internationalen Terrorismus« und der Notwendigkeit der Eindämmung schwerer Kriminalität.

In der Realität hat sich gezeigt, dass die Daten immer häufiger zur Verfolgung von sogenannter Schulhofkriminalität, wie z.B. dem illegalen Downloaden von Musik und Filmen, genutzt werden.

Zudem verleitet die vom Staat verordnete Speicherung von Daten zum missbräuchlichen Eingriff in die Privatsphäre, wie der Skandal um die Telekom zeigt: Der Konzern hat einen seiner Mitarbeiter verdächtigt, Informant für die Presse gewesen zu sein. Ohne großes Aufheben wurden die Daten aller pauschal verdächtigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Journalistinnen und Journalisten ausgewertet, um den Spitzel zu enttarnen. Selbst wenn die Telekom ihre Kundendaten nicht zweckentfremdet, scheinen sie nicht willens oder in der Lage zu sein, ihre Festplatten vor illegalem Zugriff zu schützen. Es muss daher niemanden verwundern, wenn man bei der nächsten Konsumentenumfrage via Telefon vom Callcenter »Wir checken alles« mit Vornamen angesprochen wird.

Der Staat greift ab
Datenbanken existieren heute wie Sand am Meer, und neben der wirtschaftlichen Lobby sind es vor allem staatliche Institutionen, die immer mehr Datensätze sammeln, auswerten und in Datenbanken neu zusammenstellen.

Wir sind alle Terroristen
Gerade für Menschen, die sich in linken Zusammenhängen organisieren, oder einfach nur an fortschrittlichen Veranstaltungen und Demonstrationen teilnehmen, ist die Möglichkeit nicht allzu gering, vom Staat in die Kategorie »Terrorist« eingestuft zu werden. Denn was einem Großteil der Bevölkerung nicht bewusst ist: Die sogenannte »Anti-Terror-Datei« ist keine eigenständige Datei sondern eine Zusammenführung verschiedener existierender Datenbanken von Bund und Ländern. Daher werden in der »Anti-Terror-Datei« auch die Menschen gespeichert, die mit dem Betäubungsmittelgesetz in Konflikt geraten sind, bei Protesten gegen den G8 Gipfel auffielen oder erkennungsdienstlich behandelt wurden.

Es ist zum Schreien
Der schnelle Weg zum »Terrorismus« ist gar nicht so schwer: Inga und Heinz beteiligen sich an einer Blockade gegen einen Naziaufmarsch. Sie bekommen einen Platzverweis und werden erkennungsdienstlich behandelt. Was Inga und Heinz nicht wissen: Sie sind in der Datei »erkennungsdienstlich behandelter Personen« gelandet. Da diese Datenbank seit 1. März 2007 Bestandteil der »Anti-Terror-Datei« ist, haben Inga und Heinz ihren Status als Terroristen endlich weg. Das wir hier nicht irgendwelche ominösen, paranoiden Schreckensszenarien präsentieren, wird deutlich, wenn man sich vor Augen hält, dass die Datensammlung über »Terroristen« innerhalb eines Jahres von einer Million auf über drei Millionen gewachsen ist.

Daher muss heute mehr denn je gelten: Keine Daten, kein Problem – denn nicht gespeicherte Daten können nicht missbraucht werden

Ein Beitrag der Autonomen Antifa Infernal [AAI]