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Interview mit Antifas |
Wir haben uns im Vorfeld der Vorbereitung zur diesjährigen Silvio-Meier-Demo 2009 mit dem Jugendbündnis
"Komm zur Jugendantifa!" getroffen und ein Interview geführt. Das aus verschiedenen Jugendantifagruppen
bestehende Bündnis hat es sich nach eigenen Angaben zur Aufgabe gemacht bestehende Strukturen und Kämpfe
zu vernetzen und Jugendlichen den Einstieg in aktive Antifa-Politik zu ermöglichen. Der Aufruf zur Vernetzung
und Organisierung soll explizit in den Zusammenhang unserer Demonstration gestellt werden. Die Angehörigen
der Jugendantifa Berlin und der Antifaschistischen Jugendaktion Kreuzberg sind auch aktiv an der Vorbereitung
der Demo 2009 beteiligt. Im Folgenden dokumentieren wir das Interview mit Paul (19)von der JAB und Lena (18) von der AJAK.
Redaktion: Hallo, vielen Dank, dass ihr gekommen seid.
Lena und Paul: Hallo!
Redaktion: Wie auf Flyern, Transparenten, Aufklebern und im Internet unschwer
erkennbar ist, habt ihr euch für die Silvio-Meier-Demo einen eigenen
Schwerpunkt gesetzt. Ihr legt großen Wert auf eine fortschreitende Organisierung
und Vernetzung von Jugendlichen innerhalb linker Zusammenhänge.
Warum glaubt ihr ist es gerade für Jugendliche wichtig am 21. November
gemeinsam zur Demo zu kommen und noch ferner sich in Strukturen zu organisieren?
Lena: Die Silvio-Meier-Demo hat schon immer ein enormes Mobilisierungspotential
gehabt und ferner zu einem Erstarken der Antifa Bewegung in Berlin
geführt. Insbesondere Jugendliche haben über diese Demonstration schnell
Anschluss an linke Inhalte und Aktivitäten gefunden und in zahlreichen Fällen
hat dies auch zu einer längerfristigen Organisierung geführt. Der wichtigste
Aspekt, weshalb wir alle Jugendlichen dazu aufrufen, sich an dieser Demontration
zu beteiligen, ist natürlich Silvio Meier und das Gedenken an ihn. Denn
in unserer alltäglichen Praxis ist es uns wichtig all jenen zu Gedenken die im
Kampf gegen Faschismus und Rassismus ums Leben gekommen sind, und
das sind nunmal traurigerweise in den letzten Jahrzehnten immer mehr Menschen
geworden. Zu diesen Opfern gehört auch Silvio Meier. Gerade 2009
fällt ja die Demonstration genau auf den Tag, an dem vor 17 Jahren Silvio Meier
im U-Bhf. Samariterstraße. erstochen wurde.
Im Anschluss an diese Demo organisieren wir eine Vokü in der Antifabrik, bei
der es möglich ist mit uns ins Gespräch zu kommen und es wird natürlich wieder
eine Aftershow Party geben. Für viele Jugendliche ist die Silvio-Meier-Demo
einfach eine prägende Erfahrung, die zwangsläufig klarstellt, dass es einen
Kampf gegen rechte Gewalt, Ausbeutung, Krieg und Armut zu führen gilt. Daran
führt kein Weg vorbei. Auch dafür steht die Silvio-Meier-Demo und wenn
es darum geht diese Kämpfe erfolgreich zu überstehen, kommen wir zur Frage
der Organisation....
Redaktion: Ja... genau, warum sollte man sich als Jugendlicher organisieren
und welche Möglichkeiten stehen einem dafür zur Verfügung?
Paul: Lena hat das gerade schon erwähnt, dass es aus nahe liegenden
Gründen unerlässlich ist, Widerstand zu leisten und sich zu engagieren. Hierbei
schreiben wir ja niemanden vor, wie und wo er das zu machen hat. Viele Jugendliche
kommen zum Beispiel durch Musik oder Partys aber auch durch
Demonstrationen leicht in Berührung mit politischen Themen und sie tun
ihre politische Meinung kund. Oftmals entstehen bereits hier im Bereich des
Freundeskreises Organisierungsansätze, die zu begrüßen sind. Hier ist
es wichtig sich auch inhaltlich mit den Themen, die einem unter den Fingern
brennen auseinanderzusetzen und sich gewisse Skills anzueignen. Dasselbe gilt
für praktisches Wissen und Fähigkeiten. die für politische Arbeit wichtig und sinnvoll
sind. Schon hier kann man effektiv Gegenwehr leisten, sei es indem man mit
Kumpels NPD-Plakate entsorgt, Auf Kleber klebt oder Sprühen geht. Dazu
gehören auch gemeinsame Aktivitäten gegen Naziaufmärsche und gegen
andere Widerlichkeiten. Es ist immer sinnvoll gemeinsam mit anderen gegen
Sachen, die einen nerven, vorzugehen. Und irgendwann kommt man dann auch
zu dem Punkt, an dem man sagt "Ich möchte mich noch weiter organisieren
und noch mit mehr Leuten aktiv werden, die genauso denken wie ich" und "Ich
hab die Faxen dicke, lass uns das jetzt mal durchziehen". Eine Möglichkeit hier
ist es, in die Jugendantifa zu kommen. Die Jugendantifagruppen bieten einen
guten Einstieg in aktive Antifa Politik, Schutz und Unterstützung vor Bullen und
nervenden Eltern. Außerdem erweitert man seinen Handlungsspielraum, weil
man mit viel mehr Leuten gemeinsam etwas machen kann. Das Beste ist, man
setzt sich per E-Mail mit den jeweiligen Gruppen in Kontakt.
Redaktion: Was machen denn so Jugendantifagruppen in Ihren alltäglichen
Kämpfen bzw. wie definiert ihr den Begriff der "Jugendantifa"?
Lena: Na, ich bin schon seit längerem in der Antifaschistischen Jugendaktion
Kreuzberg organisiert und da gehts schon manchmal ziemlich drunter und
drüber und es gibt immer was zu lachen. Als Jugendantifa gibt es immer
wieder Projekte und Aktionen, die es zu organisieren und zu gestalten gilt. So
waren wir am letzten Jahr intensiv am Jugendblock auf der 18 Uhr Demonstration
am 1. Mai in Kreuzberg und an einer Jugendzeitung beteiligt. Auch sonst
gibt es immer jede Menge zu tun. Besonders nervig ist es, wenn man bei seinen
alltäglichen Kämpfen in die Mühlen des Repressionsapparats des Staates
kommt. Aber reden wir nicht soviel über uns. Jugendantifa ist für mich nichts anderes,
als das Konzept der Autonomen Antifa. Dennoch wäre es ein Trugschluss
zu glauben Antifa sei nur der Kampf gegen Nazis. Denn Antifaschismus allein ist
kein revolutionäres Konzept. Erst unser Glaube an eine Gesellschaft in der die
kapitalistischen Produktionsverhältnisse ausgeschaltet sind, die Herrschaft des
Menschen über andere Menschen aufgehoben wird, Rassismus und Homophobie
durch die Auflösung aller Grenzen und aller Nationen überflüssig sind,
Patriarchat und Religion zerschlagen wurden, ist Ausdruck unserer Radikalität
und unserer Praxis. Dafür kämpfen wir tagtäglich, mal mehr, mal weniger
erfolgreich.
Paul: Ja, mit dem stimme ich vollkommen überein. Es gibt da auch nicht viel
mehr zu sagen, außer das der Erfolg dieser Kämpfe auf besondere Art und
Weise von dem Grad an Organisierung und Vernetzung innerhalb der Antifaszene
zusammenhängt. Ein ganz wichtiger Aspekt unseres Ansatzes ist es als vereinte
Antifa wieder handlungsfähiger zu werden. Viel zu oft wird sich gerade in
Berlin gegeneinander abgegrenzt. Und darauf haben wir keinen Bock und haben
deshalb beschlossen, als gutes Beispiel voranzugehen und die Zusammenarbeit
zwischen unseren Gruppen zu intensivieren. Erwähnenswert an dieser Stelle ist auf
jeden Fall neben, unserer Beteiligung am Silvio-Meier-Bündnis, unser gemeinsames
Projekt, der Antifabrik. Wir bieten jeden Samstag Jugendlichen die
Möglichkeit bei kostenlosem Kicker und Billard und vielen Überraschungen, den
Abend ohne Konsumzwang anzufangen. Bei netter Atmosphäre und coolen
Leuten ist es den Besuch auf jeden Fall wert. Die Antifabrik befindet sich in der
Schreinerstaße 47 in Friedrichshain und ist ab 20 Uhr geöffnet.
Redaktion: Letzte Frage, nach dem was ihr eben zum Thema revolutionärem
Antifaschismus gesagt habt, warum ist es eurer Meinung nach wichtig aktiv
gegen Nazis vorzugehen?
Lena: Na es ist weiterhin unglaublich wichtig mit allen Mitteln gegen die Nazis
vorzugehen. Neonazistische Bewegungen stellen nun mal ein mörderisches
Bedrohungspotential für all jene dar die nicht in ihr Weltbild passen. Das hat
man ja im Sommer an der Frankfurter Allee gesehen. Allein aus Gründen des
Selbstschutzes ist es wichtig den Nazis zu zeigen, wo der Hammer hängt. Auch
in diesem Sinne hat Antifaschismus nicht an Bedeutung verloren. Dennoch
sollte Antifaschismus nicht der einzige Inhalt eigener Politik sein.
Paul: Außerdem ist es wichtig die Nazis in ihrer Handlungsfähigkeit einzuschränken
und gegen ihre Aktivitäten und Strukturen vorzugehen. Wenn ein
Naziaufmarsch bei mir durch den Kiez zieht dann werde ich nicht Zuhause hocken
und fernsehen. Vielmehr werde ich mich denen aktiv in den Weg stellen.
Dass heißt aber nicht, dass ich all die Tage, an denen kein Naziaufmarsch
durch meinen Kiez zieht, untätig bleibe. Wenn ihr wisst, was ich meine.
Redaktion: Wenn Ihr noch irgendwas anmerken wollt schießt los...
Paul: Ich freue mich, dass ihr uns zu diesem Thema befragt habt. Wir hoffen
einfach auf eine äußert erfolgreiche Silvio-Meier-Demo 2009...
Lena: Kommt zahlreich zur Silvio-Meier-Demo 2009 und in die Antifabrik. Wir
freuen uns auf euch. Lets push things forward!.
Redaktion: Vielen Dank für das Gespräch.
Weitere Infos: komm-zur-jugendantifa.tk
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