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Die Polizei - mehr als dein "Freund und Helfer"
Berlin, 12. September 2009. 20.000 Menschen ziehen durch die Straßen Berlins um gegen Vorratsdatenspeicherung und Überwachungswahn zu demonstrieren. Während der Großteil der Massen bei der Abschlusskundgebung den Reden der erschienen Politikprominenz zuhört, wird am Rande der Lauti des antikapitalistischen Blocks von der Polizei umstellt, abgedrängt, die Identität der Insassen festgestellt und aufgrund des Abspielens eines für die Polizei missliebigen Songs alle Beteiligten festgenommen.

Ein Passant wird Zeuge dieser Farce und möchte von dem ihm zustehenden Recht Gebrauch machen, sich die Dienstnummer der Beamten geben zu lassen. Als er der Aufforderung nachkommt, er möge die Straße verlassen, damit die Pigs ihren totalitären Allmachtsfantasien wieder mal freien Lauf lassen können, scheint der Passant einem Beamten nicht schnell genug die Straße zu räumen. Der Bulle zieht ihn auf die Straße zurück und was jetzt folgt ist die übliche Taktik der "verhältnismäßigen Gewalt". Mensch wird von Robocops mit Schlägen und Tritten traktiert, zu Boden geworfen, eingesperrt und drei Wochen später mit einer Anzeige des Musters "Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte" oder "versuchter Gefangenenbefreiung" konfrontiert. So wäre es auch diesmal wieder der Fall gewesen, hätte nicht ein/e aufmerksame/r Aktivist/in die Szenerie gefilmt, auf youtube online gestellt und somit eine hitzige mediale Kampagne entzündet. Selbst Springers Hetzschrift "Bild" sprang auf den Zug auf, ohne natürlich die Macht der Polizei zu hinterfragen und sich mit dem staatlichen Gewaltmonopol auseinanderzusetzen. Obwohl das sonst übliche Verhalten der Polizeiführung auch diesmal wieder zum Einsatz kam, Leugnen und Dementieren bis die Aufregung überstanden ist, kam Polizeipräsident Dieter Glietsch nicht Drumherum von einem peinlichen Einzelfall zu sprechen, das gegen zwei der Beamten sofort ein Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung im Amt eingeleitet worden sei und mit den neuen Uniformen ab 2010 auch die individuelle Kennzeichnung Einzug in den Polizeialltag einhält.

Doch der Vorfall ist kein Einzelfall und es gehört eigentlich zur Normalität, dass sich Mensch auf jeder linken Demo mit den willigen Vollstreckern des Staates konfrontiert sieht. Diese Angriffe, Gewaltanwendungen und Bedrohungen haben System. Sie sollen jedem/r politisch Aktiven aufzeigen, dass der Staat mit Argusaugen darüber wacht, dass die bestehenden, kapitalistischen Verhältnisse unangetastet bleiben, dass Mensch besser damit fährt, sich tagtäglich der kapitalistischen Verwertungslogik mit Herz hinzugeben und vollends für die Ellenbogengesellschaft einzustehen, als sich politisch zu engagieren und auf die Barrikaden zu gehen. Der Durchschnittsbürger kam auch noch nie in Berührung mit der Polizei, mal abgesehen von dem Knöllchen wegen zu schnellen Fahrens und sieht daher auch keinen Grund irgendeine Kritik an seinem "Freund und Helfer" hervorzubringen.

Der Polizei wird uneingeschränkt vertraut und diese achtet auch peinlichst genau darauf, wie ihre Wahrnehmung in der Bevölkerung ist. Neben der jährlich vom Bundeskriminalamt (BKA) veröffentlichten "polizeilichen Kriminalstatistik" kurz: PKS, Pressemitteilungen, dem Online-Polizeiticker oder durch ihre Gewerkschaften (DpolG, GdP) versucht sie unentwegt Einfluss auf alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens zu nehmen. Das gelingt ihr meist (leider) auch recht gut und so erfreut sich die Polizei tagtäglich in vielen Bevölkerungsgruppen über massive Sympathie. Ist es da verwunderlich, wenn das Innenministerium ein internes Gedankenpapier bekanntmacht, wo darum gebeten wird, dass in der zukünftigen Legislaturperiode auch der Verfassungsschutz (VS) mit Möglichkeiten ausgestattet wird, welche auch diesem repressiven staatlichen Organ Onlinedurchsuchungen möglich machen und keine einzige mediale Kraft kritisiert solch ein Vorhaben. Als wäre das noch nicht genug, soll es dem VS gestattet werden Privatwohnungen auszuspähen, der genetische Fingerabdruck soll zum Standard bei der erkennungsdienstlichen Behandlung werden und verdeckte Ermittler dürfen "szenetypische Straftaten" begehen ohne juristische Konsequenzen daraus zu befürchten. Wir können also gespannt sein, bis es zum ersten faschistischen Mord durch einen V-Mann vom VS kommt. Daher ist es wichtig die Polizei und die angeschlossenen Organisationen stets kritisch zu beobachten, seien es die freundlich wirkenden Bullen wie Toto&Harry oder die prügelnden Berufsschläger der Hundertschaften, sie alle stehen für eine entmündigende, menschenverachtende Ordnung, welche es zu bekämpfen gilt.

In diesem Sinne: Still not loving police

Ein Text der Antifaschistischen Initiative Reinickendorf (AIR).
Silvio Meier Siempre Antifascista Antifaschistische Aktion