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Immer wieder geraten Antifaschist*innen durch ihr Engagement in den Fokus der Repressionsbehörden. Häufig landen Antifas hinter Gittern, weil sie sich gegen Nazis zur Wehr gesetzt haben. Ein aktuelles Beispiel dafür ist der in Schweden einsitzende Joel. Ihm wird vorgeworfen, am Rande einer Kundgebung an einer Auseinandersetzung mit Nazis beteiligt gewesen zu sein. Nazis hatten versucht, mit Messern und Knüppeln eine antifaschistische Kundgebung zu attackieren. Nur durch den beherzten Einsatz einiger Antifaschist*innen konnte Schlimmeres verhindert werden. Seitdem sitzt Joel im Knast und ist auf unsere Solidarität angewiesen. Auch Josef sitzt derzeit in Wien im Knast, nachdem er sich an den Protesten gegen den WKR-Ball beteiligt hatte.
Aber nicht nur aufgrund politischen Engagements, sondern auch in allen anderen Lebensbereichen sind viele Menschen mit Repression konfrontiert. Nicht nur gegen Raubkopierer*innen, Sprüher*innen und vermeintliche Drogendealer*innen wird mit aller Härte vorgegangen, um nonkonformes Verhalten in die Schranken zu weisen. Auch gegen Hartz-IV-Empfänger*innen werden vielfältige, repressive Maßnahmen eingesetzt, um die bestehenden Eigentumsverhältnisse zu zementieren und Menschen in prekäre Arbeitsverhältnisse zu drängen. Dementsprechend sitzt ein großer Teil der Gefangenen in den Knästen, weil sie sich beispielsweise kein Ticket für die Bahn leisten oder ihre Schulden nicht mehr bezahlen konnten.
Die repressiven Maßnahmen des Staates wirken sich in vielerlei Hinsicht auch auf unser Verhalten aus. Ständige Einschüchterungsversuche sollen verdeutlichen, dass der Staat quasi jederzeit bereit ist, gegen Einzelne vorzugehen. Bei künftigen Aktionen oder in unseren Debatten soll allen Beteiligten klar sein, dass politisches Engagement jederzeit Konsequenzen haben kann. Durch Observierungen, brutalen Bulleneinsätzen auf Demonstrationen, Festnahmen, Videoüberwachung, Einschleusung von verdeckten Ermittler*innen, Vorkontrollen bei Demos, Anwerbeversuchen und Hausdurchsuchungen sollen Aktivist*innen eingeschüchtert werden. Dabei ist es oft irrelevant, ob der*die Einzelne tatsächlich an Aktionen beteiligt war. Es reicht, sich in räumlicher Nähe zu einer Aktion aufzuhalten oder mit den "falschen" Leuten befreundet zu sein, um in den Fokus der Behörden zu gelangen. Repression ist somit auch immer der Versuch, Strukturen zu zerschlagen oder aufzureiben. Sie zielt neben den direkten Folgen auch auf Verunsicherung und Vereinzelung ab. Nicht nur, dass politische Verfahren viel Geld und Arbeit kosten, sie sind auch emotional eine große Belastung für alle Betroffenen. Repression hat somit auch immer zum Ziel, uns politisch zu lähmen und unsere politische Praxis einzuschränken. Gerade weil Repressionsschläge so willkürlich sind, kann es alle jederzeit treffen. Es liegt an uns, diese gemeinsam durchzustehen.
Nicht erst seit der Mordserie des sogenannten NSU ist klar: von Nazis geht weiterhin eine unmittelbare Gefahr aus, auf die ein konsequenter Antifaschismus die richtige Antwort ist. Staatliche Behörden sehen darin eine große Bedrohung - aktuell zeigt sich das insbesondere am Beispiel von sozialem Ungehorsam im Rahmen antifaschistischer Proteste. Aktivist*innen aus dem Umfeld von "Dresden Nazifrei" stehen deswegen im Fokus der sächsischen Repressionsbehörden. Mit skandalösen Urteilen, wie das gegen den Berliner Antifaschisten Tim, dem wegen der Worte „Kommt nach vorne“ eine Gefängnisstrafe von zweiJahren droht und durch die laufenden Prozesse gegen Lothar König aus Jena, soll die Praxis des zivilen Ungehorsams delegitimiert werden. Die sächsischen Repressionsbehörden waren in diesem Zusammenhang ohnehin nicht sonderlich zimperlich. Neben einem §129 Verfahren gegen mehrere Antifaschist*innen, ließen sie die Webseite des Bündnisses sperren, mehr als 10.000 Handys im Rahmen einer Funkzellenabfrage überwachen, bundesweit in mehreren Städten Hausdurchsuchungen durchführen und während der Proteste das Infobüro von Dresden Nazifrei stürmen. Trotz dieser Versuche, die beteiligten Akteur*Innen zu schwächen, konnte der Aufmarsch der Nazis seit 2010 regelmäßig verhindert werden.
Ideologisch eingerahmt ist die Delegitimierung antifaschistischer Praxis durch den grassierenden Extremismusdiskurs. Verbreitet durch reaktionäre Kreise hat sich vielerorts eine antilinke Stimmung etabliert. Die pseudowissenschaftlich untermauerte Extremismusdoktrin zielt darauf ab, Linke gesellschaftlich zu isolieren, indem sie mit Nazis gleichgesetzt werden. So sollen kritische Positionen mundtot gemacht, potentielle Bündnispartner*innen verschreckt und gesellschaftskritisches Engagement bestraft werden. Die passenden Erkenntnisse über missliebige Strukturen liefert der Verfassungsschutz, dessen Diffamierungen zu selten hinterfragt werden. Was von dieser Institution zu halten ist, sollte nicht erst seit seinen Verstrickungen mit dem NSU klar sein.
Natürlich ist Antifa weit mehr als nur der Kampf gegen Nazis. Es gibt vielfältige und begrüßenswerte Ansätze, die alle trotz ihrer Unterschiedlichkeit darauf abzielen, eine gesellschaftlich weitergehende Praxis zu entwickeln. Es werden Workshops und Bündnisse organisiert, Veranstaltungen durchgeführt, Zeitungen herausgegeben und Aktionen geplant. Von Gesellschaftskritik über antisexistische Praxis- und Debattenbeiträge, direkte Aktionen, Antimilitarismus, Antirassismus, Sportangebote und Kneipenkollektive sind wir als Antifa an vielen gesellschaftlichen Kämpfen direkt beteiligt. Somit ist Antifaschismus durch unsere sonstige Praxis in eine emanzipatorische Perspektive eingebettet.
Entschlossene antifaschistische Aktionen waren stets ein probates Mittel zur Bekämpfung rechter Strukturen, Antifaschismus hat somit auch im Jahr 2014 seine Berechtigung nicht verloren. Welche Mittel dabei wann legitim sind, lassen wir uns nicht vom Staat diktieren. Daran werden wir auch in Zukunft anknüpfen und uns dabei nicht einschüchtern lassen. In diesem Sinne:
Die Repression lauert überall, wir auch!
Freiheit für alle politischen und sozialen Gefangenen!