Seit Dezember 2016 verüben Neonazis eine Anschlagserie in Berlin mit dem Schwerpunkt auf Süd- und Nordneukölln. Sie zünden Autos von Linken an, werfen Scheiben von Wohnungen und linken Länden ein, Bedrohen vermeintliche Linke durch Sprühereien und haben versucht das k*fetisch anzuzünden. Die Neuköllner Nazi-Szene ist überschaubar. Wir möchten hier acht Neonazis aus der Region vorstellen, deren Biographie eine Beteiligung an Planung und/oder Durchführung der Anschläge nahelegt.
Sebastian Thom (*28.08.1986)
Sebastian Thom ist seit mehr als einem Jahrzehnt aktiver Neonazi in Neukölln. Ebenso lange fiel er durch Gewalt gegen (vermeintliche) Linke auf. So wurde er im März 2006 im Umfeld einer Antifa-Demonstration in Rudow wegen des Besitzes einer nicht erlaubten Schußwaffe festgenommen. Im August des selben Jahres war er an einem Angriff auf einen Infostand der Linkspartei an der Rudower Spinne beteiligt, in dessen Zuge er die Standbetreuer*innen mit pyrotechnischen Material beschoss. Im Januar 2007 griff er einen Polizisten an, der ihn beim Schmieren eines Hakenkreuzes erwischte. Im Vorfeld des Prozesses gegen ihn, bedrohte er eben diesen Polizisten und seine Freundin und landete dafür kurzzeitig in Untersuchungshaft. Wegen des Angriffs auf den Polizisten und der Bedrohung von Zeugen wurde Thom schließlich zu einer einjährigen Haftstrafe auf 3 Jahre Bewährung verurteilt.
Im August 2008 wurde Thom in den Landesvorstand der Berliner NPD aufgenommen und kandidierte 2011 auf der NPD-Landesliste für das Abgeordnetenhaus. Im Rahmen des Wahlkampfs griff Thom gemeinsam mit Julian Beyer drei Personen in Britz an, die NPD-Plakate heruntergerissen haben sollen. Während Beyer die Männer mit einem Messer bedrohte, sprühte Thom einen von ihnen Pfefferspray ins Gesicht.
Im Rahmen der Ermittlungen gegen die Webseite des NW Berlin wurde Thoms Wohnung im März 2012 durchsucht. Thom und weitere Neonazis sollen im Vorfeld des Naziaufmarschs in Dresden, in Rudow und Britz großflächig Parolen geschmiert, abfotografiert und anschließend auf die Webseite des NW-Berlin gestellt haben.
Gemeinsam mit Sebastian Schmidte bildete Thom höchstwahrscheinlich die Brücke zwischen den Strukturen der NPD und des Nazinetzwerk NW-Berlin. So war Thom (gemeinsam mit David Gudra) Vorsitzender des Nazivereins "Sozial engagiert in Berlin", der in Lichtenberg ein Ladengeschäft als Stützpunkt für den "NW Berlin" in der Lückstraße angemietet hatte.
In den vergangenen Jahren verbüßte Thom eine Haftstrafe und kam im Frühsommer 2016 aus dem Knast. Bis Ende 2016 war er Kreisvorsitzender der Neuköllner NPD.
Robert Hardege (*08.12.1991)
Am 20. April 2008, dem sogenannten „Führergeburtstag“, verübte der damals 15-jährige Rudower Neonazi Robert Hardege gemeinsam mit Markus Pohle, ebenfalls Mitglied der "Divison Rudow", einen rassistisch motivierten Brandanschlag auf ein Wohnhaus einer türkisch-stämmigen Familie, die zum Zeitpunkt der Tat im Haus schlief. Bereits einige Wochen zuvor legten Hardege und Pohle ein Feuer am Wohnhaus einer bosnisch-stämmigen Familie. Für diese Brandanschläge wurde Hardege wegen versuchten Mordes und versuchter schwerer Brandstiftung im Januar 2009 zu einer Jugendstrafe von 3 Jahren und 10 Monaten verurteilt. Zu dieser Zeit unterhielt er auch Kontakte zur NPD.
Nach seiner vorzeitigen Entlassung agiert er mehrfach als Anti-Antifa Fotograf am Rande neonazistischer Veranstaltungen. Im Zuge einer Demonstration des NW-Berlin im Mai 2011, war er an einem Übergriff auf am Boden sitzende Gegendemonstrant*innen am U-Bhf Mehringdamm beteiligt. In der Folge wurde seine Wohnung von der Polizei durchsucht und er wurde, trotz Bewährung zum Tatzeitpunkt, im November 2014 zu lediglich 80 Sozialstunden verurteilt.
Patrick Weiß (*15.09.1986)
Im Jahr 2005 wurde Patrick Weiß in der „Aktionsgruppe Rudow“ aktiv. Seitdem beteiligt er sich an etlichen Angriffen gegen alternative Jugendliche und politische Gegner*innen, so auch 2006 an einem Angriff auf einen Linkspartei-Wahlstand in Rudow. Im Zuge von Ermittlungen gegen den "NW-Berlin" und dem Vorwurf Sprühereien angebracht zu haben, wurde 2012 seine Wohnung durchsucht, zu einer Anklage kam es jedoch nicht. Darüber hinaus betätigte er sich als Anti-Antifa-Fotograf am Rande von Neonazi-Aufmärschen und war im Umfeld des TSV Rudow aktiv. Verheiratet ist Weiß mit der Rudower Neonaziaktivistin Jennifer Anschütz (jetzt Weiß). Von 2010 bis 2011 mietete Patrick Weiß, für sich und seine Naziclique, einen konspirativ genutzten Lagerraum am Ostburger Weg/Deutschtaler Straße in Rudow. Nach Bekanntwerden der Gesinnung des Mieters wurde dieser gekündigt.
Jill-Piere Glaser (*14.03.1979)
Der Rudower Jill-Piere Glaser war in den 1990ern Führungskader und Organisator der Kameradschaftsstruktur in Süd-Neukölln. Spätestens seit 2003 fing er an systematisch Jugendliche zu politisieren und für die Neonazi-Szene zu rekrutieren - unter anderem Sebastian Thom, Patrick Weiß und Julian Beyer. Bei einer Hausdurchsuchung 2002, Glaser hatte Propagandamaterial beim US-Neonazi Gary Lauck bestellt, wurden bei ihm ein Mitgliedsausweis der Jungen Nationaldemokraten und NPD-Plakate gefunden. Lange Zeit versuchte Glaser nicht öffentlich in Erscheinung zu treten. 2011 kandidierte er jedoch für die Neuköllner NPD. Seitdem war er bis einschließlich 2013 immer wieder auf Veranstaltungen der Neuköllner und Berliner NPD zu sehen. So übernahm er zuM Beispiel bei einem NPD-Aufmarsch am 1. Mai 2013 in Schöneweide organisatorische Aufgaben. Anschließend zog er sich erneut aus der Öffentlichkeit zurück.
Oliver Werner (*22.05.1974)
Oliver Werner wurde durch die rassistischen Pogrome Anfang der 1990er Jahre geprägt. 1992 versuchte er mit 18 Jahren, einen alternativen Jugendclub anzuzünden. 1993 fand die Polizei bei einer Hausdurchsuchung in seiner Wohnung Bombenbauanleitungen, eine Hülse für Rohrbomben und Zünder in seiner Wohnung gefunden worden. 1994 beschiesst er im Vorfeld einer Antifa-Demonstration Journalisten mit einer Zwille. Sein enger Kamerad Kay Diesner schoss im Jahr 1997 auf den 67-jährigen Besitzer einer linken Buchhandlung und erschoss auf seiner Flucht einen Polizisten. Nach einem Abstecher ins Rotlichtmilieu und einer Haftstrafe wegen Zuhälterei beteiligte sich Werner 2011 wieder am NPD-Wahlkampf in Neukölln und betreute gemeinsam mit Sebastian Thom und Julian Beyer Infostände.
Julian Beyer (*19.04.1990)
Julian Beyer fand bereits mit 15 Jahren den Weg in die neonazistische Szene und zählte wie Robert Hardege zur "Division Rudow". Auch Beyer bei beganni früh eine gewalttätige Karriere: Im Juni 2006 versuchte er gemeinsam mit 30 anderen Nazis eine antifaschistische Veranstaltung im brandenburgischen Rangsdorf anzugreifen. Unmittelbar nach Entlassung aus dem Gewahrsam überfiel er mit drei anderen Rudower bzw. Treptower Neonazis eine Gruppe Jugendliche in Schönefeld aus rassistischen Motiven und verletzte einen der Jugendlichen durch einen Steinwurf schwer. Für diesen Angriff wurde er 2007 zu einer Haftstrafe verurteilt. Im April 2008, wenige Tage vor seinem Haftantritt, attackierte er einen Punk am S-Bhf Warschauer Tage. Außerdem stand er im Verdacht Robert Hardege und Markus Pohle zu den Brandanschläge 2008 angestiftet zu haben. Die Polizei verdächtigte ihn auch einer Beteiligung an dem neonazistischen Brandanschlag auf das "Haus der Demokratie" im brandenburgischen Zossen 2010 und durchsuchte wegen diesem seine Wohnung. Die Anschlagserie in den Jahren 2009 bis 2011 hatte starke Ähnlichkeiten mit der aktuellen. Berliner Antifaschist*innen gingen bereits damals davon aus, dass zumindest "die Anschläge in Johannisthal [...] wahrscheinlich auf die Kappe von Julian Beyer" gingen. (Fight Back Nr. 5, S. 11) Auch posierte Beyer bereits 2012 mit einem Transparent der „Freien Kräfte Berlin Neukölln“ auf einem Foto, dass auf deren Blog veröffentlicht wurde.
Im Jahr 2011 kandidierte der damals 21-jährige Julian Beyer für die NPD zu den Wahlen zur Bezirksverordnetenversammlung in Neukölln. Im Zuge des Wahlkampfs attackierte er gemeinsam mit Sebastian Thom zwei Männer und zog dabei ein Messer. Im Sommer 2012 wurde bei eine Britzer Familie, die sich geweigert hatte NPD-Wahlwerbung anzunehmen, zuerst der Briefkasten gesprengt und anschließend die Fenster eingeworfen. Erneut geriet Beyer ins Visier der Fahnder und seine Wohnung wurde durchsucht. Bis zu seiner Verurteilung 2013 wegen dem Angriff 2011 war Julian Beyer gemeinsam mit Sebastian Thom bei fast jeder Aktion der Berliner NPD anzutreffen. Beyer kam mit einer einjährigen Haftstrafe auf drei Jahre Bewährung davon. Zudem musste er 150 Sozialstunden ableisten. Seit dieser Verurteilung hat sich Beyer aus der Öffentlichkeit zurückgezogen.
Dennis Kittler (*13.08.1987)
Der aus Buckow stammende Dennis Kittler war in der Neuköllner Ortsgruppe des Frontbann 24 aktiv, bis dieser 2009 verboten wurde. Anschließend bewegte er sich im Umfeld der Weisse Wölfe Terror-Crew, bis auch diese Nazi-Gruppierung im Februar 2016 verboten wurde. Wie auch einige andere ehemalige Aktivisten der Weisse Wölfe Terror-Crew wechselte er zur neonazistischen Partei "Die Rechte" und wurde dort Besitzer des Berliner Landesverbandes.
Am 12. September 2015 beteiligte sich Kittler an einer "Sponti" von 50 Nazis in der Rigaer Straße, aus der heraus Passant*innen angegriffen wurden. Bereits im Mai 2011 war er an Übergriffen auf Gegendemonstrant*innen bei einem Naziaufmarsch in Kreuzberg beteiligt. Das Verfahren gegen ihn und weitere Neonazis wurde im November 2016 wegen "langer Verfahrensdauer" gegen Geldauflage eingestellt.
Franz Gerlach
Im Vergleich zu den anderen hier vorgestellten, ist Franz Gerlach erst kurz in der Naziszene. Aber auch er ist mittlerweile fest in die Strukturen der Neuköllner NPD eingebunden, betreut im Wahlkampf Stände und verkehrt mit militanten Kadern aus ihrem Umfeld. Gerlach nimmt nicht nur an Naziaufmärschen in Neukölln teil, sondern reist mit seinen „Kameraden“ auch zu überregionalen Aufmärschen z.B. wenn es darum geht die Naziverbrechen zu verharmlosen. Bei Auswärtsfahrten des TSV Rudow ist er schon mal in Begleitung von Sebastian Thom, Julian Beyer, Patrick Weiß und Marcel Königsberger zu beobachten. Gerlach wohnte in Nord-Neukölln und verschandelt bei nächtlichen Touren den Wildenbruchkiez und die Gegend um den Kanal mit Nazisprühereien und anderer Propaganda.