Junge Freiheit-Autor studiert Politikwissenschaft an der FU Berlin
Lion Edler hat im Wintersemster 2011/2012 sein Bachelor-Studium der Politikwissenschaft am Otto-Suhr Institut (OSI) der FU Berlin begonnen. Neben seinem Studium schreibt der 1987 geborene Edler regelmäßig Artikel für die neurechten Zeitschriften Junge Freiheit und eigentümlich frei.
Die Wochenzeitung Junge Freiheit ist das zentrale Sprachrohr der Neuen Rechten in Deutschland. Mit ihrer publizistischen Ausrichtung nimmt sie eine Scharnierfunktion zwischen der extremen Rechten und rechtskonservativen Kreisen ein. Die sogenannte "Neue Rechte" ist eine uneinheitliche Strömung von sich zumeist als intellektuell verstehenden (extrem) Konservativen mit fließendem Übergang zum Rechtsradikalismus, die der Anspruch einer Modernisierung rechten Gedankenguts eint. Durch eine vordergründige Ablehnung eines offenen, biologistischen Rassismus und die Distanzierung vom Nationalsozialismus versuchen sie extrem rechte Gedanken wieder hoffähig zu machen. Gleichzeitig vertreten "Neue Rechte" eine nicht weniger unappetitliche ideologische Mischung aus: Antiparlamentarismus, autoritären und antidemokratischen Staatskonzepten, Antifeminismus und der Bejahung männlicher Dominanz sowie "Ethnopluralismus", also die gegen multikulturelle Gesellschaften gerichtete, kulturalistisch-rassistische Vorstellung einer ethnisch homogenen Nation.
Die publizistische Karriere Edlers bei der Jungen Freiheit begann im Februar 2008 mit Leserbriefen. Im August 2009 erschien sein erster Artikel. Seitdem hat er es auf über 130 Artikel in der Printausgabe gebracht. Zusätzlich schrieb von September 2010 bis März 2011 eine eigene Kolumne für die Onlineausgabe der Zeitschrift. Im Mai diesen Jahres hat er die Kolumne wieder aufgenommen.
Ideologisch und personell eng mit der Jungen Freiheit verbunden ist auch Edlers zweites journalistisches Projekt: die zehnmal jährlich erscheinende, neurechte Zeitschrift eigentümlich frei. Diese versucht eine Brücke zu nationalliberalen und marktradikalen Positionen zu schlagen. Seit Juli 2009 schreibt Edler regelmäßig sowohl für die Online- (33 Artikel) als auch die Print-Ausgabe (17 Artikel) der eigentümlich frei.
Seine publizistische Tätigkeit in der Neuen Rechten wird durch drei Artikel in der Online-Ausgabe der Sezession, der Zeitschrift des neurechten Thinktanks Institut für Staatspolitik abgerundet. Die Sezession und das Institut für Staatspolitik zählen zu den maßgeblichen Organisatoren des "Zwischentages", einer Messe zur Vernetzung von neurechten Medien bis hin zu extrem rechten Burschenschaften. Als Referent trat in diesem Jahr u.a. der italienische Rechtsterrorist Gabriele Adinolfi auf, unter den Gästen war auch der Berliner NPD-Landesvorsitzende Sebastian Schmidtke.(1) Edlers Offenheit für Querfrontansätze zeigt sich in drei Artikeln für das von Jürgen Elsässer herausgegebene Monatsmagazin Compact.
Aufgrund von Lion Edlers kontinuierlicher publizistischer Tätigkeit in den rechten Schmierblättern kann bei ihm von einem gefestigten (extrem) konservativen bis nach ganz rechtsaußen offenen Weltbild ausgegangen werden.
Bevor Edler sich der Neuen Rechten zuwendete, war er in seinem Geburtsort Mahlow(2) in der Jungen Union und der CDU aktiv. Bereits mit 20 Jahren war Edler Beisitzer des CDU-Kreisverband Teltow-Fläming. 2008 kandidierte er für diese als Ortsbeirat in seiner Heimatstadt Mahlow. Laut eigener Aussage ist er 2009 aus der Jungen Union ausgetreten. In seinen späteren Artikel grenzt er sich scharf von der Union ab. So wirft er dieser in einem 2010 erschienen Artikel "sozialistische Umverteilungspolitik, den bedenkenlos ausufernden Schuldenstaat [...], Quasi-Verstaatlichungen von Banken, Gender-Mainstreaming, sozialistische Familienpolitik mit massivem Krippenausbau und Entmündigung der Familien, Vorbereitung der Einheitsschule, Multikulti und einseitigen 'Kampf gegen Rechts'" vor.(3) Vor seinem Studium an der FU studierte Edler, der sich mit 20 Jahren in seiner Heimatgemeinde evangelisch taufen ließ, laut eigener Aussage Theologie an der HU Berlin, brach dies jedoch ohne Abschluss ab.
In den letzten Monaten engagierte sich Edler bei der rechtspopulistischen Partei Alternative für Deutschland (AfD). Er nahm an dem Gründungskongress der AfD Jugend im Juni 2013 in Darmstadt teil und berichtete später über diesen wohlwollend in der Jungen Freiheit.(4) Bei einer Wahlkampfveranstaltung im September am Brandenburger Tor gab Edler Interviews im Namen der Partei.
An der Universität zeigte Edler keine Berührungsängste mit linken Kommiliton_innen. Ganz im Gegenteil: Edler besuchte bereits im ersten Semester kontinuierlich das von (linken) Studierenden angebotene Erststemester-Colloque, nahm an der Ersti-Fahrt und den Stammtischen des Colloque teil. Auch im selbstverwalteten Roten Café hielt sich Edler regelmäßig auf. So fand Edler schnell Kontakte zu linken Mitstudierenden aus seinem Jahrgang. Daraus entwickelten sich unterschiedlich intensive Bekanntschaften. Rückblickend beschreiben diese Edler als interessierten Zuhörer in linken Debatten, seine eigene Positionen hielt er jedoch zurück und vermied so Konfrontationen.
Edlers außeruniversitäre Aktivitäten wurden in seinem universitären Umfeld erst enttarnt, als er Ende Februar 2013 der Fachschaftsinitiative (FSI) OSI beitrat. Wenige Tage zuvor hatte Edler an einem Tresen der FSI OSI teilgenommen und gegenüber seinen linken Bekanntschaften erklärt, er überlege sich politisch an der Uni zu engagieren. In der FSI OSI organisieren sich (linke) Studierende basisdemokratisch am Fachbereich. Wie auch andere Fachschaftsinitiativen verfolgt die FSI OSI dabei einen sehr offenen Organisierungsansatz. Vor seiner Enttarnung durch ein Mitglied der FSI OSI konnte Edler an einem Treffen teilnehmen. Im Anschluss an dieses ging er mit anderen Personen der FSI OSI zu einem offenem Stammtisch der Gruppe Für eine linke Stimmung (FELS). Nach seiner Enttarnung wurde Edler aus der FSI OSI geworfen. Außerdem machte die FSI OSI diesen Vorfall auf ihrem Blog öffentlich.(5)
Edlers Kontakte zu Linken an der Uni blieben oberflächlich. Soweit wir wissen, konnte er keinen tieferen Einblick in linke Strukturen erhalten. Im direkten Vorlauf zu seiner Enttarnung hat er jedoch intensiveren Kontakt zu solchen gesucht. Wir kennen die Motivation nicht, mit der Edler Kontakte zu linken Kommiliton_innen und Strukturen aufgebaut hat. Ob Edler diese ausspionieren wollte oder sich bei diesen einfach intellektuell besser aufgehoben fühlte, wissen wir nicht. Wir halten es jedoch trotzdem für notwendig, linke Studierende vor Edler zu warnen. Gerade die Junge Freiheit betreibt regelmäßig Hetzkampagnen gegen (vermeintliche) Linke und linke Strukturen.(6) Wir betrachten es daher als notwendigen Selbstschutz, Edler keinerlei Informationen über sich selbst, Kommiliton_innen oder gar linke Strukturen zu geben!
Falls ihr weitere Informationen zu Edlers Aktivitäten habt oder Rückfragen zu dieser Veröffentlichung, könnt ihr uns unter recherche-fu@riseup.net erreichen. Freuen würden wir uns insbesondere über Informationen und Einschätzungen, die uns helfen, Edlers Motivation besser zu verstehen. Sollte Edler tieferen Einblick in linke Strukturen erhalten haben, als dies bisher bekannt ist, informiert bitte umgehend die betroffenen Strukturen und Personen.
Querfronten unmöglich machen!
Ob "alte" oder "Neue" Rechte - Rassismus, Nationalismus und Sexismus sind und bleiben scheiße!
(1) [recherche&aktion]: Vernetzungstreffen der „Neuen Rechten“. 1. Oktober 2013, online: http://www.recherche-und-aktion.net/2013/10/rechtsterrorist-in-berlin-ga... Florian Osuch: Rechtes Treffen »völlig unterschätzt«. junge Welt, 9. Oktober 2013, online: http://www.jungewelt.de/2013/10-09/002.php.
(2) Mahlow ist ein kleiner Ort im Berliner Umland (Landkreis Teltow-Fläming).
(3) Edler, Lion: CDU: Was sich alles "nicht bewährt" hat. eigentümlich frei, 14. August 2010.
(4) Edler, Lion: Euro-Kritiker bekommen Nachwuchs. Junge Freiheit, 21. Juni 2013.
(5) FSI OSI: Rechtspopulist sucht Anschluss bei FSI*OSI, 16. April 2013, online: http://fsiosi.blogsport.de/2013/04/16/rechtspopulist-sucht-anschluss-bei....
(6) Antifaschistisches InfoBlatt (AIB): Vom Gegner lernen, Nr. 3/2010, online: https://www.antifainfoblatt.de/artikel/vom-gegner-lernen.
Erstveröffentlichung auf Indymedia am 30. Oktober 2013
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