Wie die „Die Zeit“ einen Neonazi-Kader hofiert
Zwei Stunden Wortlaut Interview mit einem Kader der militanten Naziszene Berlins. Das klingt ziemlich abwegig oder nach einer Text-Idee der rechtsextremen „Jungen Freiheit“. Tatsächlich wollte aber ausgerechnet die einst linksliberale Wochenzeitung „Die Zeit“ genau so ein Interview abdrucken. Wir sind entsetzt über diesen Vorgang. Und fordern eine klare Stellungnahme der Redaktion.
Ausgesucht hatte die Zeitung sich für das Nazi-Interview den Berliner NPD-Vorsitzenden und militanten Kameradschaftsführer Sebastian Schmidtke. Er steckt hinter der Anti-Antifa-Seite „NW-Berlin“ und war bereits an mehreren brutalen Gewalttaten gegen Antifaschist_innen beteiligt. Wie jetzt über das Facebook-Profil von Schmidtke bekannt wurde, hat die Zeit-Mitarbeiterin Mariam Lau bereits ihn am 27. März für zwei Stunden im Berliner Zeit-Büro interviewt. Schmidtke stellte an diesem Tag stolz ein Foto vom Eingangsbereich der Zeit-Redaktion online und schrieb: „So nach 2 Stunden biografisches Interview mit der Zeit über meine Person, geht es nun wieder an den weiteren politischen Alltag“ Aber wer ist die „Journalistin“, die auf eine derart unsensible Idee kommt einem gewaltbereiten Nazi unwidersprochen eine solche Plattform zu bieten? Mariam Lau ist eine ex-taz-Kulturredakteurin. Sie scheint aus ihrer Zeit bei der linken taz wenig gelernt zu haben. Ihre Anstellung bei Springers „Welt“ von 2004 bis 2010 hat ihr offensichtlich den Rest gegeben. Seit dem 1. Juli 2010 ist Lau politische Korrespondentin bei der Zeit. Von Grundregeln im journalistischen Umgang mit militanten Neonazis, die man inzwischen in jedem Journalismus-Seminar beigebracht bekommt, hat sie wohl keinen blassen Schimmer. Oder aber es interessiert sie einfach nicht, weil es ihr nur darum geht sich in der Redaktion mit einem „besonders krassen“ Interviewpartner zu profilieren. Wir halten so ein Verhalten für naiv und brandgefährlich. Immerhin weigerte sich der Chefredakteur der Zeit das Interview zu drucken.
Skandalös ist nicht nur die Tatsache, dass man hier einem gewalttätigen Neonazi (1, 2) eine Bühne für sein menschenverachtendes Weltbild gibt, sondern auch die Begründung: er könne mit seinen Positionen auch in der CDU sein und deswegen wolle man es nicht drucken. Die Journalistin findet das dann auch noch schade und schreibt sich mit Schmidtke nette Mails hin und her.
Genüsslich zitiert dieser auf seinem Facebook-Profil aus den freundschaftlichen Mails der Zeit-Redakteurin.
Mail am 10. April:
„Sehr geehrter Herr Schmidtke, leider habe ich Sie nicht erreichen können - ich war auch etwas zu spät. Inzwischen hat sich zu meinem Bedauern herausgestellt, dass in Hamburg das Interview sogar als zu lasch (!) empfunden wird. "Der könnte mit diesen Ansichten auch in der CDU sein!", lautete das Argument. Insofern können wir es leider nicht drucken. Es kann auch, ohne die Einwilligung des Verlages, nirgendwo anders gedruckt werden. Schade. Beste Grüße, Mariam Lau“
Wir fordern von der Zeit-Redaktion eine sofortige Stellungnahme zu diesem unglaublichen Vorgang. Frau Lau fordern wir auf sich klar von Schmidtke zu distanzieren und lieber mal ein paar Bücher zum Thema Neonazis und Rassismus zu lesen.
Einige wütende Antifas aus Berlin
Erstveröffentlichung auf Indymedia am 11. April 2013
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