Extrem rechte Akteure auf der Friedens-Kundgebung am 27. Januar und die Debatte darum

5. Februar 2023 | News Redaktion

Nach Bekanntwerden der geplanten Panzerlieferungen der Bundesregierung an die Ukraine rief die Berliner FRIKO zu einer Kundgebung am 27. Januar auf dem Pariser Platz auf. Unter die mehreren hundert Teilnehmer*innen mischten sich auch bekannte Akteure der extrem rechten und verschwörungsideologischen Szene.
Das wurde im Nachgang öffentlich von der Berliner VVN-BdA kritisiert – auch weil mehrere VVN-BdA-Mitglieder mit Transparenten ebenfalls anwesend waren. Sie schrieb: „Es macht uns wütend, dass einige unserer Mitglieder und andere „Linke“ glauben heute am 27. Januar zusammen mit Querdenkern*innen und ehemaligen NPDler*innen, Vertretern des Compact- Magazins, jenen die sich auch als Coronaleugner*innen, Antisemit*innen, Verschwörungsgläubige und Anhänger*innen des autoritären Putinregimes betätigt haben, demonstrieren zu können.“

Es folgten empörte Statements u.A. der FRIKO, die folgendes schrieb: „Wir weisen diese durch nichts belegten diffamierenden Behauptungen zurück, die auch gar nicht belegt werden können! Das ist Rufmord!“.

An dieser Stelle wollen wir deshalb die Fakten zum 27. Januar transparent machen, damit sich alle ein Bild über das Szenario am Brandenburger Tor machen können.

Wer war da?

Auf der Kundgebung hielt sich zeitweise Stephan Böhlke auf. Böhlke, früher Funktionär der rassistischen Partei „Pro Deutschland“, dann Kandidat der NPD ist inzwischen Betreiber des Neonazi-Portals „Der Volksbote“. Der Neonazi fiel in der Vergangenheit immer wieder auch als Organisator von flüchtlingsfeindlichen Aktionen auf.

Der als „Captain Future“ bekannte Querdenken-Aktivist Michael Bründel war ebenfalls mittendrin und verteilte ungestört Flyer an die Anwesenden. Bündel trat in den letzten Jahren immer wieder aggressiv gegenüber Antifaschist*innen auf, verbreitete verschwörungsideologische und NS-verharmlosende Narrative, vor allem im Kontext von Anti-Corona-Protesten. So verglich er mehrfach die Corona-Eindämmungsmaßnahmen mit der Verfolgungs- und Vernichtungspolitik im Faschismus. Nachdem er in der Vergangenheit für die AfD warb, ist er inzwischen Teil der rechts-esoterischen Partei „Die Basis“.

Mit Dietmar Lucas war einer der Spitzenkandidat*innen der Partei „Die Basis“ auf der Kundgebung anwesend. Er bewegte sich zusammen mit Bründel.

Gefilmt wurde die Kundgebung unter anderem von Roman Mironov, einem der relevantesten Streamer der rechsoffenen „Coronaproteste“. Er fällt immer wieder durch verschwörungsideologische Statements auf und sucht die Nähe zur extremen Rechten.

Auf Schildern und Fahnen fanden sich weitere Bezüge zu extrem rechten oder verschwörungideologischen Organisationen. So zeigte eine Teilnehmerin eine Fahne des extrem rechten „Compact Magazins“ von Jürgen Elsässer. Eine Teilnehmerin trug einen Rucksack des Fake-News-Portals „AUF1“, das eng mit der Anti-Corona-Szene verwoben ist und von einem ehemaligen „Compact“-Redakteur geleitet wird. Eine weitere Anwesende trug ein Schild, dass vor „Chemtrails“ warnte – eine in rechten Kreisen beliebte Verschwörungserzählung über dunkle Eliten, die mit Gift spühenden Flugzeugen die Bevölkerung vergiften wollen.

Ein weiterer Aktivist der „Basis“ trug gut sichtbar einen Button mit dem Gesicht des Querdenken-Gründers Michael Ballweg, der sich derzeit in Haft befindet. Desweiteren trug er ein Schild mit der Aufschrift „Der Bombe, die fällt, ist es egal, ob du Links oder Rechts bist.“ Er fasste damit passend die Bestrebungen wohl einiger Anwesender zusammen, mit dem Friedensthema eine Querfront verschiedener politischer Lager unter Einbeziehung der extremen Rechten zu bilden.

Ob auch die Organisator*innen diese Strategie verfolgen oder nur blind für extrem rechte Unterwanderungsversuche sind, lässt sich schwer beurteilen. Wenn Akteure wie die FRIKO oder die Naturfreunde Berlin mit einer Kritik konfrontiert werden, dass sie die Tür für Neonazis und Verschwörungs-Anhänger*innen öffnen, dann wäre es nicht die Zeit für wütende Repliken, sondern um in sich zu gehen und eigene Konzepte zu überdenken.

Alle Fotos sind öffentlichen Quellen auf Twitter und Flickr entnommen. Wir danken den Fotograf*innen.