Rechtsrockprojekt Legion of Thor aus Berlin

5. Januar 2014 | News Redaktion

Blood & Honour(B&H) ist ein euro­pa­weit orga­ni­siertes Neo­na­zi­netz­werk, dessen Kon­zerte und Ver­öf­fent­li­chungen als klas­si­scher Ein­stieg in die Neonazis-Szene gelten. Sie sind Antreiber und Begleit­musik für Mord und Tot­schlag. Auch die ras­sis­ti­schen Seri­en­mörder des NSU wurden aus der zum Teil kon­spi­rativ orga­ni­sierten Neo­na­zi­mu­sik­szene um B&H unter­stützt. Bei der Hand­voll neo­na­zis­ti­scher Musik­gruppen die sich in Berlin im B&H-Umfeld zusam­men­ge­funden haben, hat sich das lang­jäh­rige Band­pro­jekt „Legion of Thor(L.O.T.) eine nähere Betrach­tung ver­dient.

Band­ge­schichte und Ein­bet­tung in die Ber­liner Neonazi-Szene

Folgt man einem Band­in­ter­view im deut­schen B&H-Magazin, so grün­dete sich die Ber­liner Neonazi-Skinheadband L.O.T. im Jahr 1997 und ging zum Teil aus der Bran­den­burger Neo­na­zi­band „Thor­shammer“ hervor. Seither steht die Band B&H und deren bewaff­neten Arm „Combat 18“ nahe, aber auch deren Kon­kur­renz­or­ga­ni­sa­tion im Rechts­rock­ge­schäft den „Ham­mer­skins“ nahe [1].

So finden sich bereits Ende der 1990er Jahre Berichte zur Band im Neo­na­zif­an­zine „Wehrt Euch!“ der Ber­liner Ham­mer­skins [2]. Die Band trat in der Ver­gan­gen­heit sowohl bei von den ras­sis­ti­schen Ham­mer­skins, als auch auf Kon­zerten von B&H auf. Im Februar 1997 hatte die Polizei in Berlin-Treptow noch ein Neo­na­zi­kon­zert auf­ge­löst, als sich Schlä­ge­reien zwi­schen Ham­mer­skins und B&H-Anhängern, aus dem Kon­zert­saal auf die Straße ver­la­gerten [3].

Expli­ziter, als bei den Ham­mer­skins, prä­sen­tierte sich L.O.T. jedoch, bis zu deren Verbot, als Unter­stützer von B&H-Deutschland. Der Lich­ten­berger Neo­nazi und Ex– B&H-Berlin-Aktivist Torsten Kaiser, kam von „Thor­shammer“ zu L.O.T.. Im Februar 1999 gehörte er zu einer B&H-Delegation die eine Bus­fahrt nach Buda­pest (Ungarn) zum „Tag der Ehre“ — einem Waffen-SS-Gedenkmarsch – orga­ni­siert hatte. So über­rascht es kaum, dass sich L.O.T. an einem im Jahr 2000 ver­öf­fent­lichten „Blood & Honour Bran­den­burg“ Sam­pler betei­ligte, wel­cher B&H-Deutschland auch nach deren Verbot unter­stützen sollte.

Die Ver­bin­dungen inner­halb der Ber­liner Neo­na­zi­mu­sik­szene sind ohnehin eng. So nahmen L.O.T.-Bandmitglieder im Jahr 2002 an der 20-Jahresfeier der waf­fen­af­finen „Van­dalen — ario­ger­ma­ni­sche Kampf­ge­mein­schaft“ teil [4]. Torsten Kaiser wohnt bis heute in einem Haus mit Alex­ander Hogh von der Neo­na­zi­band „Deutsch Stolz Treue“ (D.S.T.) in der Lich­ten­berger Fan­nin­ger­strasse 6 (10365 Berlin) [5]. Hier wohnten zuvor auch andere Prot­ago­nisten der Ber­liner Neo­na­zi­mu­sik­szene, wie der B&H-Aktivist Andreas Kaiser. Dieser betrieb die Domain wearwolf.org des nach anti­fa­schis­ti­schen Druck mitt­ler­weile geschlos­senen Neo­na­zi­l­a­dens „Wear­wolf Street­ware“ in der Konrad-Wolf-Straße in Lichtenberg-Hohenschönhausen und ab 2009 die Domain wearwolf-records.com für das gleich­na­mige — mitt­ler­weile poli­zei­lich auf­ge­löste — Neonazi-Musiklabel.

Freund­schaft­lich ver­bunden waren L.O.T. auch mit der mitt­ler­weile auf­ge­lösten Ber­liner Neo­na­zi­band „Spree­ge­schwader“. Wenn L.O.T. also einen Gast­schlag­zeuger oder einen Übungs­raum benö­tigten, halfen andere Ber­liner Neo­na­zi­mu­siker stets aus. So teilten sich L.O.T. zeit­weise einen Pro­be­raum mit „Spree­ge­schwader“ in der Dron­t­heimer Straße in Berlin-Wedding.

Zur wech­sel­haften Beset­zung von L.O.T. gehörten u.a. als Sänger der Fran­zose: DavidDaveFer­renz aliasDavid Frenz[6], der Ex– B&H Akti­vist Torsten Kaiser, Heiko Hagen am Schlag­zeug und Maik Lemke an Gitarre und Bass.

Ber­liner Neonazi-Musik-projekte wech­seln ihre Musiker häu­figer durch, d.h. Musiker spielen in ver­schie­denen Bands gleich­zeitig, aus­hilfs– und über­gangs­weise. So spielte der Neonazi-Musiker Chris­tian Wenn­dorff u.a. bei hate society, Landser, D.S.T. und Thor­shammer – teils als Drummer, teils als Gitar­rist. 1998 waren Wenn­dorf und „Maik“ (B&H Nord­bran­den­burg) bei hate society aktiv, wobei „Maik“ zeit­gleich bei L.O.T. war. Sel­biges trifft auf den Neonazi-Musiker Alex­ander Gast von Spree­ge­schwader zu.

Im Laufe der Band­ge­schichte ver­ließen sowohl ein Sänger, als auch einige Bas­sisten die Band. Hagen, „Moppi“ (Lead­gi­tarre), „Chris“ (Gitarre) und der Gast­bas­sist „Alex“, suchten sich zwi­schen­durch einen neuen Sänger. L.O.T. waren auch lokal eng ver­bunden mit der Berliner-Lichtenberger „Kame­rad­schaft Spree­wacht(K.S.W.), welche sich aus der Ber­liner Neo­na­zi­mu­sik­szene speiste und lange Zeit ein „Club­haus“ in Berlin-Lichtenberg stellte. Zunächst eines in der Lich­ten­berger Archen­hold­straße, später eines in der Lich­ten­berger Wön­nich­straße.

Mandie Var­schen – aus der Bür­ger­heim­straße, wo einige Prot­ago­nisten von L.O.T. und K.S.W. wohnten — stand beim letz­teren am Klin­gel­schild. Ursprüng­lich hatte eine Mandie Hensel, bzw. Mandie Var­schen (beide Lich­ten­berg) für die De-Domains von L.O.T. &. K.S.W. die Anmel­dung über­nommen. Später wurde die De-Domains abge­schaltet, dafür ging eine Com-Domain ins Netz, welche eben­falls von Mandie Var­schen ange­meldet wurde. Var­schen, arbei­tete in der von Heiko Weber betrie­benen Bierbar „Sturgis“ in der Lich­ten­berger Maga­re­ten­straße 21 (10317 Berlin), bis heute ein beliebter Treff­punkt der Berlin-Lichtenberger Rechts-Rockszene [7].

Kon­zerte: NS-Verherrlichung und Gewalt

NS-Verherrlichung und Gewalt­taten sind seit Band­grün­dung wie­der­keh­render Bestand­teil der Auf­tritte von L.O.T. Unter anderem zusammen mit dem Neo­nazi Klaus Mann aus Finow­furt (Bran­den­burg) orga­ni­sierte die K.S.W. regel­mäßig Neo­na­zi­kon­zerte u.a mit L.O.T. Eine Ver­bin­dung die bis heute anhält: So war zuletzt im Mai 2013 ein Kon­zert mit L.O.T auf dem Grund­stück der Familie Mann in Finow­furt geplant. Kurz nach 21 Uhr endete das Kon­zert mit 650 Neo­nazis vor­zeitig. Die Polizei löste das Kon­zert auf, nachdem mehr­fach der Hit­ler­gruß gezeigt wurde.

Dass die Neo­na­zi­kon­zerte auf dem Gelände von Klaus Mann häufig wegen neo­na­zis­ti­scher Inhalte poli­zei­lich auf­ge­löst werden müssen über­rascht kaum. Bereits kurz nach der Grün­dung von L.O.T. kam es bei einem Kon­zert der Gruppe im Juni 1998 in Stuer (Meck­len­burg Vor­pom­mern), zu „Sieg-Heil“-Rufen. Gemeinsam mit „Stand­recht“ (Nie­der­lande), „Haupt­kampf­linie“ (Kassel), „Senfheads“ (Senf­ten­berg), „Nord­macht“ (Ros­tock), „Spree­ge­schwader“ (Berlin) und „Kreuz­feuer“ (Thü­ringen) spielten sie vor ca. 600 Teil­neh­mern. 1999 und 2002 folgten wei­tere Kon­zerte mit neo­na­zis­ti­schen Exzessen, so wurde im März 2002 in Sass­nitz eine Hakenkreuz-Fahne gehißt. Bei einem Kon­zert im selben Jahr in Dort­mund mit 1000 bis 1500 Teil­neh­mern kam es eben­falls zu „Sieg-Heil“-Rufen.

Zwar sind Kon­zerte der Band in Berlin eher selten, ein im November 2007 gemel­detes Kon­zert fand aller Wahr­schein­lich­keit nicht in Berlin-Wedding, son­dern in der Nähe von Königs Wus­ter­hausen statt [8], jedoch tourt die Band kon­ti­nu­ier­lich mit meh­reren Auf­tritten im Jahr durch die Bun­des­re­pu­blik. In Bran­den­burg trat sie etwa im Juni 2000 in Massen in der Gast­stätte „Zur Linde“ (zuvor hatte der Neo­nazi Chris­tian Worch die Gast­stätte „Deut­sches Haus“ in Mär­kisch Buch­holz für das Kon­zert von L.O.T. gemietet) und im Februar 2003 in Hohen­bocka in der Gast­stätte „Schle­si­scher Hof“ (hier hatte Tony Beger aus Dresden die Anmie­tung über­nommen) auf. Im April 2003 war ein Auf­tritt von „Spree­ge­schwader“, L.O.T. und „Slei­pnir“ im Rahmen einer NPD-Veranstaltung unter dem Motto „Berlin wach singen“ von Eckart Bräu­niger in der Gast­stätte „Bierpub Mär­ki­scher Krug“ in Lan­ge­wahl geplant. In Berlin waren im Juni 2001, bei einem von der NPD-Jugend »Junge Natio­nal­de­mo­kraten« ver­an­stal­teten Kon­zert, L.O.T. und D.S.T. in Berlin-Lichtenberg auf­ge­treten, hierbei hatte es ledig­lich „poli­zei­liche Maß­nahmen zur Gefah­ren­ab­wehr“ gegeben. Obwohl beide Bands zu dem Zeit­punkt Lieder auf einem Sam­pler der damals bereits ver­bo­tenen B&H ver­öf­fent­lichten hatten, galt hier das Augen­merk mög­li­chen anti­fa­schis­ti­schen Pro­testen.

Im Februar 2001 orga­ni­sierte die nord­deut­schen Neonazi-Aktivisten Peter Bor­chert und Rene Buch­mann einen L.O.T.-Auftritt zusammen mit „Nord­macht“ (Ros­tock), „Noie Werte“ (Stutt­gart) und „Deut­sche Patrioten“ (Mag­de­burg). Buch­mann behaup­tete eine pri­vate Geburts­tags­feier geplant zu haben, da aber sowohl „Nord­macht“ als auch L.O.T. der ver­bo­tenen B&H zuge­rechnet wurden, wurden das Kon­zert wegen des Ver­dachts des Ver­stoßes gegen das Ver­eins­ge­setz beendet. Die Neo­nazis gingen dar­aufhin mit Fla­schen und Stühlen auf die Polizei los.

Ein eher unglück­li­ches Ende fand ein L.O.T.-Konzert in Struppen (Sachsen) im August 2003 für den Ber­liner Sänger der Neo­na­zi­band D.S.T., Peter Bram­mann. Das Kon­zert wurde gegen Ende durch die Polizei auf­ge­löst. Im dabei ent­ste­henden Tumult warf ein »Kamerad« eine Fla­sche in Rich­tung der Beamten, traf aber Peter Bram­mann am Kopf, der dabei schwer ver­letzt wurde und auf dem linken Auge erblin­dete.

Dass der Weg vom gewalt­tä­tigen Neonaziskinhead-Habitus, über Gewalt­aus­brüche bei deren Kon­zerten hin zu Struk­turen orga­ni­sierter Neo­na­zi­ge­walt nicht weit ist, zeigte sich spä­tes­tens im Juni 2005. Ralf Wohl­leben, der dama­lige Vor­sit­zende des NPD-Kreisverbandes Jena und nun­mehr wegen NSU–Unter­stüt­zung ange­klagte, lud zum „Fest der Völker“. Neben etli­chen Neo­na­zi­bands wie etwa L.O.T., stand auch der B&H-Aktivist Thomas Ölund (Schweden) auf der Red­ner­liste. Der mitt­ler­weile in Berlin lebende Rechts­ro­cker gilt als Mit­wisser eines neo­na­zis­ti­schen Bom­ben­an­schlags.

Band­mit­glieder von L.O.T. um die Jahr­tau­send­wende

[1] Dem Watch­blog „oire­szene“ zufolge war Band­mit­glied Heiko Hagen Mit­glied der „Ham­mer­skins“
[2] So finden sich allein in der Aus­gabe # 10 der „Wehrt Euch“ (1999) ein Bericht zu einem Hammerskin-Konzert mit Legion of Thor, Heysel, Spree­ge­schwader und End­stufe, ein Bericht zu einem Neo­na­zi­kon­zert von KDF und Legion of Thor und ein Bericht zu einem wei­teren Neo­na­zi­kon­zert mit DST, Legion of Thor, Frac­tion Hexa­gone und Spree­ge­schwader in Berlin Pankow.
[3] So berich­tete zumin­dest der Ber­liner Ver­fas­sungs­schutz 1998 in der Publi­ka­tion „Durch­blicke“
[4] Benix Went meldet sich zurück, Anti­fa­schis­ti­sches Info­blatt, 20. Oktober 2002
[5] „Die Ber­liner Rechts­Rock Szene…“, Anti­fa­schis­ti­sches Info­blatt, 11. Juni 2009
[6] 2005 ließ ein David Fer­renz in einem Ber­liner Neonazi-Onlinegästebuch ver­lauten: „Hi Alex + der Rest der Bande, Grüße aus Spandau vom Ex-Sänger von LOT“, wor­aufhin „SG-Alex“ ant­wor­tete „Man hat ja lang nix mehr von die gehört“. Gegen­wärtig wird „Dave“ auf ein­schlä­gigen Inter­net­seiten wieder als L.O.T. Sänger auf­ge­führt.
[7] „Razzia im „Sturgis“ am 20.04.2013 – Treff­punkt der rechts­ex­tremen Szene im Weit­ling­kiez“ — Kleine Anfrage des Abge­ord­neten Ole Kreins (SPD) vom 16. Mai 2013
[8] „In ein­schlä­gigen Foren der rechts­ra­di­kalen Szene wird behauptet, dass „ältere Sze­ne­größen“ des Ber­liner Musik­netz­werks am 3. November ein rechts­ex­tre­mis­ti­sches Kon­zert in Berlin ver­an­staltet hätten. Den von der Öffent­lich­keit unbe­merkten Auf­tritt von „X.x.X.“, „Legion of Thor“, „Burn Down“ und „Blitz­krieg“ im Wed­ding sollen 300 Teil­neh­me­rInnen besucht haben. Da die Polizei am selben Tag eine grö­ßere rechts­ra­di­kale Musik­ver­an­stal­tung mit Betei­li­gung von Ber­liner Rechts­ra­di­kalen in Königs Wus­ter­hausen fest­stellte, scheint die Orts­an­gabe „Wed­ding“ unwahr­schein­lich.“ — Chronik der Auto­nomen Antifa Königs Wus­ter­hausen, 3. November 2007

Erstveröffentlichung auf Recherche&Aktion am 4. Januar 2013

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