Recherche #1: "Schwach begonnen - stark nachgelassen" - Die Neonazitruppe „Deutsche Patrioten voran“

Seit Sommer 2024 bilden sich in Berlin verschiedene Gruppierungen, die abseits der klassischen Neonazi-Gruppierungen und -Parteien agieren. Ihre Aktivitäten richten sich vorrangig gegen CSDs und Prides, aber auch gegen linke und antirassistische Veranstaltungen. Tonangebend ist dabei von Beginn an die „Deutsche Jugend Voran“ (DJV). In deren Windschatten haben sich allerdings weitere Gruppierungen gebildet, die teilweise Abspaltungen von DJV sind, teilweise Kooperationen eingehen oder in Konkurrenz agieren. Eine dieser Gruppen sind die „Deutschen Patrioten voran“ (DPV). Eine erste Einschätzung:
Die Vorgeschichte
Verschiedene rechte Jugendcliquen wurden Ende 2024, Anfang 2025 aktiv, nahmen an den Aktionen von DJV teil und trafen sich in ihren Kiezen oder Lost Places. Einer dieser Orte, der besonders oft genutzt wurde, war und ist das verlassene Klinikgelände in Berlin-Buch. Dort trafen sich Neonazis zum Saufen, Sport treiben, Sprühen und zum politischen Austausch. Eine dieser Cliquen bildete sich um Jason Hammerstein und Luca Sabransky.
Als regelmäßiger Treffpunkt etablierte sich bald ein von Outreach in Blankenburg betriebener Container mit Sitzgelegenheiten. Hier, in der Nähe des S-Bhf. Blankenburg konnten sich die Neonazis ungestört treffen. Von hier zogen sie durch die Nachbarschaft und verklebten online bestellte Neonazipropaganda.

Gründung als „Deutsche Patrioten voran"
Seit Juni 2025 treten die jungen Neonazis öffentlich unter dem Label „Deutsche Patrioten voran“ auf. Sie positionieren sich vor allem auf Instagram und Tiktok. Optisch und inhaltlich unterscheiden sie sich dabei kaum von der DJV. Hier postet die Gruppe vor allem Zusammenschnitte von eigenen Videos mit Clips von anderen Neonazi-Aktionen, unterlegt mit Techno-Beats. Für einen kurzen Zeitraum versuchte sich die Gruppe auch mit eigenen Veranstaltungen zu profilieren, die jedoch selten mehr als den das eigene Umfeld von etwa 25 Personen mobilisieren konnten. In diesem Zeitraum kristallisierten sich vor allem Jason Hammerstein, Mandy Gietz, ihre Tochter, Luca Sabransky, Leonie Köpke, Lucas Justin Glaser als aktive Mitglieder heraus.

Die zentralen Akteure
Die in Manschnow wohnende Mandy Gietz ist mit Abstand die älteste der Gruppe und war vorher im Umfeld der Corona-Leugners Michael Bründel („Captain Future“) unterwegs. Bereits dort sammelte sie Vorstrafen. Seit Herbst 2025 war sie an etlichen Neonazi-Aktionen in Berlin und darüber hinaus beteiligt, bei denen sie mehrfach festegenommen wurde. Seit 1. September sitzt sie wegen dieser Aktionen in Untersuchungshaft. Ihre Tochter ist ebenfalls Teil der Gruppierung. Ihr SocialMedia-Profil lässt keinen Zweifel an ihrer Verehrung von Adolf Hitler.
Der aus Bernau stammende Jason Hammerstein hat ebenfalls seit letztem Jahr an den meisten Neonazi-Events der Berliner Neonaziszene teilgenommen. Bei den DPV nimmt er eine führende Rolle ein. Seit Oktober tritt er regelmäßig mit dem Gruppen-Shirt in Erscheinung.
Auch der Berliner Luca Sabransky war lange Zeit im Umfeld von DJV unterwegs, bevor sich die DPV gründete. Er ist Fuballer bei Eintracht Mahlsdorf und war regelmäßig im Container in Blankenburg anzutreffen.
Ebenfalls der Gruppe zuzuordnen sind Leonie Köpke (Neustrelitz) und Lucas Justin Glaser (Heckelberg). Sie übernahmen bei den Mini-Aufmärschen von DPV meist die Anheizer*innen-Rolle am Megafon. Auch sie waren von den vergangenen Polizeiaktionen gegen die Neonazi-Cliquen betroffen.
Eine Chronik der Aktivitäten
Am 21. Juni 2025 nutzte die Berliner DJV erneut die Pride-Parade in Marzahn-Hellersdorf für eine anti-quere Kundgebung. Die in der Entstehung befindliche DPV trat mit ihrem „Wir sind das Volk“-Transparent und zwei Megafonen in Erscheinung.
Am 26. Juni 2025 gingen die Social Media-Kanäle von DPV online. Zwei Tage später, am 28. Juni, fand in Hellersdorf ein Mini-Neonaziaufmarsch auf dem Fußweg mit 34 Teilnehmenden statt. Mit dabei: Mandy Gietz und Tochter, Leonie Köpke, Luca Sabransky und Lucas Justin Glaser. Auch an der DJV-Störaktion am 12. Juli in Bernau nahmen DPVler*innen teil.
Für das Wochenende vom 19. zum 20. Juli meldete die DPV zwei Aktionen an. Am 19. Juni zogen dabei ca 25 Neonazis auf dem Gehweg durch Marzahn-Hellersdorf. Sie mussten auf dem Fußweg laufen. Mit dabei waren: Jason Hammerstein, Mandy Gietz und Tochter, Leonie Köpke und Lucas Justin Glaser an den Megafonen, Luca Sabransky, sowie der von DJV verstoßene Timo Grönke. Am 20. Juli meldete die DPV eine Kundgebung gegen eine gleichzeitig am Berliner Dom stattfindende Kundgebung gegen Antisemitismus an. Es erschienen etwa 20 Neonazis, die fast deckungsgleich mit dem Aufmarsch am Vortag waren. Mandy Gietz wurde wegen des Zeigens eines Hitlergrußes in Gewahrsam genommen. Auch Lucas Justin Glaser kam in Gewahrsam.
Am 26. Juli meldete die DPV eine Störaktion gegen Berliner CSD an. Zusammen mit DJV, der ebenfalls neugegründeten „Berliner Jugend“ und „Der Störtrupp“ kamen etwa 30 Neonazis zusammen, die von der Polizei abgeschirmt und teilweise festgenommen wurden. Die DPV beschwerten sich anschließend über das Vorgehen der Polizei, unter anderem weil Lucas Justin Glaser und die Tochter von Mandy Gietz in Gewahrsam genommen wurden.
Am 10. August fuhr eine Gruppe von etwa 30 Berliner Neonazis zum Protest gegen den CSD in Bautzen. Teil der Gruppe waren auch die DPVler*innen Mandy Gietz, Jason Hammerstein, Luca Sabransky, Leonie Köpke und Lucas Justin Glaser. Auf dem Rückweg griffen Neonazis der Reisegruppe zwei Fotograf*innen am Ostkreuz an.
Am 1. September trat der DJV-Anführer Julian Milz seine 3-jährige Haft an. Auch DPV-Mitglieder verabschiedeten ihn am Knast – etwa Mandy Gietz und Luca Sabransky. Am selben Tag wurde auch Mandy Gietz in Haft genommen und ist dort bis heute. Bei einer Feier von DPV-Mitgliedern am Container in Blankenburg kam es am selben Tag zu einem Polizeieinsatz, mit Verhaftungen.
Im Oktober trafen sich die DPV zusammen mit der „Jägertruppe“ und der „Berliner Jugend“ auf dem Gelände des ehemaligen Krankenhauses Buch für Absprachen und ein Gruppenfoto.
Am 25. Oktober beim Anti-CSD-Protest in Cottbus waren mindestens sechs Mitglieder der DPV in der DJV-Reisegruppe, unter anderem Jason Hammerstein, Leonie Köpke, Lucas Justin Glaser. Sie trugen zum ersten Mal die DPV-Gruppen-Shirts.
Auch beim ersten gemeinsamen Aufmarsch-Versuch von „Heimat“ und DJV am 29. November liefen mehrere DPV-Aktivist*innen mit den DPV-Gruppen-Shirts mit, so etwa Luca Sabransky und Jason Hammerstein.
Aktuelle Entwicklungen
Die Nutzung des Containers in Blankenburg haben dort für größere Diskussionen gesorgt. Die verstärkte Präsenz der Neonazis im Umfeld des S-Bahnhofs mit damit einhergehenden Polizeieinsätzen, die Neonazis auf lokalen Festen und der Anstieg an rechter Propaganda im Kiez sind auch lokalen Akteuren nicht unbemerkt geblieben. Gerade auch im Hinblick auf die kalte Jahreszeit sind die Neonazis deshalb auf der Suche nach neuen Treffpunkten und haben ihn wohl zumindest zeitweise in der nahegelegenen Blankenburger AfD-Zentrale gefunden. Die extrem rechte Partei scheint kein Problem mit den Hitler-Fans zu haben.
Bis heute hat es DPV, genau wie DJV und die anderen Neonazi-Jugendgruppen noch nicht geschafft, ein eigenes politisches Profil nach außen zu kommunizieren. Kein Flugblatt wurde verteilt. Kein Grundsatztext auf den eigenen Kanälen publiziert. Es bleibt bei der diffusen Mischung aus anti-queeren, anti-linken und rassistischen Versatzstücken. Sie wirken wie ein zweiter Aufguss der DJV, die ihrerseits wei ein Aufguss von Organisationen wie dem "III. Weg" wirken.
Auch die eigenen Mobilisierungen der Gruppe blieben in ihrer Wirkung begrenzt. Während die DJV in ihrer Gründungszeit teils über 100 Neonazis auf die Straße brachten und bis heute mit ihren Mobilisierungen gegen CSDs und Prides in Ostdeutschland den Ton in der jüngeren Berliner Neonaziszene angibt und martialisch auftretende Gruppen oder Labels wie „Jägertruppe“ oder „Der Störtrupp“ in der Presse wahrgenommen werden, stehen die „Deutschen Patrioten voran“ in deren Schatten. Keine Mobilisierung erreichte mehr als den eigenen Kreis. Jede Kundgebung zog Repression nach sich.
Da der Zusammenhang trotzdem eine Gefahr darstellt, vor allem in den Kiezen, in denen sich seine Anhänger*innen bewegen, muss er auch in Zukunft im Auge behalten werden.
Weitere namentlich noch nicht bekannte DPV-Aktivist*innen:

Diese Recherche soll Ausgangspunkt für weitere Infos und Aktionen gegen diese und andere Berliner Neonazi-Gruppierungen sein. Die Neonazis können nur so frei agieren, wie wir sie lassen.
In dem Sinne: Organisiert euch und zerschlagt die Nazibanden!
Informationen zu der Truppe können an recherche_pankow@systemli.org gesendet werden.
Für weitere Einblicke in diese Struktur empfehlen wir die Bildergalerien von antifa-berlin.info:
21. Juni - Aufmarsch in Hellersdorf (DJV)
28.06.2025 - Neonaziaufmarsch in Hellersdorf
19.07.2025 - DPV-Aufmarsch in Marzahn-Hellersdorf
29. November - Aufmarsch in Mitte (Heimat und DJV)
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