Corona-"Spaziergänge" in Berlin: Ein Überblick zur Beteiligung von Neonazi-Parteien (Stand 8.2.)
Seit Ende Dezember 2021 hat die Querdenken-Bewegung ihre Demonstrationsstrategie geändert. Waren zuvor, auch in Berlin, immer mehr Demonstration wegen des Nichteinhaltens von Auflagen verboten worden, wird nun auf „Spaziergänge“ gesetzt. Dadurch, dass in den meisten Fällen auf Transparente verzichtet wird und sich niemand als verantwortlich zu erkennen gibt, versuchen die Pandemie-Leugner*innen so Polizeiliche Maßnahmen und Verbote zu umgehen.
Diese als „Spaziergänge“ getarnten Demonstrationen sind in verschiedenen Teilen des Landes auf mehrere tausend Personen angewachsen. Auch in Berlin in manchen Bezirken Mobilisierungen, die an der tausender Marke kratzten. Auch wenn die Demonstrationen nicht offensichtlich von extrem rechten Akteuren geleitet oder angeführt werden, und auch wenn mitunter ein Großteil der Mitlaufenden sich als bürgerliche Mitte präsentiert, waren Neonazis fast von Anfang an dabei. In einigen Bezirken laufen sie kontinuierlich mit und verteilen Propaganda.
Hier folgt ein unvollständiger Überblick über die Teilnahme von Neonazis, im speziellen der NPD und JN sowie des III. Wegs an diesen Mobilisierungen. Er wird kontinuierlich ergänzt und speist sich aus eigenen Berichten der Parteien und aus Demonstrationsbeobachtungen durch Presse und Antifaschist*innen. Ergänzungen bitte an fightback[at]no-log.org.
3. Januar
An den ersten Spaziergängen in diesem Jahr, am 3. Januar 2022, nahm sichtbar nur der III. Weg in Hellersdorf vor dem Rathaus teil. Er verteilte dort Flugblätter an die etwa 50 Teilnehmenden.
10. Januar
Eine Woche später sprang auch die NPD auf die Mobilisierung auf und nahm in mehreren Bezirken teil. Gemeinsam mit Udo Voigt nahmen Aktivisten der JN an dem „Spaziergang“ in Köpenick teil. NPDler aus Marzahn-Hellersdorf (Dietmar Hömke, Kai Milde und René Uttke) liefen vor dem dortigen Rathaus mit. Der III. Weg war dort ebenfalls unter anderem mit Oliver Oeltze und Patrick Krüger vertreten und verteilte erneut Flugblätter.
Auch in Pankow war der III. Weg auf dem „Spaziergang“ unterwegs und verteilte Flugblätter. Dort wurde auch eine Person mit einer Mütze der Neonazi-Partei „Neue Stärke“ gesehen.
17. Januar
Bei dem dritten „Spaziergang“ im Jahr war die NPD und JN in mehreren Bezirken aktiv. In Köpenick war der Berliner NPD-Vorsitzende Andreas Käfer mit Udo Voigt und weiteren NPDlern unterwegs. Die JN war nach Eigenangabe in den Bezirken Mitte, Reinickendorf und Pankow auf den „Spaziergängen“ unterwegs.
Der III. Weg legte seinen Schwerpunkt an dem Montag auf Marzahn-Hellersdorf und verteilte dort seine Flyer.
24. Januar
Am 24. Januar war die NPD erneut in Köpenick „spazieren“. Der NPD-Bundesvorsitzende Frank Franz übertrug live im Internet. Begleitet wurde er von Udo Voigt, Christian Modehn (NPD-Listenkandidat in Lichtenberg für die Wahl 2021) und weiteren NPD/JNlern und dem Ex-FAP-Neonazi Mirko Tambach. Sie dort alle landeten in einer polizeilichen Maßnahme.
Weitere JNler waren in den Bezirken Marzahn, Reinickendorf, Alt-Pankow und Karow unterwegs und verteilten dort Flugblätter „gegen Polizeiwillkühr bei Spaziergängen“. In Karow war es der NPD-Funktionär Christian Schmidt, der die NPD-Flyer verteilte.
Der III. Weg konzentierte sich in dieser Woche auf die angemeldete Demonstation der extrem rechten POE in Mitte. Dort verteilten sie ihre Parteiflugblätter.
31. Januar
Auch am letzten Montag im Januar waren Neonazis auf mehreren Anti-Corona-"Spaziergängen" in Berlin. Auf dem Köpenicker Rundgang liefen der ehemalige NPD-Europaabgeordnete und NPD-Vorsitzende Udo Voigt zusammen mit dem NPDler Christian Modehn und einer weiteren Person mit. In Marzahn-Hellersdorf waren von der NPD der Berliner Vorsitzende Andreas Käfer mit den NPDlern Kai Milde, Dietmar Hömke und dem Neonazi René Uttke anwesend.
7. Februar
Der "III. Weg" nahm am ersten Montag im Februar an der Demonstration in Tegel teil. Dort entrollte er kurzzeitig ein Transparent der Partei, das in den Vorwochen schon auf "Spaziergängen" in Brandenburg gezeigt wurde und machte Fotos und Videoaufnahmen der Demonstration. Mit dabei war Sebastian Thom, der Hauptverdächtige in der Neuköllner Neonazi-Anschlagsserie.
Die NPD/JN war erneut in Karow auf dem "Spaziergang" anwesend. Der NPD-Funktionär Christian Schmidt nahm dort teil.
Die Montags-Demonstration in Mitte - von extrem rechten Akteuren organisiert
Mit einer angemeldeten Demonstration, die seit Ende Dezember in Mitte stattfindet, versucht die extrem rechte Organisation "Patriotic Opposition Europe" (POE) von Eric Graziani, der früher maßgeblich an dem Berliner PEGIDA-Ableger "BärGIDA" beteiligt war, die Berliner "Spaziergänge zu zentralisieren. Bis zu 2.000 Pandemieleugner*innen liefen in den letzten Wochen bei diesen extrem rechten Demonstrationen mit, die meist vom Alexanderplatz zum ARD-Hauptstadtstudio liefen. Im Februar wurde die Route geändert und das Krankenhaus Friedrichshain war Ziel der Demonstration. Dabei wurden auch provokative Transparente wie die antirassistische Parole "I can't breathe" für die eigenen Corona-verharmlosenden Zwecke eingespannt. Immer wieder nahmen auch Neonazi-Gruppierungen an der Demonstration teil.
Weitere extrem rechte Akteure waren wöchentlich in verschiedenen Bezirken unterwegs, z.B. der Friedrichshainer Neonazi Stephan Böhlke, der inzwischen für das extrem rechte Webprojekt „Volksbote“ Berichte schreibt. Er war z.B. am 17. Januar in Mitte am Alexanderplatz, am 24. Januar in Steglitz-Zehlendorf und am 7. Februar in Mitte/Friedrichshain unterwegs.
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