Aufruf-Archiv

Aufruf zur SILVIO-MEIER-DEMONSTRATION 2001

Freiheit stirbt mit Sicherheit!

 

Krieg ist Frieden!
Seit den Anschlägen vom 11. September befindet sich Deutschland im Krieg. Nicht etwa gegen Bin Laden & Co. Sondern derzeit findet dieser Krieg vor allem im Inneren statt.

Legitimiert durch die Anschläge in den USA und den von Bush ausgerufenen »monströsen Konflikt zwischen den Kräften des Guten und des Bösen« ist in Deutschland ein Wettrennen der Law & Order Politiker, um die schärfsten Sicherheitsgesetze entbrannt. Grundlegende Prinzipien des »Rechtsstaats« wie die Unschuldsvermutung, die Trennung von Geheimdiensten und Polizei und das Verbot des Einsatzes der Bundeswehr im Inneren stehen zur Disposition. Das Feindbild dieses Krieges nach Innen ist dabei ebenso unscharf wie deutlich. Einigkeit herrscht zwischen einem Großteil der Bevölkerung und den Sicherheitsstrategen darin, daß die Zeiten vorbei sind in denen Nichtdeutsche – derzeit vor allem Muslime – wie noch wie vor einem Jahr als positiver Wirtschaftsfaktor und Bereicherung zu sehen sind. Jeder Nichtchrist ist über Nacht zur tickenden Zeitbombe geworden und unterliegt somit den staatlichen Antiterror maßnahmen. Der sich seit Jahren verschärfende soziale Druck auf z.B. die in Deutschland lebenden Türken, der sich bisher auf den Ausschluß von sozialen und demokratischen Rechten, den massenhaften Ausschluß von Bildung und Arbeit und das Anzünden von von Türken bewohnten Häusern »beschränkte«, wird nun komplettiert durch den Generalverdacht des Terrorismus. Aber auch der Druck auf nicht voll integrierte und angepasste Teile der deutschen Bevölkerung wird mit der Zunahme des staatlichen und zivilgesellschaftlichen Überwachungsapparats neue Qualitäten annehmen. Egal ob potenziell krimineller Obdachloser oder »Polithooligan« der sich in sozialen Bewegungen engagiert, eine Bedrohung der inneren Sicherheit sind beide und als solche werden sie auch verfolgt. Das diese innere Sicherheit dabei genauso wenig definierbar ist wie ihr Gegner die Kriminalität, ist eine der Stärken der Staatssicherheitspolitiker. Die Vorstellung das Kriminalität, abweichendes Sozialverhalten oder einfach nur »Nicht-Deutsch-sein« eine Art Hydra wäre, welche außerhalb der Gesellschaft entstünde und von heldenhaften Rittern der Inneren Sicherheit mit immer neuen, besseren Waffen entgültig zu besiegen sei, entstammt einem Denken das nicht mehr über Ursachen von gesellschaftlichen Entwicklungen reflektiert sondern nur noch in Kategorien sozialer Hygiene schwelgt. In dieser Logik ist jedwedes Abweichen von der »zivilisierten« Lebensweise, sei es das »aggresive Betteln«, illegaler Aufenthalt in Deutschland oder der öffentliche Protest gegen den Kapitalismus, Folge einer tief im Menschen verwurzelten, komplett irrationalen Bosheit die es durch Überwachung im Zaum zu halten gilt. So wird die Politik der Inneren Sicherheit zur Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln.

Freiheit bedeutet Sklaverei!
Das der gemeine Deutsche sich Sicherheit immer nur als ein mehr an Polizei und Überwachung vorstellen kann und demzufolge jedes Abweichen von der Norm ihm immer nur als Anschlag auf seine ganz persönliche Sicherheit vorkommen kann, liegt wohl auch daran, daß in kaum einem anderem Land sich der Kasernenton der Fabrik derartig totalitär als allgemeine Norm der Gesellschaft durchgesetzt hat. Sicherheit bedeutet hierzulande Freiheit und Freiheit ist in Deutschland die vollkommene bürgerliche Freiheit. Diese bürgerliche Freiheit ist aber nichts anderes als die Freiheit sich selbst gegen Lohn zu verkaufen, die Freiheit Waren zu produzieren und zu konsumieren. Bereits der Zweifel an dieser Form von Freiheit führt geradewegs in den Verfassungsschutzbericht. Wer auch immer im Verdacht steht abzuweichen vom geraden Weg der Nützlichkeit und Verwertbarkeit bekommt dies am eigenen Leib in Form des geballten Volkszorns zu spüren.
Dazu benötigt die Gesellschaft in den wenigsten Fällen den Polizeistaat, da sie diesen selbst in beinahe perfekter Form verinnerlicht hat. Die soziale Isolierung Arbeitsloser beispielsweise ist keineswegs das perfide Instrument der Kapitalisten, um den Arbeitszwang durchzusetzen, sondern geschieht geradewegs von denen, die selbst noch in Arbeit sind. Auf diese Weise wird der Abscheu vor dem Los, welches auch den noch Arbeitenden bedroht, aus der eigenen, noch sicheren Existenz verbannt.
Die Freiheit, die von Linksliberalen und Bürgerbewegten gegen die Gesetzesverschärfungen hochgehalten wird, ist im Hinblick auf diese gesellschaftliche Realität denn auch nichts anderes als ein schlechter Witz. Die Freiheit, die das bürgerliche Recht gewährt, kann nicht gegen die Sicherheitspolitik verwendet werden, weil die Freiheit eben in einer ganz bestimmten Form hervorgebracht wird und das Gesetz eben auch die Sicherheit genau dieser Form gewährleistet. Das bürgerliche Recht ist das Recht der kapitalistischen Gesellschaft und so sind die Freiheiten des Bürgers, die des Konsumenten und des Trägers von Arbeitskraft. Aber wie die Freiheit zur Wahl zwischen abertausend Produkten im Warenwunderland nicht den Zwang zu kaufen abschafft, so schafft die freie Wahl des Berufes und Arbeitsplatzes nicht den Zwang überhaupt sich im Konkurrenzkampf verkaufen zu müssen ab. Die Freiheit, die Wahl des einen oder anderen Zwangs zu haben, wird durch ein mehr an Zwang allerhöchstens größer. Und so ist die Freiheit die wir meinen, eine Freiheit von dieser mehr als schlechten Wahl.
Wenn das Individuum nicht mehr gezwungen ist, sich auf dem Markt als freies Wirtschaftssubjekt zu beweisen und im »Existenskampf« seinen »Lebensunterhalt« zu verdienen, wird das Verschwinden dieser bürgerlich-kapitalistischen Freiheit zu den größten Errungenschaften der Menschheit gehören.

Freiheit stirbt mit Sicherheit


Aufruf zur SILVIO-MEIER-DEMONSTRATION 2002

Nazi-Strukturen angreifen! 10.Todestag von Silvio Meier

 

Zum nunmehr zehnten Mal jährt sich Ende November der Todestag von Silvio Meier. Der damals 27-jährige Hausbesetzer aus Friedrichshain wurde am 21. November 1992 von Neonazis auf dem U-Bahnhof Samariterstraße ermordet. Er traf an jenem Abend mit einigen seiner Freunde am Bahnhof auf eine Gruppe junger Nazis. Die Gruppe um Silvio Meier stellte die Rechten zur Rede, weil diese Nazi-Aufnäher auf ihren Jacken trugen. Nach einem kurzen Streit gingen die Nazis auf die Linken los - zurück blieben mehrere Schwerverletzte; darunter Silvio Meier, der kurz darauf seinen Verletzungen erlag. Seither demonstrieren jedes Jahr im November AntifaschistInnen in Friedrichshain, um an Silvio Meier zu Erinnern und um gegen den anhaltenden nazistischen Terror zu demonstrieren.

1992: Rostock-Lichtenhagen, Mölln, …
Das Jahr 1992 war einer der Höhepunkte neofaschistischen Terrors in Deutschland. Am selben Wochenende, an dem Silvio Meier erstochen wurde, starben in Mölln zwei türkische Kinder und eine Frau bei einem Brandanschlag von jungen Neonazis. Erst im August des selben Jahres klatschten tausende Anwoher in Rostock-Lichtenhagen Beifall, als ein brauner Mob ein Wohnhaus von Vietnamesen und eine Anlaufstelle für Flüchtlinge belagerte und anzündete. Das rassistische Pogrom von Rostock dauerte mehrere Tage, wurde nachweislich von organisierten Neonazis unterstützt und nur durch Glück konnten sich die BewohnerInnen selber retten, während die ersten drei Stockwerke des Gebäudes bereits lichterloh brannten. Die anwesende Polizei ging damals vor allem gegen die wenigen Antifaschisten vor, die sich mit den Flüchtlingen solidarisiert und spontan eine Demo organisiert hatten.
Rückblickend auf die vergangenen zehn Jahre läßt sich sagen, dass Neonazis auch weiterhin eine akute Bedrohung für Linke, MigrantInnen oder Obdachlose darstellen. Täglich werden Menschen geschlagen, durch die Straßen gehetzt oder umgebracht. Jüngstes Beispiel ist der faschistische Mord an einem jungen Aussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion, der im Frühjahr 2002 in Wittstock (Brandenburg) an den Folgen eines Neonaziüberfalles starb.
Als im Sommer 2000 in Düsseldorf ein Sprengstoffattentat auf russische Juden verübt wurde und ein mosambikanischer Professor in Dessau nach einem Überfall von Neonazis den Tod fand, erklärten Schröder & Co. den Kampf gegen Rechts praktisch zum Staatsauftrag. Am Brandenburger Tor demonstrierten damals rund 100.000 Menschen gegen Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit – angeführt von der politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Elite der BRD. Kritische Stimmen, die sich dabei gegen rassistische Abschiebepraxis und gegen nationalistische Bestrebungen der Regierung wandten, wurden abgedrängt, verprügelt oder festgenommen. Der »Aufstand der Anständigen« (Schröder) und die Staats-Inszenierung durften nicht gestört werden. So wurde aktiven Antifas ein Transparent mit der Aufschrift »Nazis morden – der Staat schiebt ab! Deutschland halt’s Maul!« von Polizisten entrissen.

Zwei Jahre »Aufstand der Anständigen«
Heute bleibt resümierend festzustellen, dass sich ein antifaschistischer Konsens nicht durchgesetzt hat. Es ist seit dem vielleicht verpöhnt optisch als Skinhead zu provozieren oder die »guten Zeiten« von Hitler zu loben; rechte Denkmuster, rassistische Vorurteile und völkischer Nationalismus sind weiterhin tief im Bewusstsein der meisten Menschen verankert.

Gegen NPD und »Anti-Antifa«
Um gegen Nazis zu demonstrieren, gibt es Gründe genug. Bei der Silvio-Meier-Demo geht es diesmal gegen die NPD und die »Kameradschaft Tor« in Lichtenberg. Die NPD verfügt in der Joseph-Orlopp-Straße über eine Geschäftsstelle, wo der Kreisvorsitzender Albrecht Reither eine KFZ-Werkstatt betreibt. Die »Kameradschaft Tor« ist eine Gruppe junger Neonazis um den 22-jährigen Björn Wilde. Sie sieht sich als Teil der neonazistischen »Freien Nationalisten«, einem Netzwerk diverser »Kameradschaften«, und bezieht sich dabei deutlich auf den Faschismus und verehrt dessen verbrecherische Ideologie.

Also, auf zur Silvio-Meier-Demo!
Weg mit NPD und »Anti-Antifa« - Nazi-Strukturen angreifen!


Aufruf zur SILVIO-MEIER-DEMONSTRATION 2003

Antifa heißt Angriff!

 

Keine Kneipen für Nazis! Der Mord an Silvio 1992: Am 21. November 1992 – also vor etwa elf Jahren – wurde der Hausbesetzer und Antifaschist Silvio Meier von Neonazis erstochen. Im U-Bahnhof Samariterstraße in Berlin-Friedrichshain trafen er und zwei Freunde auf eine Gruppe von rechtsextremen Jugendlichen. Einer von ihnen trug einen "Ich bin stolz, ein Deutscher zu sein"-Aufnäher. Als Silvio und seine Freunde ihn zur Rede stellten und aufforderten, den Aufnäher abzunehmen, zogen die Nazis Messer und stachen auf die Antifas ein. Der 27-jährige Antifaschist wurde durch mehrere Stiche getötet, zwei seiner Begleiter schwer verletzt. Silvio wurde ermordet, weil er sich gegen Nazis und ihre menschenverachtende Ideologie zur Wehr setzte.

Nur zwei von sieben am Mord beteiligten Nazis wurden darauf zu geringen Haftstrafen verurteilt, die restlichen Mittäter kamen sogar ohne Anklage davon. Am Wochenende von Silvios Tod wurde im niedersächsischen Mölln ein von türkischen MigrantInnen bewohntes Haus von Nazis angezündet, wobei vier Menschen den Tod fanden. Rechtsextreme und rassistische Gewalttaten erreichten im Jahr 1992 ihren Höhepunkt und halten sich seitdem auf hohem Niveau in der gesamten Bundesrepublik. Demonstration zum Gedenken an Silvio Meier.

Seit nunmehr 11 Jahren erinnern wir mit einer Demonstration an Silvio. Wir tun dies aber nicht, um ihn als "Helden" zu verehren. Sondern wir nehmen seinen Todestag zum Anlass, um auf die gesellschaftliche Hintergründe des Neofaschismus und Nazi-Strukturen in Friedrichshain und Lichtenberg aufmerksam zu machen. Wir wollen klarmachen, dass antifaschistische Arbeit gegen Nazis und ihre Ideologie, gegen ihre Kneipen und Strukturen auch heute noch aktuell ist, aber auch eine umfassende Auseinandersetzung mit der allgemeinen gesellschaftlichen Rechtsentwicklung notwendig ist.
Rechte Politikmuster und die ihnen zugrunde liegenden Wertvorstellungen, Menschenbilder und Gesellschaftsideale prägen schließlich den Alltag in dieser Gesellschaft. Das heißt natürlich nicht gleich, dass alle hier Nazis sind, allerdings bestimmt rechte Ideologie die Vorzeichen, unter denen politische Lösungskonzepte für bestehende Probleme überhaupt diskutiert werden dürfen.

Der globalisierte Kapitalismus mit seinen rücksichtslosen Selektionsmechanismen präsentiert sich als alternativloses Gesellschaftsmodell und strukturiert sämtliche soziale Beziehungen sowie das politische Denken und Handeln der meisten Menschen in diesem Land. Die bestehenden ungerechten Verhältnisse werden somit von großen Teilen der Gesellschaft als naturgegeben und unveränderlich angesehen. Gleichzeitig wird jungen Menschen in der Schule, der Uni, den Medien oder sogar von den Eltern vermittelt, dass es einzig und allein wichtig sei, zu den gesellschaftlichen Gewinnern zu gehören, Erfolg zu haben und sich im Konkurrenzkampf gegen Andere durchzusetzen. Doch diese geforderten Prinzipien für sich zu übernehmen, bedeutet immer auch, autoritäre, sozial ungerechte, ausgrenzende und unsolidarische Einstellungen im Alltag zu praktizieren. Buckeln nach oben und treten nach unten ist somit ein gesellschaftlich anerkanntes und legitimiertes Prinzip, dass Nazis letztlich nur besonders konsequent umsetzen, wenn sie auf MigrantInnen, Obdachlose, Linke, Homosexuelle, Behinderte und alle anderen, die diesen rechten Ansprüchen nicht genügen (können), einschlagen. In diesen harten Zeiten heißt linke Politik für uns als aller erstes, einerseits konkrete Aktionen gegen Nazis zu organisieren, den Nazis ihre Räume zu nehmen und andererseits linke Freiräume zu erkämpfen und langfristig zu etablieren.

Kein Bier für Nazis!
Als Teil einer Struktur, die Räume für Neonazis zur Verfügung stellt, machte sich in letzter Zeit besonders der sogenannte BFC-Fanclub einen schlechten Namen. In der Vereinskneipe und dem angrenzenden Tattoostudio in der Lichtenberger Scheffelstraße treffen sich regelmäßig organisierte jugendliche Neonazis und ihre SympathisantInnen. So auch am 3. Oktober 2003, als dort 40 Hools und Nazis den sogenannten Tag der Germanen feierten. Die Einladungen zur Nazi-Fete waren in altdeutscher Schrift geschrieben, jemand trug sogar Zeichen einer SS-Einheit und später wurden auch noch weitere, den Nationalsozialismus verherrlichende Gegenstände gezeigt.

Mehrere Kneipen und Klamottenläden, die als Treffpunkte für Nazis dienen, stehen im direkten Zusammenhang mit konkreten Übergriffen gegen MigrantInnen und VertreterInnen anderer Jugendkulturen oder auch einfach nur Nicht-Rechte. So wurden selbst im vermeintlich linken Friedrichshain in diesem Jahr schon eine Gruppe von VietnamesInnen aus der Kneipe "Frank´s Relaxbar" (Pettenkofer Straße) heraus brutal angegriffen und ein Punk von Nazis in der Jessner Straße zusammen geschlagen. Wir fordern von den Kneipenwirten im Kiez: Kein Bier mehr für Nazis! Denn wer seine Räumlichkeiten Neofaschisten zur Verfügung stellt, trägt Mitverantwortung für die erstarkende Gewalt von rechts. Extremisten der Mitte...

Nationalistisches, rechtsextremes und rassistisches Denken ist nicht nur bei "orientierungslosen", schlecht gebildeten oder arbeitslosen Jugendlichen zu finden, wie man uns oftmals einreden will. Es sind auch keine Erscheinungen, die vom Rand der Gesellschaft kommen, sondern direkt aus ihrer Mitte. Die Parolen, die Nazis auf ihren Aufmärschen brüllen, sind deshalb nur eine extremere Form von dem, was die "bürgerliche Mitte" und etablierte Parteien im Kopf haben. Diesen brutalen Rechtsextremismus der Stiefelnazis von NPD und Freien Kameradschaften lehnt zwar der gesellschaftliche Mainstream ab, ohne sich allerdings die vorhandenen geistigen Parallelen vor Augen zu führen. Würde doch eine konsequente Auseinandersetzung mit den Ursachen des Rechtsextremismus, die gesamten Grundsätze der hier herrschenden kapitalistischen Ordnung in Frage stellen. Nazis selber fühlen sich nicht ohne Grund immer häufiger als "gewalttätiger Arm des Stammtisches". Während staatliche Institutionen einem Obdachlosen die Sozialhilfe entziehen, wird er von Neonazis als "nicht wertvoll für die Volksgemeinschaft" betrachtet und im Extremfall ermordet. Während AsylbewerberInnen von Staat und Polizei in Abschiebehaft genommen, erniedrigt und danach in Elend und Tod geschickt werden, trauen sich MigrantInnen in vielen Orten aus Angst vor rechten Übergriffen nicht einmal mehr aus dem Haus.

Somit greifen organisierter Neofaschismus sowie staatliche und gesellschaftliche Denk- und Handlungsmuster eng ineinander. Alles und jeder wird ausschließlich nur noch nach seiner Leistung beurteilt, die im Wettbewerb mithalten muss. Da bleibt wenig Platz für eigenständiges Denken und für eine freie Entwicklung des Individuums. Nicht zuletzt wird beim Überdecken von sozialen Problemen von der Politik á la CDU, FDP und SPD mit Nationalismus und Wohlstandschauvinismus Politik gemacht. Nicht ohne Grund fallen auch soziale und politische Ausgrenzung mit dem radikalen Abbau des Sozialstaates und dem Verlust von Grundrechten zusammen. Für uns ist deshalb klar, dass es nicht ausreichen kann, gegen faschistische Strukturen zu kämpfen. Wir müssen genauso gegen die Verwertungslogik im Kapitalismus vorgehen. Leute, die sich weigern auf eine wirtschaftliche Größe reduziert zu werden und eben nicht jede Arbeit für wenig Lohn annehmen, machen es im täglichen Leben vor und verdienen Respekt! Wir haben deshalb auch keinen Bock darauf, die LeistungsträgerInnen für eine ungerechte Gesellschaft zu spielen und uns bereits in der Schule durch Noten in "gute" und "schlechte" SchülerInnen einteilen zu lassen!

Antifaschistische und linke Freiräume erkämpfen!
Um unsere Vorstellungen von einem herrschaftsfreien und selbstbestimmten Leben verwirklichen und ausprobieren zu können, brauchen wir vor allem Freiräume. Das können besetzte Häuser sein oder selbstverwaltete Jugendzentren wie das "SVJZ-Projekt" in Lichtenberg. Hier sollen sich Linke ohne Zwang und Leistungsdruck treffen und diskutieren können, Partys feiern und dabei Spaß haben. Weil wir aber nicht nur gegen Nazis vorgehen, sondern auch den Staat kritisieren, können wir von denen da oben wenig Unterstützung erwarten. Deshalb müssen wir für unsere alten und neuen Freiräume kämpfen, um neue Formen eines selbstbestimmten Lebens umsetzen zu können.

Das "Berliner-Fussball-Café"
Die Demo führt an der sogenannten BFC-Fanclubkneipe Scheffelstraße / Ecke Alfed-Jung-Straße in Lichtenberg vorbei. In dieser Kneipe treffen sich sowohl rechte Hooligans als auch organisierte Kader, wie zum Beispiel Oliver Schweigert. Oliver Schweigert ist eine zentrale Figur für die Organisation und Vernetzung von gewalttätigen Neonazi-Gruppen aus dem Spektrum der sogenannten Freien Kameradschaften. Am 03.10.2003 feierten im BFC ca. 50 Personen den sogenannten Tag der Germanen. Die Kneipe stellt also derzeit einen dauerhaften Treffpunkt der Berliner Neonazi-Szene dar.

Antifaschistisches Gedenken
Die Demonstration führt auch am Loeperplatz in Lichtenberg vorbei. Dort steht das erste Denkmal, das der Bezirk Lichtenberg seinen von den Nazis zwischen 1933 und 1945 verfolgten antifaschistischen Widerstandskämpfern gewidmet hat. Im Nationalsozialismus wohnten in Lichtenberg zahlreiche antifaschistische Widerstandskämpfer; von ihnen wurden viele im Konzentrationslager umgebracht. An alle in der Nazi-Zeit verfolgten AntifaschistInnen möchten wir mit einer Kranzniederlegung bei der Demo erinnern.

Für eine Gesellschaft ohne Leistungsdruck, Ausbeutung und Rassismus!

Für eine starke linke Jugendkultur!

Keinen Fußbreit den Faschisten!


Aufruf zur SILVIO-MEIER-DEMONSTRATION 2004

Keine Homezone für Faschisten! Antifa heißt Angriff!

 

Am 21. November 1992 wurde der Hausbesetzer und Antifaschist Silvio Meier von Neonazis erstochen. Im U-Bahnhof Samariterstraße in Berlin-Friedrichshain trafen er und zwei Freunde auf eine Gruppe von rechtsextremen Jugendlichen. Einer von ihnen trug einen Aufnäher "Ich bin stolz, ein Deutscher zu sein". Silvio und seine Freunde stellten die Nazis zur Rede und entfernten den Aufnäher. Als die drei kurze Zeit später erneut auf die Nazis trafen, zogen diese Messer und stachen auf die Antifas ein. Der 27-jährige Silvio wurde durch mehrere Stiche getötet, zwei seiner Begleiter schwer verletzt. Silvio wurde ermordet, weil er sich gegen Nazis und ihre menschenverachtende Ideologie zur Wehr setzte.

Nur zwei von sieben am Mord beteiligte Nazis wurden darauf zu geringen Haftstrafen verurteilt, die restlichen Mittäter kamen sogar ohne Anklage davon. Am Wochenende von Silvios Tod wurde in Mölln (Schleswig-Holstein) ein von türkischen MigrantInnen bewohntes Haus von Nazis angezündet, wobei vier Menschen den Tod fanden. Rechtsextreme und rassistische Gewalttaten erreichten im Jahr 1992 ihren Höhepunkt und halten sich seitdem auf hohem Niveau in der gesamten Bundesrepublik.

Den Todestag Silvios nehmen wir seitdem zum Anlass, um auf die gesellschaftlichen Hintergründe von Neofaschismus und dessen Ideologie aufmerksam zu machen. Wir wollen verdeutlichen, dass antifaschistische Arbeit gegen Nazis und ihre Ideologie, gegen ihre Strukturen auch heute noch aktuell ist, aber auch eine umfassende Auseinandersetzung mit der allgemeinen gesellschaftlichen Rechtsentwicklung notwendig ist.

Rechte Politikmuster und die ihnen zugrunde liegenden Wertvorstellungen, Menschenbilder und Gesellschaftsideale prägen schließlich den Alltag in dieser Gesellschaft. Die Wahlerfolge der DVU in Brandenburg und der NPD in Sachsen sind eine neue Dimension in der Entwicklung des Rechtsextremismus in Ostdeutschland. Es wäre absurd den Wahlerfolg ausschließlich auf eine Proteststimmung zurückzuführen. Seit Jahren agiert die NPD an der Schnittstelle zwischen Jugendkultur und Politik und kooperiert mit den neonazistischen Kameradschaften. Der Erfolg bei den ErstwählerInnen zeigt, dass es sich nicht nur um einen Ausdruck von über Jahre gewachsener Frustration in Bezug auf die "etablierten" Parteien handelt. Es handelt sich vielmehr bei dieser WählerInnengruppe um die Erfolge der "Jugendarbeit" der NPD. Rassismus und Antisemitismus wurden über Jahre hinweg bei Jugendlichen geschürt und verfestigt. Durch die jetzigen finanziellen Möglichkeiten der NPD in Sachsen dürfte sich dieses Problem noch weiter zuspitzen.

Die NPD erhält mit ihrem Einzug in ein Landesparlament privilegierten Zugang zu materiellen Ressourcen und Informationen. Dies wird zu einer organisatorischen und politischen Stärkung der NPD und neonazistischer Gruppen bundesweit führen. Bereits jetzt haben NPD und DVU angekündigt, mit einer gemeinsamen Liste zur Bundestagswahl 2006 anzutreten.

Unter diesen Umständen heißt linke Politik für uns einerseits konkrete Aktionen gegen Nazis vor Ort zu organisieren, den Nazis ihre Räume zu nehmen und andererseits linke Freiräume und Strukturen zu erkämpfen und langfristig zu etablieren. Dieses Jahr rufen wir zu einer antifaschistischen Demonstration durch Berlin-Lichtenberg auf. Mit dieser Demonstration wollen wir Nazistrukturen im Bezirk öffentlich machen und den Faschisten ihre "sicheren Rückzugsgebiete" streitig machen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass breites antifaschistisches Engagement nötig ist, um die Dominanz von Nazis vor Ort zurückzudrängen.

Lichtenberg nicht in Nazihand
Lichtenberg gehört heute zu einem der Schwerpunktgebiete der Berliner Naziszene. Allein in diesem Jahr fanden vier Aufmärsche von NPD und freien Kameradschaften in diesem Bezirk statt. Im Januar diesen Jahres beteiligten sich Neonazigruppen, wie zum Beispiel die "Kameradschaft Tor", die "Berliner Alternative Süd-Ost" und der "Märkische Heimatschutz" an einem von Christian Worch angemeldeten Aufmarsch in Lichtenberg aus Anlass eines Prozess' gegen die rechtsextreme Naziband "Landser".

Auch die diesjährige 1. Mai-Demo der Neonazis mit ca. 2.300 Teilnehmenden startete am S-Bhf. Lichtenberg. Die Kameraden kamen jedoch aufgrund des massiven antifaschistischen Widerstandes nicht weit und mussten ihre Demonstration nach wenigen Hundert Metern auflösen. Auch wenn diese Demo als herbe Niederlage der Nazis zu werten ist, war die Wahl der Aufmarschkulisse Lichtenberg nicht zufällig.

Aber auch für Spontanaktionen von rechter Seite wird Lichtenberg immer wieder favorisiert. So veranstalteten Nazis kurzerhand eine Spontandemo am 21. August 2004, nachdem sie erfahren hatten, dass eine Feier der Rechtsrocker "Vandalen" verboten wurde. Am Abend des 19. September 2004 fand in Lichtenberg eine spontane Demonstration der Kameradschaften statt, um den Einzug ins sächsische bzw. brandenburgische Parlament von NPD bzw. DVU zu feiern.

Berlin-Lichtenberg ist einer der Bezirke mit den meisten Übergriffen auf MigrantInnen und VertreterInnen alternativer Jugendkulturen oder auch einfach nur Nicht-Rechte durch Nazis. An vielen Stellen des Bezirkes ist ständig Propaganda der Nazis, wie beispielsweise Spuckis und Plakate zu finden. Dies alles ist keine neue Entwicklung. Bereits früher war Lichtenberg einer der Schwerpunkte der Nazis gewesen. Nach der "Wiedervereinigung" wurden in der Weitlingstrasse mehrere Häuser von Nazis besetzt und als Schaltzentrale für den Aufbau von Nazistrukturen in Ostdeutschland genutzt. Nach einer breiten antifaschistischen Kampagne mussten die Nazis schließlich die Häuser aufgeben. Einige Jahre später eröffnete in der Normannenstrasse das "Café Germania" als Treffpunkt von Nazis für Nazis. Auch dieses musste nach antifaschistischem Widerstand, Demonstrationen und militanten Angriffen schließlich dicht machen.

Heute haben zahlreiche Berliner Nazikader ihren Wohnsitz nach Lichtenberg verlegt. So wohnt zum Beispiel Oliver Schweigert, langjähriger Aktivist in diversen Neonazi-Organisationen, in der Marie-Curie-Allee. Schweigert zählt zu den führenden Anti-Antifa-Aktivisten Berlins. Bei einer Hausdurchsuchung wurde eine "schwarze Liste" mit über 60 Namen und Adressen, teilweise auch Fotos von politischen GegnerInnen, gefunden. Nicht weit von Schweigert entfernt wohnt Nicole Strugala. Sie ist Aktivistin der "Mädelgruppe KS Tor", die regelmäßig auf diversen Naziaufmärschen und -aktionen auftaucht.

Antifaschistische linke Freiräume erkämpfen!
Angesichts dieser Zustände in Lichtenberg gilt es die "Homezone für Faschisten" dichtzumachen und das ruhige Rückzugsgebiet für Nazis aufzumischen. Eine Möglichkeit gegen diese Verhältnisse vorzugehen ist die Silvio-Meier-Demo. An diesem Tag wollen wir lautstark unseren Protest gegenüber Nazis aber auch einer allgemeingesellschaftlichen Rechtsentwicklung auf die Straße tragen, gleichzeitig aber auch bereits bestehende linke Strukturen im Bezirk unterstützen. Wir wollen diese Strukturen, wie beispielsweise die Initiative nach einem eigenen alternativen Jugendzentrum in Lichtenberg stärken, damit sich eine antifaschistische, alternative Jugendkultur in Lichtenberg entwickeln bzw. gefestigt werden kann. Die aktuelle Rechtsentwicklung allgemein und die Situation in Lichtenberg im speziellen zeigen, wie nötig ein offensiver antifaschistischer Umgang mit Nazis ist und dass die beste Waffe gegen Rechts immer noch eine starke Linke ist. Denn ohne Gegenwehr wird sich nichts verändern.

In diesem Sinne: Keine Homezone für Faschisten, Antifa heißt Angriff!


Aufruf zur SILVIO-MEIER-DEMONSTRATION 2005

Keine Homezone für Faschisten!

 

Nazistrukturen aufdecken und angreifen. Antifa statt Verbote!
13 Jahre nach dem Mord an dem Antifaschisten Silvio Meier durch Neonazis auf dem U-Bhf. Samariterstraße wollen wir den aktuell in Berlin agierenden Neonazis auf die Pelle rücken und ihnen ihre Rückzugsräume streitig machen. Wir tun dies nicht nur im Andenken an etwa 200 Menschen, die durch Neonazis seit 1990 ermordet, und die Ungezählten, die durch sie misshandelt wurden, sondern vor allem stellen wir uns gegen ihre Ideologie der Ungleichheit von Menschen, ihren Rassismus, ihren Nationalismus, ihr angestrebtes Ziel einer Diktatur und gegen ihre faschistischen Wurzeln, durch die sie ihr Handeln legitimieren.

Alte Ideen in neuem Gewand
Ob es sich um das Einsetzen für ein „nationales Jugendzentrum“, um die Teilnahme an Montagsdemos gegen Sozialabbau oder rechte Anti-Kriegs-Demonstrationen handelt. Die Parolen neonazistischer Aktionen scheinen teilweise gesellschaftlich kompatibel und bieten wenig moralische Angriffsfläche. Die Forderungen sind jedoch, egal wie links und alternativ sie zunächst klingen mögen, nicht auf die Schaffung von mehr Gleichheit ausgerichtet. Hintergrund neonazistischen Handelns ist eine autoritäre völkische Wertvorstellung, die klar unterscheidet zwischen Angehörigen des deutschen Volkskörpers und den „Anderen“. Dieses Denken kommt nicht nur bei öffentlich wahrnehmbaren Aktivitäten wie Aufmärschen, Verteilaktionen von NPD-Schulhof-CDs oder Angriffen auf MigrantInnen zum Tragen, sondern stellt das Grundmuster ihres alltäglichen Denkens und Handelns dar.

Dominanz auf der Straße
Seit geraumer Zeit existieren in Berlin „Ballungsräume“, in denen sich Rechtsextremisten wohl fühlen können. Dazu gehören die Gegend um den Bahnhof Lichtenberg, der Stadtteil Schöneweide im Bezirk Treptow, die Häuserblocks um den U-Bhf. Rudow und der Thälmannpark in Prenzlauer Berg. Dort entstehen nicht nur vermehrt Läden und Kneipen für das rechte Publikum, sondern auch viele Wohngemeinschaften von Neonazis. Auf diese rechten Homezones fokussieren sich sowohl die Aktivitäten der sogenannten Freien Kameradschaften als auch die der NPD.
In der Homezone rund um den Bahnhof Lichtenberg wohnen Neonazikader wie der Berliner NPD-Chef Claus Schade in der Fanningerstraße oder Oliver Schweigert vom Nationalen Widerstand Berlin/Brandenburg in der Marie-Curie-Allee. Als wichtiger struktureller Knotenpunkt dient ein NPD-Büro in der Siegfriedstraße, welches oft von der Kameradschaft Märkischer Heimatschutz genutzt wird. Zentral in der Weitlingstraße gelegenen ist der vor kurzem neu eröffnete Neonazi-Tattooshop „Ostzone“, der den „Kämpfern für Volk und Vaterland“ die passenden Symbole auf die Haut setzt. Zudem wohnen dort mehrere Aktivisten der mittlerweile verbotenen Neonazi-Kameradschaft KS-Tor in Wohngemeinschaften.
Die Konzentration von Strukturen der Neonazi-Szene und ihrem Anhang bestimmt unmittelbar das allgemeine Klima in den rechten Homezones. Wenn jeden Tag neue faschistische Parolen an den Häusern auftauchen, die Laternen voll sind mit NPD-Aufklebern, Rechtsextremisten in größeren Gruppen unterwegs sind und keine Angst vor den Anwohnern haben müssen, dann hat das auch für Alle spürbare Auswirkungen. Die Dominanz von Neonazis auf der Straße lässt Bezirke wie Lichtenberg nicht nur zu Angsträumen für Menschen werden, die der rechten Ideologie entgegenstehen. Faschistische Parolen werden durch die ständige Präsenz zur Normalität und damit nicht mehr als großartig störend wahrgenommen. Daher verwundert es kaum, dass der Stimmenanteil für die NPD bei den Bundestagwahlen in diesen Gebieten knapp zehnmal höher war als im Berliner Durchschnitt.

Jugendkampagnen - aktionistisch, „rebellisch“, nationalistisch
Obgleich der Stimmenanteil noch lange nicht für eine Beteiligung der NPD am Bundestag ausreicht, bleibt abzuwarten, wie sich der Rechtsruck in einigen Stadtteilen und die Herabsenkung des Wahlalters auf 16 Jahre bei der Berliner Landtagswahl im nächsten Jahr auswirken werden. Gerade unter Jugendlichen war der Anteil von NPD-Wählern sehr hoch. Die Rechtsextremisten haben mittlerweile erkannt, welches Wählerpotential ihnen bei den Jugendlichen wohl gesonnen ist. So erschien gerade rechtzeitig zur Bundestagswahl eine neue Auflage der sogenannten Schulhof-CD, die neben NPD-Werbematerial an Schulen in Marzahn, Treptow, Lichtenberg und Weißensee verteilt wurde.
Lange schon hat die Neonaziszene in Berlin das verstaubte Image abgelegt und versucht, erlebnisorientierte Jugendliche durch ihre Politik einzubinden. Mit symbolischen Hausbesetzungen in Lichtenberg wurde ein „nationales Jugendzentrum“ gefordert, Nazi-Aufmärsche sind trotz geringer Teilnehmerzahl kaum noch zählbar und rechte Konzertevents finden statt, ohne das die Polizei etwas davon mitbekommt. Die Neonazis machen sich Dresscodes und kämpferische Parolen, die der radikalen Linken entlehnt sind, zu eigen, besetzen sie mit ihren Inhalten und wollen das Bild des rechten, „rebellischen“ Straßenaktivisten vermitteln. Doch Nazis waren noch nie rebellisch, individuell, vorwärtsgewandt oder irgendwie alternativ. Die faschistische Ideologie verbietet seit je her Individualismus, fordert Gehorsam, die Anerkennung von Autoritäten, Unterordnung, Disziplin, Konformität und die Pflege nationalsozialistischer Tradition.

Bedrohungsszenario
Organisierte Berliner Neonazis sind durch ihr gewalttätiges Auftreten zu einer ernsthaften Bedrohung für nicht-rechte Jugendliche, MigrantInnen, alternative Jugendclubs und links-bürgerliche Parteien geworden. Die Anzahl von Übergriffen in Berlin und Umland steigt weiterhin und Rechtsextremisten sehen es als festen Bestandteil ihrer „politischen Arbeit“ gezielt Personen anzugreifen. Dazu gehören neben jugendlichen Punks vor allem AntifaschistInnen. Im April diesen Jahres überfielen maskierte Anhänger der autonomen Nationalisten mit Schlagstöcken und Reizgas eine vermeintlich linke Band in deren Pankower Proberaum. Im Juli griff eine Gruppe von Berliner Neonazis in Potsdam zwei Personen, die sie der antifaschistischen Szene zuordneten, aus einer Straßenbahn heraus an. Sie zerschlugen Bierflaschen auf dem Kopf des einen und zerschnitten mit der abgebrochenen Bierflasche das Gesicht des anderen Mannes, so dass dieser tiefe Verletzung im Gesicht davontrug. Ebenfalls im Juli kam es am Bhf. Greifswalder Straße ohne jeglichen Anlass zu einem Übergriff von 15 Rechtsextremisten auf zwei alternative Jugendliche, die schwer verletzt wurden. Die jüngsten Ereignisse zeigen, dass die Gewalt von Neonazis inzwischen alltägliche Züge annimmt.

Die „Staatsantifa“ schlägt um sich
Offizielle Konsequenz, den Aktivitäten der Neonaziszene in Berlin zu begegnen, waren die Verbote der Kameradschaften Berliner Alternative Südost (BASO) und KS-Tor im März 2005. Diese Intervention durch den Berliner Innensenator wurde in der Öffentlichkeit gefeiert, doch gebracht hat sie wenig. Nach der Thematisierung von rechter Geschichtsverdrehung um den 8. Mai 2005, den 60igsten Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus, ist nun in den Talkrunden und der Medienrealität wieder Ruhe eingekehrt und Neonazis sind kein Thema mehr. Sogar das Demonstrationsrecht wurde damals geändert, damit Rechtsextremisten an dem historischem Datum nicht durch das Brandenburger Tor marschieren können. So schnell der Eifer gegen Rechts von allen Seiten gekommen war, um so schneller war er auch wieder verflogen. Und die erhofften Ergebnisse ebenso.
Denn die Neonazis machen ungestört weiter und wechseln einfach ständig den Namen, mit dem sie nach außen auftreten. Beispielsweise agiert die KS-Tor und ihr Umfeld aktuell unter dem Label „Freie Kräfte“. Viele dieser Neonazis sind mittlerweile auch in der „zufällig“ neu gegründeten Berliner JN, der Jugendorganisation der NPD, organisiert, was sich unter anderem durch aktive Unterstützung und Wahlkampfhilfe für die NPD ausdrückt.

Schlimm genug, dass die Rechtsextremisten nicht wirklich behindert werden. Die Berliner Polizei hat sich inzwischen einen neuen Feind ausgesucht - die antifaschistische Szene der Stadt. Die einzige tatkräftige und kontinuierliche Intervention gegen Neonazis wird nicht von der Polizei geleistet und auch nicht durch die Berliner Parteienlandschaft, sondern von selbstorganisierten Antifas und deren Strukturen. Dieses unabhängige und durchaus staatskritische Potential ist der Berliner Polizei schon lange ein Dorn im Auge. So wird auf jeder Kleinigkeit rumgehackt, die sich findet, um AntifaschistInnen kriminalisieren und einschüchtern zu können. Im August 2005 wurden beispielsweise mehrere linke Räume, Wohnungen und eine Jugend-Antifa-Party von 300 Polizisten gestürmt und hunderte Menschen kontrolliert. Alles wegen dem angeblichen Aufruf rechte Propaganda einzusammeln und unbürokratisch zu entsorgen. Einen Monat vorher durchsuchte das Landeskriminalamt gemeinsam mit Sondereinheiten der Polizei 15 Wohnungen von AntifaschistInnen wegen einer Schlägerei, bei der zwei Neonazikader verletzt wurden. Bisher ist kein Ende der staatlichen Repression gegen Antifas abzusehen. Die beste Möglichkeit sich dagegen zu wehren, ist Solidarität mit den Betroffenen. Und jetzt erst recht antifaschistische Politik zu machen.
Dem Treiben der Neonazis muss ein Ende bereitet werden. Das verlangt nicht nur die aktuelle Gefahr, die von ihnen ausgeht, sondern auch die schockierenden Morde, wie der an Silvio Meier, die im Auftrag rechter Ideologie verübt wurden. Ein konsequenter Antifaschismus auf allen Ebenen und mit allen Mitteln ist also nötiger denn je.

Für eine emanzipierte antifaschistische Bewegung!
Neonazis die Homezones sperren!


Aufruf zur SILVIO-MEIER-DEMONSTRATION 2006

Wir sind gekommen um zu bleiben. Für eine alternative Jugendkultur

Trotz vieler Aktivitäten und politischer Arbeit in den letzten Jahren, gibt es in Lichtenberg immer noch eine stabile rechtsextreme Szene, insbesondere im Weitlingkiez.
Hier wohnen zahlreiche Funktionäre neonazistischer Organisationen, der NPD oder so genannter Kameradschaften. Die Neonazis verfügen hier über Treffpunkte und Büros, sowie einer Infrastruktur aus Kneipen, Tattoo-Studios und Bars, in denen sie als Stammgäste zur gerngesehenen Kundschaft gehören. Schweigen, wegsehen und das nicht wahrhaben wollen dieser Zustände führt jedoch in der Konsequenz dazu, dass die Rechten dies als eine Bestätigung ihrer menschenverachtenden Hetze gegenüber Migrantinnen und Migranten, linken Jugendlichen oder allen anderen Menschen, die nicht in ihr begrenztes Weltbild passen sehen und damit gestärkt werden. Gern stellt sich die NPD als soziale Alternative zur Kahlschlagpolitik dar. Ein Blick in ihr Parteiprogramm zeigt jedoch, wofür sie wirklich steht: demagogische „Sozialpolitik“, nationalistischer Wahn nach einer Volksgemeinschaft, sowie dumpf rassistischer „Das Boot ist voll Parolen “. Es ist kein Wunder, dass die NPD gerade im Weitlingkiez ein überdurchschnittlich hohes Wahlergebnis erzielt hat, denn hier ist auch ihre Verankerung stärker bzw. kann sie auf größere Zustimmung hoffen.

 

Es gibt aber auch viele Menschen in Berlin und auch im Weitlingkiez, die sich mit diesen Zuständen nicht abfinden wollen. Die sich nicht von Neonazis einschüchtern lassen und um ihren Kiez kämpfen. Ihnen gilt unsere Unterstützung. Um sich den Kiez von den Rechten wieder zurückzuholen bedarf es Entschlossenheit und Kreativität. Vor allem ist es wichtig ein Gegengewicht zu den Neonazis im Weitlingkiez zu schaffen. Eine Struktur, die tagtäglich zeigt, dass es konkret auch anderes geht, und Nazis keine vernünftigen Antworten auf die Probleme der Menschen geben können. Wir brauchen eine linke Jugendkultur und linke Freiräume, an dem sich alle nicht rechten Menschen treffen können, um sich zu vernetzten und auszutauschen, ohne Angst vor rechten Schlägern zu haben. Wir brauchen ein Zentrum, wo sich linke und alternative Jugendliche organisieren und gemeinsam mit der Bevölkerung ihren Kiez zurück erobern können.
Mit dieser Demonstration wollen wir der Forderung nach einem solchen Zentrum im Kiez Ausdruck verleihen, wir wollen den Nazis auf die Pelle rücken und ihnen zeigen, dass ihnen der Weitlingkiez nicht gehört.
Denn linke Politik heißt für uns einerseits konkrete Aktionen gegen Nazis vor Ort zu organisieren, den Nazis ihre Räume zu nehmen und andererseits linke Freiräume und Strukturen zu erkämpfen und langfristig zu etablieren.
Die aktuelle Rechtsentwicklung allgemein und die Situation in Lichtenberg im speziellen zeigen, wie nötig ein offensiver antifaschistischer Umgang mit Nazis ist und dass die beste Waffe gegen Rechts immer noch eine starke Linke ist. Denn ohne Gegenwehr wird sich nichts verändern.
Gleichzeitig wollen wir auch an den von Neonazis ermordeten Hausbesetzer und Antifaschisten Silvio Meier erinnern, der von Nazis erstochen wurde, weil er die Courage hatte, einen neonazistischen Aufnäher zu entfernen. Wir sind solidarisch mit den Opfern rechtsextremer Gewalt und wir stehen für ein solidarisches Zusammenleben aller Menschen in Lichtenberg und anderswo.

 

- Für eine alternatives Jugendzentrum im Weitlingkiez – Kein Fußbreit den Faschisten - Den Nazis auf die Pelle rücken - Solidarität mit den Opfern neonazistischer Gewalt – Nix und niemand ist vergessen -


 Aufruf zur SILVIO-MEIER-DEMONSTRATION 2007

Get up, stand up!
Antifa heisst Angriff -- Linke Freiräume verteidigen!

Vor 15 Jahren, am 21.November 1992, wurden vier junge Menschen von einer Gruppe Neonazis am U-Bhf-Samariterstraße angegriffen und einer von ihnen, Silvio Meier, in Folge der Auseinandersetzung ermordet. Die Anzahl extrem rechter Übergriffe hat Friedrichshain nach ganz oben auf die Rangliste extrem rechter Übergriffe katapultiert.

Dass gerade in einer Gegend, die für viele alternativ denkende Menschen Wohn- und Freizeitort ist, extrem rechte Übergriffe an der Tagesordnung sind, scheint auf den ersten Blick verwunderlich. Doch gerade die Kneipenstruktur, die sich in den letzten Jahren zunehmend entwickelt hat, sowie die Bars und Diskotheken locken rechtsoffene, rechtsextreme Jugendliche und auch Hools in den Friedrichshainer Kiez. Dort treffen jene auf Menschen, die sie dann aufgrund deren vermeintliches Anderssein anpöbeln, angreifen und zum Teil schwer verletzen.
Betroffen sind zumeist genau die, die diesen Bezirk ausmachen: ehemalige Hausbesetzer_innen, Punks, Transgender-Menschen, Migrant_innen und viele mehr. Da die gesamtgesellschaftlich Akzeptanz steigt, Angriffe auf sozial schwache Menschen zu tolerieren, werden diese Übergriffe immer öfter auch in Friedrichshain geduldet, denn es trifft ja genau die, die der Gesellschaft eh ein Dorn im Auge sind.

(K)ein neues Problem
Zudem sind Neonazis nicht immer als solche zu erkennen. Der Style hat sich geändert, Nazis unterscheiden sich in ihrer Kleidung nicht mehr von Alternativen Jugendlichen und wenn Rassismus und Fremdenfeindlichkeit mehr gesellschaftliche Akzeptanz finden, dann fallen Nazisprüche in einer Kneipe kaum noch auf. Zumeist merken die Betreiber nicht einmal mehr den Unterschied zwischen Alltagsrassisten, rechtsoffenen und extrem rechten Jugendlichen. Dies führt zu dem Problem, dass sich in Berlin offene Rückzugsräume für gewaltbereite extrem rechte Jugendliche bilden wie z.B. das Jeton oder die Ambrosius Bierbar.

Die Großraumdiskothek Jeton ist eine der Locations, wo extrem Rechte nicht nur akzeptiert werden, sondern nach Übergriffen sogar Zuflucht finden. Während der Biermeile sammelten sich dutzende stadtbekannte Neonazis um den Ambrosius Bierbarstand und suchten die Bar auch gerne mal am Wochenende auf. Problematisch ist, dass sich inzwischen immer mehr Jugendliche an den rechten Gewalttaten beteiligen und so die Akzeptanz für extrem rechte Gewalttaten und Ideologie gestiegen ist.

Dass rechte Übergriffe einfach verharmlost werden, ist in Deutschland Normalität. Auch in Berlin werden rechte Gewalttaten kaum und meist gar nicht in den Medien erwähnt und sind äußerst selten Thema in der aktuellen politischen Diskussion. Stattdessen setzt der Staat im Jahr 2007 immer größere Geschütze gegen jene Leute ein, die sich dagegen zur Wehr setzten. So kam es bundesweit in diesem Jahr zu massenhaften Durchsuchungen linker Projekte, Läden, Archiven, Veranstaltungsräume, Wohnungen und Treffpunkte im Rahmen von mehreren §129a (Paragraph über die Bildung einer terroristischen Vereinigung) Verfahren.

Ziel der Bundesstaatsanwaltschaft ist es, in allen Verfahren linken Widerstand als Terrorismus zu kriminalisieren und so den Pool an Überwachungsmöglichkeiten auszunutzen um linke Strukturen zu durchleuchten. Auch geraten linke Haus-, Veranstaltungs- und Wohnprojekte immer weiter unter den Druck des staatlichen Repressionsapparates. So gab es dieses Jahr mehrere Razzien u. a. in der Köpi und der Brunnenstraße mit dem Ziel alternative Lebensweisen zu kriminalisieren und Spekulant_innen und Hausbesitzer_innen den Weg frei zu machen.

Gerade in Berlin Friedrichshain-Kreuzberg werden alternative Projekte zur Zeit massiv unter Druck gesetzt. Wir brauchen jedoch alternative Kultur, um uns gegen den Rechtsruck vom Mainstream zu wehren, Schutzräume für Betroffene von extrem rechter Gewalt zu gewährleisten und ein wenig Subkultur zu bilden.

Auf die Straße! Get up -- Stand up!
Es ist wichtig, trotz Vertreibung linker Projekte und verstärkter staatlicher Repression ein klares und unmissverständliches Zeichen zu setzen: Wir werden die Straße nicht rechtsextremen Schlägern und faschistischer Ideologie überlassen! Wir werden auch nicht hinnehmen, dass extrem rechte Übergriffe als harmlos abgetan werden, während in deutschen Abschiebeknästen tausende Menschen auf ihre Abschiebung in Hunger, Folter, Vergewaltigung oder Tod warten! Genauso wenig werden wir tatenlos zusehen wie in diesem Land Armut produziert wird und rassistische Gesetze beschlossen werden, ebenso wie wir der Kriminalisierung von linkem Widerstand entschlossen und solidarisch entgegentreten werden!

Wir sind mit allen linken Hausprojekten und Wagenplätzen solidarisch! Wir fordern den Erhalt der Köpi, der Liebig 34, der Rigaer 94 und 84, der Brunnenstr. 183, des Schwarzen Kanals und dem New Yorck.

Heraus zur Silvio-Meier-Demo 2007! Keine Rückzugsräume für Faschisten!
Solidarität mit allen Angeklagten der 129a Verfahren
und Freiheit für die inhaftierten linken Aktivisten!
Zusammen gehört uns die Zukunft -- Antifa heißt Angriff!


Aufruf zur SILVIO-MEIER-DEMONSTRATION 2008

Silvio Meier Demo Alle Jahre wieder...

heißt es heraus auf die Straße, zur Silvio-Meier-Demonstration. Gemeinsam wollen wir der unzähligen Opfer faschistischer Übergriffe gedenken und ein Zeichen für eine starke linke Jugendbewegung setzen, die solidarisch den bestehenden Zuständen den Kampf ansagt. Auch heutzutage kommt es immer wieder zu rechter Gewalt, die sich gegen Menschen richtet, die nicht ins rassistische, antisemitische und homophobe Weltbild der Neonazis passen. Kaum ein Tag vergeht ohne eine Meldung über erneute Angriffe auf Migrantinnen und Migranten und linke Jugendliche. Auch 16 Jahre nach dem Tod des Friedrichshainer Hausbesetzers und Antifas Silvio Meier morden Neonazis. Seit 1990 kamen in Deutschland an die 200 Menschen durch neonazistische Gewalt ums Leben. In den immer stärker nach rechts abdriftenden gesellschaftlichen Kontext eingebettet, entstehen immer wieder Orte wo Neonazis in einigen Bereichen eine dominierende Rolle einzunehmen versuchen.

...gegen die gleiche Scheiße
Es liegt an uns, diesem Treiben entgegenzutreten. Wo rechte Ideologien immer mehr Zulauf finden und Thor Steinar-Klamotten zur Massenmode werden, ist es an uns eine Alternative aufzuzeigen. Linke und autonome Freiräume bieten die Möglichkeit zur Etablierung gesellschaftskritischer Ideen und ermöglichen ein solidarisches Miteinander. Aus diesem Grund gilt es Selbstorganisierte Projekte gegen Staat und Nazis zu verteidigen und neue zu schaffen. Immer wieder zeigt sich, dass vor allem die Schaffung linker Strukturen probate Mittel sind, um ein Vordringen rechter Dominanz zu verhindern. So sind vor allem die Wohngebiete im Berliner Osten, in denen linke Freiräume Seltenheitswert haben, ein beliebter Rückzugsort für aktionistische Jungnazis, Kameradschaftler und Parteikader. Doch auch dort gibt es Strömungen, die sich gegen Rassismus, Antisemitismus und Nationalismus zur Wehr setzen. Diese gilt es zu unterstützen und auszubauen. Mit ausdauernder antifaschistischer Arbeit auf allen Ebenen, der Rückeroberung des öffentlichen Raumes, dem Schaffen linker Freiräume und dem Veranstalten von Kulturangeboten mit linkem Backround wird den Nazis erfolgreich Gegenwehr geboten.

Begleitmusik zu Mord und Totschlag
Eine beliebte Strategie zur Politisierung und Radikalisierung von rechten Jugendlichen ist das massenhafte Angebot und Verbreiten von neonazistischer Musik. Rechtsrock, in seinen vielen Facetten, ist oftmals der erste Berührungspunkt für Jugendliche mit der rechten Szene. Aus Akten und Presseberichten ist bekannt, dass neonazistische Täter und Täterinnen nicht selten vor ihren Übergriffen Neonazismusik hörten. Auch in Lichtenberg ist eine wichtige Zweigstelle für die Herstellung und den Konsum von Rechtsrock zu finden. Unweit des Bahnhofs Lichtenberg betreibt die Neonazi-Gruppe "Kameradschaft Spreewacht" (KSW) ein Clubhaus. Eng verwoben ist die KSW mit der erfolgreichen Neonaziband Legion of Thor, aber ebenso besitzen sie Kontakte zu örtlichen Kameradschaftlern, zu DVU-Biedermännern und NPD-Kadern. Mehrmals in der Woche öffnet die KSW ihr Clubhaus für Kneipenabende an denen Neonazis verschiedenster Prägung zu Rechtsrockabenden zusammenkommen. Hierbei handelt es sich nicht nur um eine Kneipe, die Neonazis den Eintritt erlaubt. Vielmehr betreiben hier Neonazis für Neonazis einen Clubraum, in dem sie ungestört ihre menschenverachtende Musik konsumieren und weitere Aktivitäten planen können. Gerade aufgrund der Gefahr die von der, nach Außen abgeschotteter, Rechtsrockszene ausgeht, ist es für uns als Antifaschistinnen und Antifaschisten nicht hinnehmbar, dass es so etwas unwidersprochen in Lichtenberg gibt. Wir werden nicht zusehen wie die Rechtsrockszene hier ein Domizil aufbaut und sich ungehindert treffen kann.

Den Tätern und Täterinnen auf die Pelle rücken
Gerade jugendliche Neonazis aus Lichtenberg wagen immer wieder den Blick über den rechten Tellerrand und versuchen auch im vermeintlich linken Friedrichshain aktionistisch zu werden. So kam es im Laufe des Jahres 2008 immer wieder dazu, dass Neonazis aus dem Umfeld des "Nationalen Widerstands Berlin" und aus den ehemaligen Strukturen der mittlerweile verbotenen "Kameradschaft Tor" in Friedrichshain Migrantinnen und Migranten, linke Hausprojekte und alternative Jugendliche angegriffen haben oder es versuchten. Natürlich ist es wichtig den Neonazis direkt auf der Straße unmissverständlich zu verstehen zu geben, dass sie in Friedrichshain und anderswo nicht erwünscht sind. Die Mittel dazu sind vielfältig. Eine Möglichkeit ist auch, die Täter und Täterinnen in ihrem Wohnumfeld aufzusuchen und ihre Nachbarschaft direkt zu informieren um wen es sich bei dem Jugendlichen im schlecht-kopierten Autonomenlook nebenan handelt. Deswegen ist es nur natürlich, immer wieder im Weitlingkiez zu demonstrieren und den Neonazis zu zeigen, dass sie auch dort weder anonym noch sicher vor antifaschistischem Widerstand sind.

Wir bleiben Alle!
Das sich rechte Strukturen nicht in allen Bezirken in gleicher Vehemenz ausbreiten liegt vor allem am Bestehen linker Strukturen und Freiräume. Immer wieder stellt sich heraus, dass sie das beste Mittel gegen neonazistische Strukturen und kapitalistisches Alltagsgrau sind. Aber auch diese Strukturen sind in Berlin massiv bedroht, seien es anstehende Versteigungen, das Fortschreiten der Gentrifizierung, Räumungen, die Aufbesserung der Kieze durch Firmen oder durch staatliche Planungsbüros. Die Solidarität der Silvio-Meier-Demo gilt auch immer wieder den Hausprojekten in Berlin, anderswo und weltweit. Aus wichtigem Grund: seit Jahren bedingen sich das Zurückdrängen neonazistischer Gewalt und die Schaffung alternativer, linker und autonomer Strukturen.

He Ho lets go!
Gründe gibt es genug am 22. November 2008 ab 15 Uhr zusammen auf die 16. Silvio-Meier-Demo unter dem Motto: Aus Trauer wird Wut! Gegen Rechtsrock, Naziparteien und Autonome Nationalisten auf die Straße zu gehen. Wir werden nicht zusehen, wie sich rechte Strukturen ausbreiten, wie schmierige Rechtsrocker ihre CDs produzieren und ihr Bier trinken, wie Möchtegern-Autonome Nationalisten menschenverachtende Gewalt auf die Straße tragen und wie es dem erfolgreichsten Mittel gegen Neonazis, den linken und autonomen Strukturen, in Berlin immer schwieriger gemacht wird zu existieren.
Deswegen zusammen am 22. November 2008 ab 15 Uhr U-Bhf. Samariterstraße auf die Straße!


Aufruf zur SILVIO-MEIER-DEMONSTRATION 2009
Enough is Enough!
Linke Freiräume schaffen - Gegen Nazis, Staat & Kapital

21. November 2009: Vor 17 Jahren wurde der Hausbesetzer und Antifaschist Silvio Meier ermordet. Während einer Auseinandersetzung mit Neonazis am U-Bahnhof Samariterstraße in Berlin-Friedrichshain stach einer der Neonazis mehrfach auf Silvio ein und verletzte ihn schwer. Kurze Zeit später erlag er seinen Verletzungen.

In Gedenken an Silvio und all die anderen Opfer und Betroffenen von rechter Gewalt wird seit dem jährlich die Trauer, der Protest und die Wut lautstark auf die Straße getragen. Wie jedes Jahr ruft auch diesmal ein Bündnis aus linken Gruppierungen zur jährlichen Silvio-Meier- Gedenkdemonstration auf.

Neonazis...
Am Todestag von Silvio soll jedoch nicht nur seiner Ermordung gedacht werden. Rechte Gewalt ist nach wie vor ein aktuelles Problem, auch in Friedrichshain. Nicht selten treffen Neonazis auf ein rechtsoffenes Kneipen-, Party- und Konsummilieu, in dem sie ungestört ihre menschenverachtenden Ideologien vertreten und äußern können, ohne auf großen Widerstand zu stoßen. Die Großraumdisko "Jeton", der Thorsteinar- Laden "Tromsø" in Friedrichshain und die Nazikneipe "Zum Henker" in Schöneweide sind nur einige Beispiele für solche Orte. Keine Woche vergeht, in der es nicht zu Angriffen auf vermeintliche Migrant_innen oder Andersdenkende kommt. Dies zeigt auch die jüngste Geschichte:

Am 12.07.2009 wurde ein Jugendlicher am S-Bahnhof Frankfurter Allee von einer Gruppe Neonazis, die sich zuvor im Jeton aufhielten, angegriffen. Nachdem sie auf ihn eingeprügelt und -getreten hatten, selbst als er bewusstlos am Boden lag, wurde er schwer verletzt in die Notaufnahme eingeliefert. Er war kein zufälliges Opfer: Er wurde angegriffen, weil er nicht in das beschränkte Weltbild der Neonazis passte nicht desto trotz wurde der Mordversuch von den Medien und Politik als Links-Rechts Auseinandersetzung verharmlost. Solche Ereignisse sind keine Einzelfälle. Sie reihen sich in eine lange Chronologie von Übergriffen mit z.B. rassistischer, homo-/transphober oder antisemitischer Motivation ein.

...und andere Probleme
Trauer allein ändert nichts an den herrschenden Verhältnissen in einer Gesellschaft, in der sich mensch ständig mit Rassismus, Homophobie, Sexismus, staatlicher Kontrolle und kapitalistischer Ausbeutung konfrontiert sieht. Neben Angriffen von Rechts stellen kapitalistische Stadtumstrukturierungsprozesse (Gentrifizierung), polizeiliche Überwachung und mediale Hetze einen weiteren Teil der Zumutung dar, den es entschlossen entgegen zu treten gilt. Ob Polizeigewalt auf Demos, schikanierende Kontrollen auf dem abendlichen Nachhauseweg, permanente Überwachung durch zivile Polizei-Einheiten, aufhetzende Zeitungsartikel in der Presse oder profitorientierte Investoren, Firmen und Hausbesitzer. Menschen, die anfangen sich aktiv gegen solche Tendenzen zu wehren und für ein solidarisches Miteinander kämpfen, müssen sich mit diesen Organen konfrontiert sehen. So sind auch viele alternative, linke und emanzipatorische Projekte bedroht. Diese bieten Raum für eine lebendige, subkulturelle, Jugend- und Widerstandskultur. Nicht nur im Kampf gegen Neonazis, sondern ebenso als Orte für politische Diskussionen, Veranstaltungen, Parties und als Freiräume gegen gesellschaftliche Unterdrückungsformen. Die Verteidigung der bestehenden, sowie das Erkämpfen neuer Freiräume ist deshalb ein wichtiges Mittel gegen Vereinzelung und für eine solidarische Gesellschaftsordnung. Hausprojekt, Infoladen, Politkneipe, Wagenburg oder Antifacafé: all dies sind Orte, die ständigen Bedrohungen ausgesetzt sind.

Aktuell sind zum Beispiel die Hausprojekte Liebigstraße 14, Brunnenstraße 183, Rigaer Straße 94 und der Wagenplatz Schwarzer Kanal akut von Räumung bedroht, weil sie auf gewinnversprechendem Boden liegen und überteuertem Wohnraum weichen sollen.

"Zur falschen Zeit am falschen Ort?"
Aber auch abseits der Freiraumthematik haben Menschen mit Problemen zu kämpfen, wenn sie das Maul aufmachen, sich zur Wehr setzen und ihren Protest in Taten umsetzen. So sind in der Vergangenheit viele Aktionen gelaufen, die sich gegen Neonazis, Polizei und Kapitalismus richteten. Den staatlichen Organen ist das ein Dorn im Auge. Was folgt, sind Überwachung eingeleitete Ermittlungen. Oft spielen Politik und Medien dabei eine bedeutende Rolle. So wird beispielsweise in der Presse regelrechte Hetze gegen vermeintliche "Hassbrenner" oder "Chaoten" betrieben. Diese werden dafür verantwortlich gemacht, wenn sich Straßenraum als Freiraum angeeignet wird, staatliche Einrichtungen angegriffen oder Fahrzeuge bedeutender Wirtschaftsunternehmen zerstört werden.

Der in den Medien und von nach Ordnung schreienden Politiker_Innen erzeugte Druck auf die Ermittlungsbehörden steigt, so dass nun jede x-beliebige Person ins Visier der Ermittlungen rutscht und somit ganze vermeintliche Straftäter_Innenkreise konstruiert werden, um "Ergebnisse" der Öffentlichkeit präsentieren zu können. So auch im Fall von Alex und Christoph. Beide sitzen monatelang in Untersuchungshaft, weil Polizei und Staatsanwaltschaft sie willkürliche beschuldigen, Autos in Brand gesteckt zu haben.

Wenn Menschen sich aus unterschiedlichsten Gründen dazu entschließen Widerstand zu leisten, ist das legitim. Wir unterstützen diese Menschen und rufen zu Solidarität auf. Wir rufen deswegen alle, die kein Bock mehr haben auf Nazistress, Räumungen linker Projekte permanente Überwachung durch Bullen und Probleme durch eine profitorientierte Umstrukturierung der Stadt auf, dies auf der Silvio- Meier- Demo 2009 lautstark und entschlossen zum Ausdruck zu bringen.

Nazis, Staat und Kapital in die Suppe spucken!
Hinaus zur Silvio-Meier-Demo!
Enough is Enough!


Aufruf zur SILVIO-MEIER-DEMONSTRATION 2010
Kampf den Nazis! Kampf dem Staat!

Am 21. November jährt sich der Tag des Mordes an dem Antifaschisten und Hausbesetzer Silvio Meier. 1992 wurde er im U-Bahnhof Samariterstraße in Berlin-Friedrichshain von Nazis erstochen. Der Mord fällt in die Zeit des nationalen Taumels, der mit der „Wiedervereinigung“ Deutschlands einherging; in die Zeit der Brandanschläge gegen Flüchtlingsunterkünfte, die von Nazis verübt, von „ganz normalen Deutschen“ beklatscht und vom Parlament schließlich mit der faktischen Abschaffung des Asylrechts 1993 gekrönt wurden. Und wie sieht es heute aus?

Scheiß Nazis
Wöchentlich finden in Deutschland Naziaufmärsche statt. Hakenkreuzschmierereien und rechte Parolen gehören vielerorts zum Straßenbild. Pöbeleien und Übergriffe gegen alle, die nicht in das Weltbild von einem „reinen Deutschland“ passen, bis hin zu politischen Morden, sind an der Tagesordnung. Seit 1990 lassen sich wenigstens 149 Nazimorde nachweisen. Wo es geht versuchen Nazis an öffentliche Debatten anzudocken. Mal scheinbar seriös, mal im radikalen Gewand greifen sie in gesellschaftliche Auseinandersetzungen ein, um diese mit faschistischen Inhalten aufzuladen. Sie bemühen sich um weitgreifende ideologische und kulturelle Ausstrahlung, veranstalten Kongresse und Kinderfeste. Auch sind Naziparteien wieder in Parlamente eingezogen, von hier aus unternehmen sie propagandistische Vorstöße im Licht der Medienöffentlichkeit, bauen ihre Strukturen aus und streichen staatliche Gelder ein.

Scheiß Staat
Trotz des Bedrohungsszenarios, das Nazis für Migrant_innen und viele andere darstellen, ist der Hauptakteur des Rassismus in Deutschland der Staat. In umfassendem Ausmaß betreibt er eine mörderische Politik der Abschreckung, gegen alle, die hier Asyl suchen. Der Staat ist Betreiber einer, aus dem öffentlichen Bewusstsein heute, weitgehend verdrängten Abschiebemaschinerie. Nach offiziellen AngScheiß Nazisaben wurden 2009 mehr als 17.800 Menschen aus Deutschland abgeschoben, bzw. direkt nach ihrer Ankunft auf deutschen Flughäfen, an Landes- oder Seegrenzen zurückgewiesen. Dabei ist zu beachten, dass es heute die wenigsten Flüchtlinge überhaupt schaffen, nach Deutschland zu gelangen. Viele scheitern – nicht selten tödlich – an den Mauern der sich zunehmend abschottenden „Festung Europa“.

Der Alltag vieler Menschen mit deutschem Pass, deren Aussehen nicht dem der deutschen Mehrheitsbevölkerung entspricht, ist von Rassismus geprägt: bei der Wohnungs- oder Arbeitssuche, auf der Straße oder auf Ämtern werden sie von ihren „deutscheren“ Mitbürger_innen ausgegrenzt. Die Lebensbedingungen von nur „geduldeten“ Flüchtlingen sind noch weit schlechter. Sie werden permanent durch reaktionäre „Ausländergesetze“ entrechtet, schikaniert und bedroht. Läuft die „Duldung“ aus, geraten viele Flüchtlinge in Abschiebehaft.

Scheiße im Quadrat
Jeder konsequente Widerstand gegen Nazis stößt früher oder später auf den deutschen Staat. Bei jedem Naziaufmarsch sehen sich Antifaschist_innen der Polizei gegenüber. In einem Land, wo vor 65 Jahren noch die Nazis an der Macht waren, große Teile Europas versklavt, eine halbe Million Sinti und Roma ermordet und das europäische Judentum vernichtet haben, gilt es heute als Durchsetzung des „demokratischen Pluralismus“, Nazis den Weg freizuprügeln. Nachspiel von antifaschistischem Aktivismus sind nicht selten Anzeigen, Festnahmen, Hausdurchsuchungen, Geld- und Haftstrafen, bis hin zur Kriminalisierung ganzer Organisationen. Nazis wird vor Gericht dagegen vielfach mit Milde begegnet. So sind auch die Mörder von Silvio Meier teils mit geringen, teils völlig ohne Strafen davongekommen. Schon damals wurde die Tat entpolitisiert und als Auseinandersetzung zwischen Jugendbanden dargestellt.

In rassistischen Äußerungen übernehmen Vertreter_innen des Staates immer wieder ideologische Elemente der Nazis und werden so gleichzeitig zu ihren wirkungsvollen Stichwortgeber_innen. So z.B. im Spätsommer diesen Jahres, als Thilo Sarrazin (SPD), Ex-Finanzsenator von Berlin, mit seinem Buch „Deutschland schafft sich ab“ ein Medienspektakel provozierte. Rassismus, im speziellen antimuslimischer Rassismus, wurde im Verlauf der Debatte vielfach als legitime Meinung dargestellt. Die von Massenmedien ständig angefeuerte Hetze gegen „integrationsunwillige Ausländer“ ist bis heute nicht abgerissen. Im Fahrwasser solch rassistischer Kampagnen können sich Nazis allzu leicht als Vollstrecker_innen des „Volkswillens“ aufspielen.

Scheiße in Berlin
Das Auftreten von Nazis gehört auch in Berlin zum Alltag. NPD und Republikaner sitzen in fünf Bezirksverordnetenversammlungen. Darüber hinaus gibt es Szene-Treffs und Naziläden, z.B. die Kneipe „Zum Henker“ in Schöneweide oder den Thor-Steinar-Laden „Tromsø“ in Friedrichshain. Auch Übergriffe durch Nazis sind keine Seltenheit. So wurde im vergangenen Sommer im Volkspark Friedrichshain ein dunkelhäutiger Jugendlicher von einem Nazi rassistisch beleidigt und mit einer Schreckschusswaffe ins Gesicht geschossen. Im Verlauf dieses Jahres kam es außerdem gehäuft zu Angriffen gegen Personen, Strukturen und Hausprojekte der linken Szene.

Auch was den staatlichen Rassismus angeht ist Berlin ganz vorne mit dabei. Eine steigende Zahl von Flüchtlingen wird in Berlin in Lager gepfercht. Unter unwürdigen Bedingungen müssen sie z.B. im Containerlager in der Motardstraße in Siemensstadt oder in Bruchbuden in Marzahn leben. Letzte Station in Deutschland ist für viele der Abschiebeknast Grünau. 2009 wurden unter Regierungsverantwortung von SPD und Linkspartei aus Berlin über 1.500 Flüchtlinge abgeschoben und zurückgewiesen. Viele davon in Herkunftsländer, wo sie von Hunger, Folter, in manchen Fällen sogar vom Tod bedroht sind. Erinnert sei in diesem Zusammenhang nur an die rücksichtlose Räumung und Abschiebung von Roma-Familien aus dem Görlitzer Park im Sommer 2009, die von einer antiziganistischen Kampagne der Berliner Presse begleitet wurden.

Um die Häuser ziehn
Gegen diese Zustände, gegen den zunehmenden Nazi- und den anhaltenden Abschiebeterror, der die Forderung „Ausländer raus!“ der Nazis praktisch umsetzt, wollen wir am 20. November auf die Straße gehen. Unser Kampf kann langfristig nur erfolgreich sein, wenn wir ihn gemeinsam führen: mit allen von Nazis und staatlichem Rassismus verfolgten und bedrohten Menschen in Deutschland – mit Migrant_innen-Organisationen, jüdischen Gemeinden, Vereinigungen von Sinti und Roma, Schwulen und Lesben; mit antirassistischen Gruppen, fortschrittlichen Arbeiter_innen und Gewerkschafter_innen, Arbeitsloseninitiativen, Student_innen, Schüler_innen... mit Euch!

Es gilt, den antifaschistischen Kampf mit dem Kampf gegen den Staat zu verbinden, ihn auf eine breite gesellschaftliche Basis zu stellen und offensiv zu führen.

Raus aus der Isolation, raus auf die Straße! Demonstriert mit uns in Gedenken an Silvio Meier und alle anderen von Nazis und staatlichem Rassismus Ermordeten! Kampf den Nazis! Kampf dem Staat! - Antifa heißt Angriff!


Aufruf zur SILVIO-MEIER-DEMONSTRATION 2011
Rise up! Antifa heißt Angriff! Silvio Meier Demo

Mit dem Mist, gegen den wir tagtäglich ankämpfen, ließe sich eine ganze Enzyklopädie füllen: Gewalttätige Nazis, sexistische Anmachen, alltäglicher Rassismus, repressive Maßnahmen vom Amt, stupide Hausaufgaben, Leistungsterror vom Chef, ätzende Kontrollen in der Bahn, Dauerüberwachung der Straßen und verstärkte Polizeipräsenz durch „Brandstreifen“ sind nur ein kleiner Teil der der Dinge, auf die wir keinen Bock mehr haben. Glücklicherweise gibt es auch Lichtblicke: Solidarischen Umgang in Freundeskreisen und Politgruppen, selbstorganisierte Freiräume und immer wieder auch Widerstand. Kleine und große Orte oder Ereignisse, an welchen erkennbar wird, dass es auch anders geht, an welchen wir merken, dass wir nicht alleine sind!

Erinnern heißt kämpfen …
Vor 19 Jahren wurde Silvio Meier am U-Bhf Samariterstraße von Neonazis ermordet. Nur noch wenige von uns kannten ihn persönlich. Doch verbindet uns mit ihm der gemeinsame Wunsch nach einer befreiten Gesellschaft. Silvio engagierte sich in der DDR in selbstorganisierten Gruppen und nach 1989 in der Hausbesetzer_innen-Bewegung. Angesichts der Welle rassistischer Pogrome und der regelmäßigen Angriffe auf Linke wehrte er sich offensiv gegen Neonazis. Sein antifaschistisches Engagement kostete ihn am 21. November 1992 das Leben und der Bewegung einen wichtigen Aktivisten. Nichts was wir jemals vergessen werden. Ein Neonazi, mit dem er und seine Freund_innen zuvor eine Auseinandersetzung wegen dessen nationalistischen Aufnäher hatten, erstach ihn. Im Gedenken an Silvio und allen Opfern rassistischer und faschistischer Morde wollen wir nicht still verharren, sondern unsere Wut auf die Straße tragen und auch heute gegen Neonazis und für eine solidarische Gesellschaft kämpfen.

Aktuelle Nazisituation in Berlin
Im Vorfeld der Abgeordnetenhauswahl haben die Neonazis, rund um den „Nationaler Widerstand“ (NW) Berlin und der NPD, Berlin mit Kleinstaufmärschen und -kundgebungen überzogen. Gleichzeitig haben sie ihre gewalttätige Kampagne gegen linke Hausprojekte, Läden und Personen intensiviert. Mit den Brandanschlägen auf unsere Projekte im Juni fanden diese Angriffe ihren bisherigen Höhepunkt. Vor allem in Schöneweide und Teilen des Berliner Umlandes ist es ihnen gelungen sich festzusetzen. Nach erfolgreichen antifaschistischen Interventionen der letzten Jahre verfügen sie nur noch dort über eine gefestigte Infrastruktur. Außer dem Henker in Schöneweide und der NPD Zentrale in Köpenick ist ihnen in Berlin nicht viel geblieben. Sie versuchen jedoch mit dem Hexogen (Schöneweide) und dem Laden in der Lückstraße 58 (Lichtenberg) wieder neue Basen aufzubauen. Doch jeder verbliebene Rückzugsraum, ob Laden oder WG, dient ihnen als Ausgangspunkt für Übergriffe und Aktionen. Diese Zustände zwingen uns ihnen weiterhin und vermehrt Widerstand entgegen zu setzen. Mit Aufklärung über ihre Ideologie und Netzwerke, sowie der Unterstützung lokaler Initiativen und militanten Angriffen auf ihre Kader und Lokalitäten sind wir ihnen in den letzten Monaten immer mal wieder auf die Pelle gerückt. Doch das war bisher nicht genug: Es gilt weiterhin ihre Strukturen auch in den letzten Berliner Bezirken und darüber hinaus zu zerschlagen; reaktionäres Gedankengut in der gesamten Gesellschaft zurückzudrängen. Deswegen überlassen wir den Nazis keinen Kiez kampflos und statten ihnen mit der Silvio Meier Demo einen Besuch in Lichtenberg ab!

Der Staat (k)ein Freund und Helfer?!
Doch stehen uns bei diesem Kampf immer wieder die Bullen entgegen. In den letzten Monaten behindern die Berliner Cops antifaschistischen Widerstand nicht nur durch den gewohnten martialischen Schutz der Neonazis, sondern auch mit einer neuen Geheimhaltungspolitik. Nur durch intensive Recherchen wurden die letzten Neonazi-Aufmärsche und -Kundgebungen in Berlin kurz vorher bekannt und es konnte Widerstand organisiert werden. Bei dem Versuch der Nazis im Mai in Kreuzberg zu demonstrieren, waren die Uniformierten nicht gewillt oder fähig vermeintliche Migrant_innen oder Linke vor Naziangriffen zu schützen. Ihre alleinige Mission war der Schutz der Nazis und ihrer Veranstaltung. Das zeigt nur wieder einmal, dass sich Antifaschist_innen nicht auf den Staat verlassen sollten, sondern nur durch noch mehr selbstorganisierten Widerstand und Selbstschutz langfristig erfolgreich sein können.

Der Staat zeigt seine Zähne …
Wie der Staat auf erfolgreichen antifaschistischen Widerstand reagieren kann, zeigt die Repression in Dresden anlässlich der Verhinderung der Naziaufmärsche. Hier kommt das ganze Repertoire an Überwachungsmaßnahmen zum Einsatz, was in einem andauernden §129-Verfahren gegen antifaschistische Strukturen in Sachsen und darüber hinaus mündete. Doch gelang es den Repressionsbehörden weder die breiten Bündnisse zu spalten, noch die antifaschistischen Strukturen zu zerschlagen. Auch Berlin wird seit Monaten mit Bullen überzogen. Angeheizt durch die Debatte über brennende Autos wird versucht, das ganze Stadtgebiet mit zivilen Streifen und Hubschraubern unter Dauerobservation zu stellen. Immer wieder werden Aktivist_innen von den Handlangern des Staates gecasht und eingeknastet, meist mit aus den Fingern gesogenen Anklagen. Erst am 28. September wurde uns mit Tobias schon wieder ein Freund und Mitstreiter geklaut. An einzelnen Tagen sind dank der Unterstützung durch die Bundespolizei bis zu 650 zivile Schnüffler_innen unterwegs. Mit dem Ziel, Szene-Treffpunkte zu „befrieden“, werden Straßenparties aufgelöst und ganze Straßenzüge videoüberwacht. Doch auch diese Maßnahmen haben nicht die gewollte Wirkung, sondern heizen die Wut auf diesen Staat und die Bullen nur weiter an. Diese wird immer wieder offensiv auf die Straße getragen, wie auf der Demonstration zum Gedenken an den von Cops getöteten Carlo Guilani. Während die Teilnehmer_innen die unvorbereiteten, wie gewohnt aggressiven Bullen angriffen, ließen sie den Kreuzberger Kiez unberührt.

unite and fight
Nach wie vor bestehen in der Stadt linke Freiräume. Diese Wohnprojekte und WGs sind Orte des Widerstands gegen die voranschreitende Disziplinierung und Kommerzialisierung der Kieze – gegen Ordnungswahn und Überwachung, gegen die Vertreibung von Wohnungs- und Mittellosen und den Zwang für alles blechen zu müssen. Daher ist es kein Wunder, dass diese Freiräume regelmäßig mit Repression überzogen werden. Dass wir entschlossen sind, diese zu verteidigen, durfte Berlin vor, während und nach der Räumung der Liebig 14 spüren. Im Kampf für die Liebig 14 hat sich die Wut auf Mietsteigerungen und Verdrängungen aus unseren Kiezen gebündelt. Doch dies war kein einmaliges Ereignis. In etlichen Kiezen organisieren sich Mieter_innen zum Beispiel in Stadtteilinitiativen; tragen ihre Proteste gemeinsam auf die Straße gegen Flächendeckende Mietsteigerungen; versuchen Leute sich Wohnraum und öffentliche Plätze durch Besetzungen wieder anzueignen und Vorzeigeprojekte wie MediaSpree zu sabotieren.

let's get organized! - join your local antifa
Diese Kämpfe um ein besseres Leben im Hier und Jetzt sind gleichzeitig Kämpfe für ein besseres Morgen. Sie sprengen Breschen in die erdrückende Realität. Lassen uns kollektives Leben und solidarischen Umgang spüren und erproben. Sie lassen uns im Widerstand die Freiheit fühlen. Wir wollen die Selbstorganisation ausbauen und überall Widerstandsherde entfachen: in der Schule und der Uni, bei der Arbeit und auf dem Amt, im Stadtteil und weltweit. Immer in der Hoffnung diese zu einem Flächenbrand, zu einem Aufstand gegen Nazis, Staat und Kapital ausweiten zu können.

Doch Widerstand braucht Menschen. Menschen wie du und ich, die sich zusammen organisieren und aktiv versuchen, die Zustände in dieser Gesellschaft zu verändern; die ihre Wut und ihren Willen nach außen tragen und gegen Fremdbestimmung und Unterdrückung auf die Straße gehen. Ob in Miet- oder Wohngemeinschaften, Politgruppen , in Veranstaltungskollektiven – vom Widerstand zum Flächenbrand! Werde aktiv!


Aufruf zur SILVIO-MEIER-DEMONSTRATION 2012
Erinnern heißt Kämpfen - Den antifaschistischen Selbstschutz organisieren

Damals ...
„Faschismus tötet! Hier wurde heute Nacht der 27 Jährige Silvio von Nazis ermordet.“ So war es noch am Tag des Mordes an Silvio Meier, am 21.11.1992 zu lesen. Für seine Freund*innen stand der nazistische Hintergrund der Tat von Anfang an fest. Hatten doch seine Begleiter*innen die Angreifer*innen als Nazis erkannt und dies auch von Anfang an so gesagt.

Anders die Bullen: Trotz eindeutiger Aussagen wurde die Tat nicht nur entpolitisiert, auch wurde versucht einen Freund Silvios noch frisch opperiert im Krankenhaus zu einer Falschaussage zu zwingen. Als sich die Lüge von der „Auseinandersetzung rivalisierender Jugendbanden“ nicht mehr halten ließ, wurde den Linken in Einvernehmen mit dem Mörder die Schuld an dem Geschehen gegeben. So wurde ihnen eine Schreckschusswaffe und das Ziehen der Messer angedichtet. Als sich auch diese Lüge nicht mehr halten ließ, waren natürlich trotzdem die Betroffenen Schuld, die nur „sehr zögerlich“ (Polizei-Vize Dieter Schenk) mit der Polizei gesprochen hätten, außerdem sei das Problem sowieso nur der „Extremismus“. Die Nazi-Bedrohung wurde weiter verharmlost und es blieb den Betroffenen, den Antifas und engagierten Einzelpersonen überlassen, sich dagegen zu wehren.

... wie heute
Heute, bald 20 Jahre später, sind mindestens 189 Menschen der nach der „Wende“ neu erstarkten Nazi-Szene zum Opfer gefallen. Und auch wenn der "Kampf gegen Rechts" in keiner Amtsantrittsrede eines Innenministers, Polizeipräsidenten oder sonst wie repressiven Staatsvertreters fehlen darf, zählen sie dort nur 58 Tote, lassen Antifa-Camps verbieten und prügeln Naziaufmärsche durch.

Wie viel Verlass auf diesen staatliche "Kampf gegen Rechts" ist, wurde wieder mal deutlich, als im November letzten Jahres die Mordserie des sogenannten Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) aufflog. Damit kam ans Licht, dass es sich bei der von Bild und Co. als „Dönermorde“ bezeichneten Mordserie, entgegen aller Annahmen in Wirklichkeit um eine rechte, rassistisch motivierte handelte.

Enver Şimşek, Abdurrahim Özüdoğru, Süleyman Taşköprü, Habil Kılıç, Mehmet Turgut, İsmail Yaşar, Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubaşık, Halit Yozgat wurden von Nazis ermordet. Dass von manchen Angehörigen schon vorher dieser Verdacht geäußert wurde, ignorierten die Bullen und schoben die Opfer und ihre Familien lieber direkt in die Ecke der organisierten Kriminalität. Rassistische Gewalt stand nicht zur Debatte.

Staat und Nazis ...
So schockierend diese neue Organisiertheit des nazistischen Mordens war, umso erschreckender wurde und wird es in Kombination mit den immer neuen Enthüllungen über den organisierten Unwillen von Seiten des Staates, ohne den so etwas sicher nicht hätte stattfinden können. Im Thüringer Heimatschutz, der Organisation die die Zwickauer Zelle hervorgebracht und deren Mitglieder maßgeblich hin zu ihrem militanten Nazitum politisiert hatte, waren nach aktuellen Angaben 35 bis 45 V-Leute, auch in Führungspositionen, aktiv. Mit den Geldern die vom Verfassungsschutz zu diesen flossen, wurde der Thüringer Heimatschutz maßgeblich mitfinanziert.

Beinahe wöchentlich tauchen neue Enthüllungen, Gerüchte und Dokumente über die Kontakte verschiedener Behörden zu NSU-Mitgliedern auf. Sei es der Spitzelanwerbeversuch des Militärischen Abschirmdienstes, ein NSU-Unterstützer als V-Mann des Berliner LKAs oder die Anwesenheit von Angestellten des Verfassungsschutzes an manchen Tatorten. Was davon nun Zufall war, organisierter Unwille oder gar Kalkül können wir heute noch nicht sagen. Sicher ist aber, dass, wenn mal wieder etwas ans Licht kommt, Fakten verschwiegen, Akten zurückgehalten oder wie beim Verfassungsschutz gleich vernichtet werden. Die politischen Schlüsse, die in herrschenden Kreisen daraus gezogen werden, sind denkbar absurd.

Der Verfassungsschutz soll zentralisiert werden, mehr Befugnisse erhalten und allgemein effizienter gestaltet werden. So fordert es zumindest Innenminister Friedrich. Für uns steht aber fest: Wenn in diesem Land eine Institution, die jahrelang Nazis mit Geld und Waffen unterstützt, Mordermittlungen behindert und wenn das ganze dann ans Licht kommt, schleunigst die betreffenden Akten schreddert, nicht etwa aufgelöst sondern gestärkt werden soll, wird klar, dass das Problem nicht nur beim Verfassungsschutz zu suchen ist.

... angreifen!
Ein Staatsapparat, der von nicht wenigen Nazis mit aufgebaut wurde, seine Sicherheitsbehörden jahrelang antikommunistischem getrimmt hat, immer wieder mit rassistischer Stimmungsmache kokettiert und dem zu jeder noch so schockierenden Aktion von Nazis nichts als eine noch verlogenere Imagekampagne einfällt, ist Teil des Problems, nicht der Lösung.

Heute, wie vor 20 Jahren, es bleibt dabei: Gegen Nazis aller Couleur hilft nur der antifaschistische Selbstschutz. Auf den deutsche Staat samt seiner Behörden ist dabei nicht nur kein Verlass, er gehört schlicht mit auf den Müllhaufen der Geschichte.

Erinnern heißt Kämpfen: Nazis, Staat, Verfassungsschutz - Angreifen, Zerschlagen, Auflösen!


Aufruf zur SILVIO-MEIER-DEMONSTRATION 2013
Kein Vergeben – Kein Vergessen!
Antifa in die Offensive!

Am 21.11.1992 wurde der Antifaschist und Hausbesetzer Silvio Meier auf dem U-Bahnhof Samariter Str. von Neonazis ermordet. Dies geschah inmitten einer Hochphase von rechter Gewalt in Deutschland, als Asylheime in Lichtenhagen und Wohnhäuser in Mölln und Solingen brannten. Ihm und allen anderen Opfern rechter Gewalt wollen wir mit unserer Demonstration gedenken. Wir wollen aber auch dem aktuellen rassistischen Diskurs, Nazis und der staatlichen Repression entgegentreten und zeigen dass es an uns liegt den Widerstand zu organisieren.

Zur Zeit zeigen sich institutioneller und gesellschaftlicher Rassismus in Berlin und ganz Deutschland wieder verstärkt in der Hetze gegen Asylsuchende. Es begann vor einigen Monaten mit der Debatte um die mittlerweile eröffnete Notunterkunft für Geflüchtete in Marzahn-Hellersdorf. Dort macht die von der Berliner Neonaziszene mit aufgebaute »Bürgerinitiative Marzahn-Hellersdorf« seit einer Bürgerversammlung im Juli Stimmung gegen die Unterkunft.
Seitdem kam es auch in anderen Bezirken und Städten verstärkt zu rassistischer Stimmungsmache, wie beispielsweise in Duisburg, Leipzig, Rackwitz oder Schneeberg.

Die Geflüchteten haben nicht nur mit einer weit verbreiteten rassistischen Grundstimmung in der Gesellschaft zu kämpfen, sondern auch mit einer menschenunwürdigen Asylpolitik. Durch die Residenzpflicht ist ihre Freizügigkeit eingeschränkt. Sie bekommen Fresspakete und Gutscheine anstelle von Geld und werden oftmals in Sammellagern untergebracht. Dazu müssen sie in ständiger Angst leben wieder abgeschoben zu werden da die meisten Asylanträge abgelehnt werden. Die europäische Dublin II- Verordnung etablierte ein neues Level im Kampf gegen Geflüchtete, dem noch weitere Maßnahmen folgten. Der hochgerüsteten Flüchtlingsabwehr an den europäischen Außengrenzen fielen in den letzten 20 Jahren ca. 20.000 Menschen zum Opfer. Die Staaten an den europäischen Außengrenzen sollen auch die restlichen Geflüchteten abwehren.

Griechenland stellt momentan einen Kernpunkt dieser europäischen Abschottungspolitik dar. Massive und oft tödliche Grenzkontrollen sowie die Internierung in grenznahen Auffanglagern sollen Flüchtlinge abhalten. Von Asylanträgen, wenn sie überhaupt gestellt werden können, enden nicht mal 0,1% positiv. Die EU-geförderte Operation mit dem zynischen Namen »Gastfreundliche Zeus«, welche bisweilen nicht einer Kontroll- sondern einer Säuberungsaktion gleichkommt, brachte bislang über 5000 Geflüchtete in Auffanglager. Die prekäre illegalisierte Existenz ohne Arbeit und Geld, die Angst vor 1,5 Jahren Abschiebehaft und offen zu Tage tretender Hass in Form von täglichen Angriffen durch Bullen und Nazis stellen den Alltag griechischer Asylbewerber dar und drängen sie dazu, erneut zu flüchten. Die Drittstaatenregelung kommt somit einer gewaltsamen Abschiebung gleich. Immigranten und andere Randgruppen müssen in Politik und Medien als Erklärung für wachsende Kriminalität, Krankheiten und finanziellen Missstand herhalten. Diese faschistische Rhetorik benutzt der Staat um von der Krise abzulenken, zu spalten und eine nationale Identität zu stärken. Squats und Streiks werden von den Bullen geräumt, Immigranten von Nazis ermordet und antifaschistische Aktionen gemeinsam angegriffen. Jüngster Höhepunkt in Griechenland war der Mord an dem antifaschistischen Aktivsten Pavlos Fyssas am 18.9.2013 durch ein Parteimitglied der rechten Partei Chrysi Avgi. Die danach geübte Solidarität in Deutschland zeigt, dass der Kampf in Griechenland gegen die Repression des kapitalistischen System auch unser Kampf in Deutschland ist. So bleiben 20 Jahre nach dem Mord an Silvio Nazi-Morde traurig aktuell. Am 5. Juni 2013 wurde Clément Méric von einem Nazi aus dem Umfeld »Jeune Nationaliste Révolutinaire« und dem »Troisième Voie« bewusstlos geschlagen und verstarb daraufhin im Krankenhaus. Den vorläufigen Höhepunkt einer langen Reihe von Ermordeten in Deutschland, bildeten die ans Licht gekommen Taten des sogenannten NSU. Über Jahre konnten Nazis quer durch Land reisen und Menschen töten. Als Tatverdächtige der Mordtaten wurden nicht etwa Neonazis vermutet sondern die Angehörigen und ihr direktes Umfeld. Ursache für diese Täter-Opfer-Verkehrung kann nicht allein im Versagen der Behörden gesucht werden, sondern vielmehr im institutionellem Rassismus. Das Ganze fand unter der wohlwollenden Aufsicht der Geheimdienste und Behörden statt, welche jedoch gegen antifaschistischen Aktivist*innen sehr engagiert arbeiten.

In den letzten Monaten haben bundesweit wieder vermehrt Hausdurchsuchungen und andere Repressionsschläge gegen linke Aktivist*innen stattgefunden. So wurden beispielsweise vor knapp zwei Monaten mehrere Wohnungen und Hausprojekte von über 400 Bullen durchsucht und Teile Friedrichshains befanden sich über Stunden in einem Belagerungszustand. Als Begründung für diese Maßnahmen musste eine Auseinandersetzung mit der Berliner Polizei und ein wenig Farbe auf ein Jobcenter herhalten. Vor wenigen Wochen kam es erneut zu Hausdurchsuchen in Kreuzberg. Ebenfalls in Frankfurt/Main geht die Justiz gegen Blockupy-Aktivist*innen vor, um der rechtswidrigen Einkesselung der Demonstration einen Anschein von Rechtsstaatlichkeit zu geben. Blockaden von Naziaufmärschen werden bundesweit kriminalisiert. Einen Höhepunkt der Kriminalisierung der Blockaden stellt das Urteil gegen Tim dar, der für die angeblichen Worte »Kommt nach vorne!« bei einer Dresdener Demo gegen Nazis zu einer Haftstrafe verurteilt wurde.
Wir wissen: Betroffenen sind immer einzelne aber gemeint sind wir alle. Unsere Solidarität gegen ihre Repression!

Aber es regt sich auch Widerstand!
Viele Flüchtlinge lassen sich nicht länger bevormunden. In einem bundesweiten Marsch von Würzburg nach Berlin kamen im letzten Jahr hunderte Betroffene nach Berlin und errichteten ein Camp am Oranienplatz mitten in Kreuzberg. Viele Anwohner*innen haben das Camp auf unterschiedlichste Weise unterstützt: Es gab unzählige Spenden, es wurde Geld gesammelt, Infrastruktur zur Verfügung gestellt, Schichten vor Ort übernommen und sich öffentlich mit dem Anliegen der Flüchtlinge solidarisiert. Auch in Hellersdorf und Hamburg haben sich Anwohner*innen zusammengeschlossen und Bündnisse gegründet, um die Geflüchteten zu unterstützen und der rassistischen Stimmung etwas entgegen zu setzen. Im Mai 2013 fanden bundesweit antirassistische Demonstrationen, Veranstaltungen und andere Aktionen statt, welche an die faktische Abschaffung des Grundrechts auf Asyl vor 20 Jahren erinnerten und sich für eine Änderung der rigiden Flüchtlingspolitik einsetzten.

Es liegt an uns selbst aktiv zu werden und sich zu wehren gegen Nazis und Rassisten, gegen staatlichen Rassismus und Repression. Wir vertrauen dem Staat und seinen Handlangern nicht. Nicht bei der Aufklärung der NSU-Morde, nicht beim NPD-Verbot, nicht in der Frage einer menschlichen Flüchtlingspolitik und auch nicht wenn in aller Frühe unsere Wohnungen durchsucht werden. Ganz egal wo sich Menschen den Nazis und Rassisten in den Weg stellen, egal wo sie sich gegen staatliche Repressionen und die kapitalistischen Verhältnisse wehren – sei es in Griechenland, Frankreich, Finnland, Bulgarien oder Deutschland – wir stehen an ihrer Seite.

Wir organisieren uns, wir bilden uns – wir kämpfen.