Prozesse gegen Nazi-Schläger nach über fünf Jahren eingestellt
Vor mehr als fünf Jahren, im Mai 2011, wollten Berliner Nazis am Mehringdamm aufmarschieren. Bis kurz zuvor versuchten die Berliner Bullen Gegenproteste durch ein Verwirrspiel zu verhindern. Am Ende nutzen die Nazis dies um die Bullen zu überrennen und griffen Menschen im U-Bahnhof und Gegendemonstrant*innen in einer Blockade an.
Die Bullen verschleppten die Ermittlungen von Anfang an. Während vier auf dem Boden sitzende Antifaschist*innen von dem Naziaufmarsch überrannt wurden, schauten die meisten Bullen teilnahmslos zu. Nach ihrem Übergriff konnten die Nazis, die schließlich erfolgreich blockiert wurden, unbehelligt nach Rudow fahren, wo sie eine weitere Spontandemo anschlossen. Erst hier wurden ein Teil schließlich festgenommen.
Wie sich spätestens aus dem Akten zeigte, nahmen die Bullen Ermittlungen erst auf als Antifaschist*innen Fotos und Namen der beteiligten Nazis veröffentlichten. Obwohl die Bullen zusätzlich zu den veröffentlichten Fotos noch über weit mehr Bildmaterial verfügte, wurden die Ermittlungen systematisch verschleppt.
Erst im November 2014 - 3 1/2 Jahre nach den Übergriffen - wurden einige der beteiligten Nazis nach Jugendstrafrecht angeklagt. Dank der langen Zeit, die seit den Taten vergangen war, durfte sich die Nazis über milde Urteile freuen: Marcel Thomas (Ilmenau) und Felix Tonn (Eilenburg), die beide am Fronttransparent standen und den Naziaufmarsch direkt in die sitzenden Antifaschist*innen führten, wurden jeweils zu 50 Sozialstunden und einigen hundert Euro Strafe verurteilt. Auch Robert Hardege, dem mindestens ein Tritt nachgewiesen werden konnte und der zum Tatzeitpunkt wegen Mordversuch und schwerer Brandstiftung auf Bewährung war, kam mit 80 Sozialstunden davon. David Gudra durfte sich gar über einen Freispruch führen.
Diese Urteile ließen für die folgenden Prozesse nichts gutes erwarten - und so kam es dann auch Mitte November. Mittlerweile 5 1/2 Jahren waren seit dem Übergriff vergangen. Erst jetzt standen fünf weitere Nazis vor Gericht. Sebastian Zehlecke, Michael Machner, Steve Reinhold und Dennis Kittler durfen sich unter Verweis auf die lange Verfahrensdauer über eine Einstellung gegen Geldstrafe freuen. Das Verfahren gegen Christian Schmidt, der am Folgetag in einem anderen Verfahren wegen „versuchter Nötigung“ zu einer Geldstrafe von 1500 Euro verurteilt und Mitte Dezember noch einmal 60 Tagessätze erhielt, wurde abgesplittet und soll mit weiteren Taten gemeinsam später verhandelt werden. Jens Heller akzeptierte einen Strafbefehl über 90 Tagessätze. Das Verfahren gegen Martin Siegert war bereits zuvor abgesplittet wurden. Der Widerspruch der Nebenklage gegen diese Farce hat das Gericht nur zur Kenntnis genommen.
Während Aaron, Balu und Thunfisch nach der Rigaer94-Demo monatelang in U-Haft saßen bzw. sitzen, verschleppt die Berliner Justiz Verfahren gegen die Nazischläger über Jahre und verschafft ihnen so lächerlich milde Urteile. Dies zeigt einmal mehr, dass wir uns im Kampf gegen Nazis nicht auf den Staat verlassen können. Wie andere Antworten auf Naziübergriffe aussehen können, haben Antifaschist*innen in Leipzig Mitte November gezeigt.
P.S.: Die angehängten Fotos von den Tätern deren Verfahren nun eingestellt wurden, hatten Antifaschist*innen bereits 3 Tage nach dem Aufmarsch veröffentlicht.
Erstveröffentlichung auf Indymedia Linksunten am 1. Februar 2017
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