Stoppt die rassistischen Brandstifter*innen. Antifa bleibt notwendig. In Gedenken an Silvio Meier
+++ 21. November 13 Uhr Mahnwache, U-Bhf Samariterstr. +++ 15 Uhr Antifaschistische Demonstration, S-Bhf Marzahn / Eastgate +++ 30. November NPD-Aumarsch in Marzahn stoppen +++
Die Zeiten sind bitter: Nahezu täglich gibt es Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte, an den Wochenenden wüten Mobs aus Nazis und rechten Hooligans mit Zustimmung der lokalen Bevölkerung durch deutsche Kleinstädte. An jedem beschissenen Montag grüßt PEGIDA und führt der antifaschistischen Bewegung ihre scheinbare Ohnmacht vor. Anstatt etwas gegen die rassistische Stimmungsmache zu tun, macht der Staat, was er am besten kann: den Dialog mit den Täter*innen suchen und Geflüchtete bekämpfen. Viele fühlen sich an die 90er Jahre erinnert und spätestens seit Heidenau wissen wir, dass sich rassistische Pogrome, wie in Rostock-Lichtenhagen, Mölln oder Hoyerswerda, wiederholen können. Damals gipfelte eine ähnliche Stimmung im Ostberliner Bezirk Marzahn in einem Mord. So wurde 1992 Nguyễn Van Tu von Rassisten erstochen. Höchste Zeit also für uns als Antifaschist*innen schlagkräftige Gegenwehr zu organisieren: Gegen die Rassist*innen, den Staat, und die Gesellschaft, die diese Scheiße überhaupt erst möglich macht.
Es gibt (k)einen ruhigen Randbezirk
Berlin gilt als tolerante und weltoffene Stadt; Rassismus hat hier angeblich „keinen Platz“ (Dilek Kolat). In den letzten Monaten wurde eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass vielmehr diese möchtegern-couragierten Bekundungen keinen Platz in der Realität haben. In mehreren Stadtteilen ist es zu wöchentlichen Demonstrationen sogenannter besorgter Bürger*innen gekommen. Mal wurde gegen Geflüchtetenunterkünfte Sturm gelaufen, mal das Abendland verteidigt. Insbesondere Marzahn-Hellersdorf tut sich in den letzten drei Jahren wieder verstärkt als Homezone der Menschenfeinde hervor. Nirgendwo sonst konnte eine Anti-Heim-Initiative soviel beständige Arbeit entfalten und zugleich massive Beteiligung durch die örtliche Bevölkerung erfahren. Zwar geht es mit den Montagsdemonstrationen (vorerst) nicht mehr weiter. Doch noch heute, ein Jahr nach Beginn der jüngsten rassistischen Mobilisierungswelle in Berlin, kommt es regelmäßig zu Beleidigungen und Übergriffen auf Geflüchtete, Linke und Bürger*innen, die den rassistischen Konsens nicht mittragen wollen.
Noch immer stellen ansässige Nazi-Aktivist*innen wie René Uttke und Patrick Krüger eine regelmäßige Kundgebung gegen den phantasierten deutschen Volkstod auf die Beine. Sie lassen ihrem völkischen Gerede aber auch Taten folgen. Vom Senat an den Rand der Stadt abgeschoben, stehen Menschen auf der Flucht in Mahrzahn-Hellersdorf im Fokus der rassistischen Gewalt. Die örtliche Nazi-Clique lässt offenbar keine Möglichkeit aus, um ein Bedrohungsszenario für die Bewohner*innen der neuen Heime aufzubauen. In den letzten sechs Monaten versuchten Schlägermobs die Eingänge zu blockieren, in das Heim einzudringen, drohten Kindern mit gezückten Messern, schlugen Bewohner*innen und warfen Flaschen und Brandsätze auf die Heime. Den versuchten Brandanschlag verübte u.a. eine tragende Figur der BärGiDa-Proteste und Mitbegründer des mittlerweile aufgelösten “Bündnis Deutscher Hools”: Enrico Schottstädt.
Die Vorkommnisse der letzen Monate sind nur die Spitze des Eisbergs. Das rassistischen Klima reicht von unzähligen Propagandaaktionen bis zu alltäglichen Beleidigung auf dem Spielplatz. Nur wenige Anwohner*innen solidarisieren sich. Bezirk und Senat beziehen weder klar Stellung zu ihrem Nazi-Problem, noch zu der Entscheidung, Heime in eine Umgebung mit schlechter Infrastruktur zu errichten.
Wer Deutschland nicht liebt, hat Deutschland verstanden
Diese ekelhafte Ignoranz gegenüber dem Leid von Geflüchteten ist eine Stimmung in der gesamten Bundesrepublik. Sie wird damit gerechtfertigt, dass „man genug eigene Probleme“ habe. Die Ursache für unsichere Arbeitsverhältnisse, Hartz IV und soziale Ausgrenzung wird nicht beim Arbeitsamt, dem Chef oder dem kapitalistischen Wirtschaftssystem gesehen, sondern den Migrant*innen angeheftet. Und so wird den falschen Argumenten von Nazis und rechten Hetzer*innen auf den Leim gegangen. An der sozialen Misere ändert sich nichts, wenn diejenigen angegriffen werden, denen es noch dreckiger geht, anstatt die Herrschaftsverhältnisse und ihre politischen Verwalter*innen anzugehen. Die Regierung besitzt in dieser Situation die Dreistigkeit, die Hilfsbereitschaft gegenüber Geflüchteten für das internationale Image der Bundesrepublik zu vereinnahmen. Gleichzeitig behaupten die Behörden zunehmend, es würde selbst an der Infrastruktur fehlen, um die Ankommenden in die Elendsverwaltung der Lager zu stecken. Das hat aber nichts mit Mangel zu tun, sondern es ist – ebenso wie der weitere Abbau des Asylrechts – ein Mittel, um den Migrant*innen zu sagen: Ihr seid in Deutschland nicht willkommen!
Avanti, Antifa!
Die Zeiten sind beschissen. Aus antifaschistischer Perspektive ist es deswegen umso wichtiger, endlich aus der Schockstarre zu erwachen und unsere liebgewonnenen Handlungsweisen zu überdenken. Antifaschismus heißt nach wie vor, dorthin zu gehen, wo es brennt. Praktische Solidarität bedeutet jetzt: Sich dem Rassismus auf der Straße mit allen notwendigen Mitteln entgegenzustellen. Wir müssen Kontakte zu geflüchteten Menschen in unserer Nachbarschaft aufbauen, uns austauschen und gemeinsam kämpfen; der Zivilgesellschaft zeigen, dass ihr Antirassismus nur dann etwas bringt, wenn er sich gegen den Staat richtet. Wo immer es geht, muss der deutsche Nationalismus angegriffen werden. In Berlin bedeutet das vor allem, wieder und wieder die sichere Innenstadt zu verlassen, in Orten wie Marzahn, Köpenick, Hohenschönhausen und Buch präsent zu sein und dort den bürgerlichen und radikalen Rassist*innen Druck zu machen. Damit sie nicht noch weiter auf der Straße, am Arbeitsplatz oder im Privaten den gesellschaftlichen Rassismus befeuern können, müssen Nazis und Reaktionäre überall auf unseren konsequenten Widerstand treffen. Sagen wir gemeinsam Staat, Nazis und Rassist*innen den Kampf an! Also kommt mit uns am 21. November auf die Straßen Marzahns!
In Gedenken an Silvio Meier und alle anderen von Nazis Ermordeten. In Gedanken bei Valentin, Gülaferit und allen weiteren gefangenen Antifaschist_innen.
21.11. | 13 Uhr Mahnwache | U-Bhf Samariterstraße
21.11. | 15 Uhr Antifaschistische Demonstration | S-Bhf Marzahn / Eastgate
Veranstaltungen im Vorfeld
- 16.11. 19:15 - Syndikat - Rote Hilfe Berlin Antirep Veranstaltung Einladung
- 18.11. 17:30 S-Bhf Marzahn Kiezspaziergang im Gedenken an die rassistischen Morde mit anschließender Vokü im LaCasa Infos
Silvio Meier Bündnis 2015
Infobox: Silvio Meier war ein Aktivist der linken Szene in Berlin, der am 21. November 1992 auf dem U-Bahnhof Samariterstraße in Berlin-Friedrichshain von Neonazis ermordet wurde. Seitdem findet einmal jährlich zum Todestag am U-Bahnhof Samariterstraße eine Mahnwache und eine organisierte Gedenkdemonstration statt. Unsere Forderung „Silvio Meier heißt dahingehen wo es brennt“ führt dieses Jahr dazu, dass die alljährliche antifaschistische Demonstration in Marzahn-Hellersdorf stattfindet. Denn dort spielen sich zurzeit Szenen ab, die in Friedrichshain schon lange zum Glück nicht mehr vorkamen. Flüchtlinge werden fast täglich angegriffen, antifaschistische Jugendliche von Neonazis tyrannisiert und im letzten Winter gingen dort bis zu 1000 rassistische Anwohner*innen wöchentlich auf die Straße. Deshalb geht mit uns auf die Straße und stoppt die rassistischen Brandstifter*innen!
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