Wieder Wahlkampf in Berlin
Die Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen im September 2021 (1) sollen aufgrund vieler Pannen wiederholt werden (2). Dadurch könen alle Parteien sich noch einmal neu verkaufen. Die Mehrheitsverhältnisse können sich ändern und eventuell sogar die Regierungen in den Bezirken und im Land Berlin. Für die Wiederholungswahl gelten die selben Kandidat*innen bzw. Wahlvorschläge wie von 2021 (mit wenigen kleinen Ausnahmen). Auch die Infos und Vorschläge zur Sabotage der Wahl aus dem Kontrapolis-Artikel "Berlin im Wahlkampffieber“ (https://kontrapolis.info/4676/) von 2021 gelten weiterhin. Seit dem 2. Januar 2023 hängen die Parteien auch wieder Wahlplakate an die Laternen und sind im Straßenwahlkampf. Am 12. Februar wird dann gewählt. Was ist anders?
Über die Wiederholung der Wahl freuen sich bisher vor allem CDU und AfD. Beide liegen in den aktuellen Umfragen (3) jeweils 4% über ihren 2021er Werten. Dass die aktuelle Regierung aus SPD-Linke-Grüne für viele Berliner*innen unwählbar geworden ist, dürfte zudem zu einer geringeren Wahlbeteiligung führen. Statt der 75% der Wahlberechtigten von 2021, werden sich am Sonntag in vier Wochen wohl nicht mehr so viele animieren lassen, ihre „AfD-Verhinderungsstimme“ an R2G zu verschleudern, sondern zu Hause bleiben. Ein bisschen versucht „DeutscheWohnen und Co Enteigenen“ dagegen zu argumentieren - man solle nur die wählen, die sich positiv zum erfolgreichen Volksentscheid geäußert haben (4). Die Hoffnung (5) allerdings, dass die klägliche Politik der Linkspartei und Grünen (in Berlin, wie aber auch bundesweit), vergessen wird, ist gering (6). Das alles wird die Rechten unterm Strich stärken, die nun natürlich massiv zu den Wahlurnen trommeln. Was erwartet uns also in den folgenden Wochen?
Die Wahlkampfbudgets sind ähnlich hoch wie 2021. Die AfD wird wohl wieder rund 500.000 Euro für Plakate und Weiteres ausgeben (7). Die kleineren rechten Parteien hingegen, die unter 1% der Stimmen geholt haben, sind von der Wahlkampfkostenrückerstattung ausgeschlossen. Es wird sicher schwierig nach nur eineinhalb Jahren nochmal fünfstellige Summen für Plakate aufzubringen (8).
Das betrifft beispielsweise die Partei aus dem Querdenker-Lager „dieBasis“ (9). In Berlin ist sie fester Bestandteil der verschwörungsideologischen Montagsdemonstrationen gegen die Corona-Schutzmaßnahmen. Sie versucht sich u.a. an die Friedensbewegung dranzuhängen. Am 28.1. ist deshalb ihr zentrales Wahlkampfevent unter dem Motto „Frieden schaffen ohne Waffen“ - Eine Demo vom Thälmann-Denkmal in Prenzlauer Berg bis zum Rathaus Pankow. Im Wahlkampf 2021 ist sie mit Plakaten auf U-Bahnhöfen (8) aufgefallen. Auch diesmal sind die ersten Großwerbeplakate in Ubahnhöfen aufgefallen. Dafür scheint das Budget dann doch zu reichen. Abschreiben sollten wir die Basis Partei also nicht.
Hauptgegner bleibt in Berlin jedoch die AfD mit ihren über 200 Kandidat*innen und Fraktionen in allen BVVen und im Abgeordnetenhaus. Mittlerweile ist die Bundesparteizentrale aus der Schillstraße 9 (Tiergarten) nach Wittenau (Reinickendorf) gezogen (10). Der Umzug ist noch nicht offizell vollzogen, aber gearbeitet wird schon an der neuen Adresse Wallenroder Straße Ecke Eichhorster Weg. Die AfD hat dort das Erdgeschoss für Veranstaltungen und im 2. und 3. Stock massig Büroräume angemietet. Zumindest Veranstaltungen werden dort erstmal nicht stattfinden - in der Silvesternacht ist das Erdgeschoss ausgebrannt (11). Die Landesgeschäftsstelle der AfD verbleibt (zumindest zunächst) übrigens an ihrem alten Standort Kurfürstenstraße 79.
Um den Wahlkampf der AfD zu stören, muss an vielen Punkten angesetzt werden. Auf der Webseite https://noafd.info werden alle Kandidat*innen und Treffpunkte vorgestellt. Aus den letzten Wahlen kann erahnt werden, wo mit höherer Wahrscheinlichkeit die großen Aufstellerplakate stehen und Stände durchgeführt werden. Wie schon in vergangenen Wahlkämpfen muss damit gerechnet werden, dass professionelle Securitys die Stände bewachen und dass neben AfD-Kandidat*innen selbst auch bezahlte Dienstleister die Plakate aufhängen und Flyer verteilen. Neben Ständen, Plakaten, offiziellen Veranstaltungen in Schulen, an Unis, in Altenheimen usw. wird die AfD auch interne Veranstaltungen in den bekannten Locations (alle ebenfalls auf http://noafd.info) durchführen.
Auf der Veranstaltung „AfD - Das bekannte Böse“ im Oktober 2021 (12) wurde berichtet, dass die AfD 2021 kaum Angriffsfläche in Form eines aktiven Straßenwahlkampfs geboten hat. Von den für September 2021 anberaumten 400 Infoständen kamen nur wenige zustande. Also muss die Auseinandersetzung mit ihnen aktiv gesucht werden (Beispiel, 13), um ihren Wahlkampf zu sabotieren. Da die AfD in der Parteienlandschaft angekommen ist und ihre Existenz allein sowie die Präsenz von Faschist*innen in den Parlamenten kein Skandal mehr zu sein scheinen, müssen neue Wege der Skandalisierung gefunden werden. Der Fall der Bundestagsabgeordneten Birgit Malsack-Winkemann (derzeit in Haft wegen der Beteiligung an dem rechten Terrornetzwerk / "Putschversuch" der sog. Patriotischen Union, 14) bietet eine gute Argumentationshilfe.
Zentrale Wahlkampfveranstaltungen der AfD sind am 21. Januar um 14 Uhr am Schloss Charlottenburg unter dem Motto „Jetzt erst Recht! Unser Land zuerst! Gegen Preisexplosion und Inflation!“. Außerdem ein sog. Bürgerdialog in der Zitadelle Spandau am 3. Februar um 19 Uhr mit dem Parteivorsitzenden Tino Chrupalla, der Berliner Spitzenkandidatin Kristin Brinker, Gottfried Curio (MdB) und Andreas Otti. Am 11. Februar, dem Samstag vor der Wahl, um 14 Uhr dann der Wahlkampfabschluss am Wittenbergplatz (Schöneberg).
Es gibt also viele Ansatzpunkte. Geht kreativ (15) mit Informationen um und recherchiert (https://verpetzdieafd.noblogs.org/) selbst. Im Wahlkampf 2021 sind schon tolle Sachen gelaufen. Daran sollten wir anknüpfen. Schont sie nicht!
(1) Ergebnisse 2021: https://interaktiv.morgenpost.de/abgeordnetenhauswahl-berlin-2021-umfrag...
(2) Landeswahlleiter https://www.berlin.de/wahlen/wahlen/wahlen-2023/allgemeine-informationen/
(3) Umfrage Anfang Januar 2023: https://dawum.de/Berlin/
(4) DWE Empfehlung: https://www.tagesspiegel.de/berlin/wer-nicht-enteignen-will-kann-nicht-r...
(5) November 2022: SPD wird abgewählt! https://www.telepolis.de/features/Berliner-Neuwahlen-Zahltag-fuer-die-SP...
(6) Wir sind doch keine Wahlhelfer! https://kontrapolis.info/4803/
(6) Wahlkampfbudgets der Parteien https://www.rbb24.de/politik/wahl/abgeordnetenhaus/agh-2023/beitraege/be...
(7) Wahlkampfkostenrückerstattung: https://www.rbb24.de/politik/wahl/abgeordnetenhaus/agh-2023/beitraege/be...
(8) Analyse der Basis 2021: https://www.volksverpetzer.de/analyse/diebasis-analyse/
(9) U-Bahn-Werbung https://www.tagesspiegel.de/berlin/wahlwerbung-in-berliner-u-bahnhofen-q...
(10) Bundesgschäftsstelle dr AfD: https://keinraumderafd.info/2022/11/20/afd-zieht-nach-wittenau/
(11) Tagesspiegel https://kontrapolis.info/9256/
(12) Veranstaltungsbericht https://keinraumderafd.info/2021/11/04/veranstaltungsbericht-afd-das-bek...
(13) Outing Christian Hansel: https://kontrapolis.info/4877/
(14) Wer ist Birgit https://www.t-online.de/region/berlin/id_100093640/birgit-malsack-winkem...
(15) Wahlkampfkit: https://www.aufstehen-gegen-rassismus.de/wp-content/uploads/AgR-Aktionsa...
Erstveröffentlichung auf Indymedia am 17. Januar 2023
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