Thompson ohne Columbiahalle
Kaum eine Woche vor dem für den 26. April angekündigten Berlin-Konzert der kroatischen Ustascha-Rocker Thompson ist dem Veranstaltungsort die Angelegenheit offenbar zu heiß geworden. Nachdem mehrere auflagenstarke Tageszeitungen über die Hintergründe von Thompson berichtet haben, erklärt die Columbiahalle den Vertrag mit dem Veranstalter nunmehr gekündigt zu haben.
Erstmals hatte die Initiative Solidarität mit Antifas in Ex-Jugoslawien Ende März auf das geplante Konzert in der Columbiahalle hingewiesen und zu Protesten aufgerufen. Ein Bericht im Berliner Kurier folgte. Umfangreiche Recherchen zu Thompson in Berlin bekräftigten am 8. April, dass sich sowohl Marko Perkovićs Band, als auch relevante Teile des Thompson-Publikums bis in die jüngste Vergangeheit kontinuierlich durch das Zurschaustellen eines unverhohlenen Nationalismus und ihre Nähe zum Erbe der klerikal-faschistischen Ustascha-Bewegung hervortun. Mehrere Tageszeitungen haben das geplante Berlin-Konzert seitdem aufgegriffen.
Klänge des Nationalismus, Junge Welt, 9. April 2014
Mit dem Ustaschagruß auf große Fahrt, Die Welt, 13. April 2014
Gott hat uns geschickt, die Welt zu verändern, Berliner Zeitung, 15. April 2014
Zurück zu Gott, Familie und Vaterland, taz.de, 17. April 2014
Dabei ist die Kontroverse um Thompson keinesfalls neu: spätestens seitdem im Jahr 2003 öffentlich wurde, dass die Band auf mehreren Live-Gigs die Ustascha-Hymnen „Jure i Boban” und „Jasenovac i Gradiška Stara“ angestimmt hatte und dass es bei Auftritten regelmäßig zu massenhaftem Zeigen des Ustascha-Grußes kommt, wächst die Liste der kritischen Betrachtungen und Interventionen von Jahr zu Jahr. Trotz zum Teil internationaler Proteste und Konzertabsagen, die Thompson-Konzerte seitdem hervorriefen, gelang es der Band 2006 und 2009 gleich zweimal ungestört in Berlin aufzutreten. Beide Male in der Columbiahalle.
Die jüngste Absage kann daher als Teilerfolg gewertet werden. Protestankündigungen, stichhaltige Recherchen und nicht zuletzt eine erfolgreiche öffentliche Thematisierung haben ihren Zweck nicht verfehlt. Trotzdem ist damit zu rechnen, dass die Organisator_innen des Konzerts an dem Termin festhalten und sich bereits auf der Suche nach einem Ausweichort befinden. Während im Internet weiterhin ein Konzert „in Berlin“ beworben wird, zitiert die taz den Veranstalter Jakov Kolak angesichts der Absage durch die Columbiahalle mit den Worten: „Das Konzert findet statt. Glauben Sie mir.“
Erfahrungen aus anderen Städten haben bereits gezeigt, dass Thompson notgedrungen auch bereit sind in Provisorien vor einigen hundert Anhänger_innen aufzutreten. Auch ein weiteres, für den 3. Mai in Essen angekündigtes Konzert ruft derzeit Proteste hervor.
Übersicht: Ustascha-Rock: Thompson in Berlin
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Erstveröffentlichung auf Recherche&Aktion am 18. April 2014
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