Spontane Nazidemo durch Hellersdorf
Ungefähr 35 Nazis durften am heutigen Abend (Pfingstsonntag) erst unbegleitet, dann mit Polizeierlaubnis durch Hellersdorf marschieren - auch direkt an der dortigen Unterkunft für Geflüchtete vorbei, gegen die sich die Demonstration unter anderem richtetete. Mit dabei: Landesvorsitzende der NPD und der Die Rechte als auch weitere bekannte Nazis der Freien Kräfte, alle getarnt unter der sogenannten "Bürgerbewegung Hellersdorf".
Gegen 18 Uhr mobilisierte die Seite der "Bürgerbewegung" zur vorher konspirativ geplanten Demonstration. Der durch die Polizei abgewandelte Demonstrationsverlauf ähnelte der angemeldeten Route der im Oktober 2013 blockierten Demo der Nazi unter dem Titel "Tag der Meinungsfreiheit" und startete in der Nähe der Unterkunft und endete nach ca. 1 1/2 Stunden am Alice-Salomon-Platz, wo die Nazis eine halbstündige Abschlusskundgebung abhielten, auf der u.a. der Landesvorsitzende der NPD, Sebastian Schmidtke, eine Rede hielt. Mitgeführt wurden zwei Transparente, die ebenfalls auf dem "Tag der Meinungsfreiheit" sowie zu anderen "Nein zum Heim"-Kundgebungen in ganz Berlin verwendet wurden, drei Deutschlandfahnen und ein camouflager Lautsprecherwagen, der aus der lokalen NPD-Struktur zu stammen scheint.
Die Moderation führte Daniela Fröhlich, am Fronttransparent stand der stellvertretende Landesvorsitzende der Partei "Die Rechte" Patrick Krüger, daneben Kai Schuster, außerdem war auch NPDler und NW-Berlin-Lehrling Lars Niendorf festzustellen. Der NW-Berlin-Kader Marcel Rockel übernahm dirigierende Aufgaben - ein umfangreiches Dossier der Genoss*innen bei Recherche & Aktion über die Nazis und die Bürgerbewegung liefert weitergehende Informationen. Weitere NPDler sicherten die Umgebung ab und versuchten sich in Anti-Antifa-Arbeit. Auch die Mutter von Daniela, Gabriele Fröhlich, fuhr mit einem blauen VW mit dem Kennzeichen "B - DF 100" die Umgebung ab.
Gegenprotest war nicht wahrnehmbar, dafür sorgte zumindest bei der Abschlusskundgebung der Nazis, die selbst sehr stolz davon erzählten, wie sie ganze sechs (!) Anwohner zum Mitlaufen bewegten, der Lärm des gegenüberliegenden Pfingstrummels für weitgehend unverständliche Reden.
Erneut zeigt sich: in Hellersdorf ist nicht viel besser geworden, nur alles etwas schwächer. Während die Nazis der Polizei auf der Nase rumspringt und sich bei der Direktion 6 noch für eine gute Zusammenarbeit bedanken, erlaubt gerade diese Polizei NPD-Kundgebungen und Märsche direkt vor der Unterkunft - ein Zustand, der während der bundesweiten Aufmerksamkeit im letzten Jahr nicht möglich gewesen wäre. Gleichzeitig üben sich Heimleitung und Heimbetreiber*innen darin, Hilfsorganisationen und solidarischen Menschen das Leben so schwer wie möglich zu machen. Von einer gemeinsamen antirassistischen Linie von Politik, Verwaltung, Betreiber*innen und Zivilgesellschaft ist nicht mehr viel übrig geblieben. Die unbehelligte Demonstration der Nazis durch Hellersdorf ist dafür ein denkbar krasses Symbol.
[Die angehängten Fotos entstammen der Eigenpublikation der Nazis.]
Erstveröffentlichung auf Linksunten am 8. Juni 2014
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