Kein Werben für’s Sterben

8. August 2014 | News Redaktion

Proteste gegen den Aufmarsch des Wachbataillons in Berlin-Köpenick angekündigt

Am 12. August wird das Berliner Wachbataillon der Bundeswehr anlässlich der traditionellen „Köpenickiade“ vor dem Rathaus Köpenick, Sitz des Bezirksamtes Treptow-Köpenick, aufmarschieren, um Interessierte zu werben. Das Antifaschistische Bündnis Südost [ABSO] und die Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) finden das geschmacklos und ruft zu Gegenprotesten auf.

Wie einer Pressemitteilung des Bezirksamtes zu entnehmen ist, sollen statt Laienspielern, wie sonst üblich, diesmal „echte Gardesoldaten des Berliner Wachbataillons“ den Raub der Stadtkasse durch den Schuster Wilhelm Voigt nachspielen und dabei symbolisch das Köpenicker Rathaus besetzen. Man wolle „zu Ehren des Bezirksbürgermeisters Oliver Igel […] aufmarschieren.“1 Bekannt wurde Voigt als „Hauptmann von Köpenick“ durch seine spektakuläre Besetzung des Rathauses der damals selbständigen Stadt Cöpenick am 16. Oktober 1906, in das er als Hauptmann verkleidet mit einem Trupp gutgläubiger Soldaten eindrang, den Bürgermeister verhaftete und die Stadtkasse entwendete.

Die Bundeswehr möchte die Veranstaltung für Werbezwecke nutzen und versucht durch derlei Auftritte zukünftige Rekrut*innen zu gewinnen. Daher wird auch ein Informationsstand des „Karrierecenter Berlin“ der Bundeswehr angekündigt. Immer wieder gerät die deutsche Armee in die Kritik und sieht sich mitunter massiven Protesten ausgesetzt, wenn sie in der Öffentlichkeit, in Schulen und Universitäten, in Arbeitsämtern oder bei Messen und Veranstaltungen auftritt.

Zu Recht, denn der Job in der Bundeswehr ist tödlich. Soldat*innen müssen bereit sein, auf Befehl zu töten. Oder sie werden selbst getötet. Die Bundeswehr ist überall auf der Welt in militärische Einsätze involviert und braucht Nachwuchskräfte. Daher konzentriert sie sich darauf, junge Menschen mit der angeblichen Attraktivität der Bundeswehr zu ködern.

Das Antifaschistische Bündnis Südost [ABSO] und die Berliner VVN-BdA werden dem militaristischen Spektakel nicht tatenlos zusehen und fordert Antifaschist*innen und Antimilitarist*innen zu vielfältigen Protesten vor Ort am 12. August ab 15 Uhr auf.

ABSO-Pressesprecherin Tina Böhm stellt klar: „Vor 100 Jahren begann der Erste Weltkrieg und endete mit Millionen Toten, absolutem Chaos und der trüben Aussicht auf einen Zweiten, noch viel schlimmeren Weltkrieg. Dass die Bundeswehr nun versucht, auf offener Straße Menschen für ihre Zwecke zu rekrutieren, ist nicht nur geschmacklos. In völliger historischer Verdrehung den ‚Hauptmann von Köpenick‘, eigentlich Symbolfigur gegen den preußischen Kadavergehorsam des Militärs, ist zudem regelrecht dumm. Dass sich der Bezirksbürgermeister zu einer solchen Schmierenkomödie herab lässt, ist nicht akzeptabel. Wir werden protestieren, damit so etwas in unserem Bezirk nicht zur Gewohnheit wird.“

Der Geschäftsführer der Berliner VVN-BdA Markus Tervooren erklärt dazu: „Schon Kurt Tucholsky wusste: ‚Soldaten sind Mörder.‘ Wer für diesen Beruf wirbt, muss sich entschiedenen Protest gefallen lassen. Das in Köpenick Bundeswehrsoldaten lediglich als trottelige Helfershelfer eines sympathischen Diebes auftreten sollen, ändert daran nichts.“

Erstveröffentlichung auf Antifa Bündnis Süd-Ost [ABSO]: Kein Werben für’s Sterben am 8. August 2014

Kategorie: