Widerstand gegen Nazi-Demo im Allende Viertel am 09.01.
Freitag letzter Woche sind Nazis und besorgte RassistInnen das erste mal in diesem Jahr durch das Köpenicker Allende-Viertel gelaufen, um gegen die Menschen in den dortigen Flüchtlingslagern zu hetzen. Auf der Nazi-Demo waren wohl etwas unter 100 Leute, etwas über 100 AntifaschistInnen blockierte ihre Route und wurde von den Bullen geräumt. Danach kam es noch zu einer Reihe von Festnahmen, auf die nicht immer richtig reagiert wurde.
Der größte Teil der späteren Blockadegruppe reiste vom Ostkreuz an. Ab dem S-Bhf Spindlersfeld wurde sie von den Bullen im Wanderkessel begleitet. Noch auf dem Bahnsteig wurden wir das erste mal von ihnen aufgehalten, vermutlich damit ein (1!) Thor-Steinar Träger unbehelligt in die S-Bahn einsteigen konnte.
Es ging dann mit der Straßenbahn in die Köpenicker Altstadt. Beim Aussteigen gab es einen Versuch aus dem Kessel auszubrechen. Die heftig schubsenden Bullen waren überrascht und überfordert, konnten aber einen massenhaften Durchbruch verhindern.
Danach ging weiter zum ersten angemeldeten Kundgebungspunkt. Strategie der Bullen war, uns zwar entlang der späteren Nazi-Route laufen zu lassen, allerdings nur auf dem Gehweg und mit engem Spalier, so dass es scheinbar keine Möglichkeit gab, auf die Straße zu kommen. Als es dann vom ersten zum zweiten angemeldeten Punkt weiterging, musste aber Müggelheimer Straße / Pablo-Neruda-Straße eine Ampel überquert werden, wodurch wir trotz Wanderkessel automatisch auf die Route geführt wurden. Daraufhin blieb die ganze Gruppe einfach dort stehen. Dem zahlenmäßig weit überlegenden, gut vorbereiteten Bullenapparat war es gelungen, durch geschickte Ausnutzung der Örtlichkeit ein Schnippchen zu schlagen!
Die Situation auf der Blockade war dann erstmal ziemlich statisch. Aus zwei Fenstern eines angrenzenden Wohnblocks pöbelten stolze Deutsche, die Bullen machten immer mal wieder Durchsagen das wir weg sollen, ließen gleichzeitig aber niemand mehr aus dem Kessel raus. Einzelne Leute konnten weiterhin zu uns stoßen.
Als sich die Nazis dann näherten, haben die Bullen die Blockade geräumt, indem sie uns zurück auf den Gehweg drängten. Sie haben ziemlich plötzlich angefangen, ohne sich die Helme aufzusetzen. Die Versammlung hat gegenüber den recht heftig schupsenden Cops ein ziemliches Beharrungsvermögen gezeigt, ging aber nicht gegen die Bullen vor.
Die Nazis sind dann an uns vorbeigezogen und wurden heftig angepöbelt. Dem Augenschein nach befanden sich außer den üblichen Kadern auch eine ganze Reihe bürgerlich auftretender RassistInnen in ihrer Demo. Auf ihrer Abschlusskundgebung in der Altstadt wurden sie mit dem Protest einer weiteren Gruppe konfrontiert.
Den Leuten am Rand der eben geräumten Blockade wurde ziemlich schnell klar, dass die Bullen sich gerade darauf vorbereiten, Leute raus zuziehen. Es ist nicht gelungen, diese Info innerhalb der Versammlung weiterzugeben. Fraglich ist aber eh, was die immer noch gekesselte Gruppe überhaupt hätte unternehmen können. Die Bullen sind dann tatsächlich reingegangen, wobei sie sich den ersten Leuten die mitgenommen wurden eher unauffällig angenähert haben. Es ging vor allem um Leute, von denen sie glaubten, dass sie während der Blockade ein Megafon gehalten oder rein gesprochen hatten. (Sie waren ziemlich bemüht gewesen, diese Leute zu filmen, was anscheinend nicht immer gelang). Weitere Leuten sollen sich vermummt haben, oder sie standen einfach im Weg, und die Bullen haben später gewürfelt, welche der gängigen Demo-Straftaten ihnen denn eigentlich vorgeworfen werden. Einige wurden einfach abgeführt und mussten dann einige Zeit im Kalten vor der Wanne rumstehen, bis sie vor Ort entlassen wurden, andere Leute wurden bei der Verhaftung geschlagen und später zur Gefangenensammelstelle am Tempelhofer Damm mitgenommen.
Nach den Festnahmen gab es eine gewisse Konfusion, wie es jetzt weitergeht. Eine Einzelperson machte den Vorschlag, einfach in kleinen Gruppen wegzuströmen, was ziemlich unsolidarisch gegenüber den Gefangenen war und einen gewissen Druck aufbaute. Der Demoleitung wurde währenddessen vom Verbindungsbeamten gesagt, die Festgenommenen würden in der Altstadt raus gelassen werden, worauf sich unser Demozug in diese Richtung in Bewegung setzte.
Eine Bezugsgruppe von der Leute mitgenommen worden waren, machte währenddessen den Einsatzleiter ausfindig und checkte die Info nochmal gegen – mit dem Ergebnis, dass der Verbindungsbeamte gelogen hatte und die Leute am Ort der Festnahme wieder freikommen sollten. Das wurde der Demoleitung mitgeteilt, die daraufhin gut reagierte, in dem sie den Verbindungsbeamten zur Rede stellte und die Demo nach hundert Metern wieder anhielt.
Es folgte wieder eine längere statische Situation, während der die Demo darauf wartete, dass die Gefangenen freikommen. Da nach den Festnahmen das Megafon verschwunden war, gelang es nicht, dass allen auf der Demo zu kommunizieren. Genau wie vor den Festnahmen war hier wieder das Problem, dass die Leute Infos höchstens an ihre eigene Bezugsgruppe weitergaben, aber nicht mit den Leuten redeten, die sonst um sie herum standen. Anscheinend haben hinten in der Demo ziemlich viele Leute gedacht, dass wir von den Bullen aufgehalten werden.
Während die Demo wartete, tauchte am Rand ein Grüppchen von bis zu 5 älteren, bürgerlich auftretenden Nazis/RassistInnen auf. Mit dabei war der Betreiber der Facebook-Seite „Nein zum Containerdorf“, Ingolf Pabst. Sie machten in gelöster Atmosphäre Scherze mit den Bullen, mit denen sie sich ziemlich gut zu verstehen schienen.
Nach einiger Zeit begannen kleine Gruppen, die Demo zu verlassen, sei es weil sie dachten wir werden von den Bullen aufgehalten, oder weil sie nicht warten wollten, bis die Leute die vorhin noch neben ihnen aus der Demo gezogen wurden wieder freikommen. Bei diesem Abstrom kam es zu weiteren Festnahmen.
Die Demoleitung wollte daraufhin zügig mit den verbleibenden Leuten weiter zur Altstadt ziehen. Nachdem es von den Bullen hieß, alle die bisher nicht freigekommen seien, würden eh in die GeSa kommen, zog die Rest-Demo dann auch weiter. Als von einer eben freigekommen Person die Info kam, es könnten weiterhin Leute vor Ort freikommen, und nur eine handvoll Person würde vor Ort auf sie warten, entschloss sich eine Gruppe von etwa 20 Personen auszuscheren und zum Ort der Verhaftungen zurückzugehen. Als sie dort ankamen, suchte die Wanne mit den Gefangenen das Weite.
Auch zur Frage, in welche Gefangenensammelstelle die restlichen Verhafteten kommen, machten die Bullen vor Ort falsche Angaben. Schließlich konnte in Eigenregie geklärt werden, dass die Leute am Tempelhofer Damm eingeliefert wurden. Ein Dutzend Leute holte sie dort ab, die letzte Person kam Nachts gegen halb drei frei.
Freitag letzter Woche wurde aus den eher widrigen Bedingungen in Köpenick das Beste gemacht, so dass die Nazis und RassistInnen ihren braunen Dreck nicht unbehelligt auf die Straße tragen konnten. Dafür ein dickes Dankeschön an alle OrganisatorInnen!
Trotzdem haben wir einige Kritikpunkte, und hoffen, dass nächsten Freitag ein paar Sachen besser laufen.
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An alle die NICHT da waren: Wo wart ihr? Wären wir nicht ein- sondern zwei- oder dreihundert Leute gewesen, wären die Nazis vermutlich nicht gelaufen. Das ist kein Wunschtraum, denn drei Tage später waren in Mitte viele tausend Menschen gegen die Nazis auf der Straße. Geht rassistische Hetze klar, wenn sie nicht in eurem Kiez passiert?
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An die Leute die da waren: Wenn euch Infos erreichen, dass Festnahmen vorbereitet werden oder auf Gefangene gewartet wird, dann redet doch auch mal mit Menschen um euch herum, die nicht zu eurer Gruppe gehören. Wenn Leute vor Ort festgehalten werden, sollte unbedingt auf sie gewartet werden. Um den Bullen den Feierabend zu verhageln, um unseren Leute klar zu machen, dass wir hinter ihnen stehen – und nicht zuletzt, damit sie am Ende nicht mutterseelenallein in einem Kiez stehen, in dem möglicherweise Nazigruppen unterwegs sind!
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An die Demoleitung: Klar, es ist immer schwer einzuschätzen, ob die Bullen gerade lügen oder nicht. Im Nachhinein ist aber deutlich geworden, dass es ein Fehler war, nach den Festnahmen überhaupt loszulaufen. Hier wurde den Bullen, die ja ein Interesse hatten, dass wir verschwinden, zu leicht geglaubt.
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Der EA war nicht geschaltet. An wem auch immer das lag – hätte es unbeobachtete Festnahmen von nicht-organisierten Leuten gegeben, hätten wir nichts davon gewusst. So etwas kann ganz schön schief gehen!
Mit der Freilassung der Leute vom Freitag ist es wahrscheinlich noch nicht ausgestanden. Vermutlich bekommt zumindest ein Teil von ihnen Gerichtsverfahren angehängt. Auch dort wird Solidarität gefragt sein – über 90% der Demo wurde nicht getroffen, war aber mitgemeint!
Vor allem aber: Beim nächsten Naziaufmarsch (z.B. Montag) wieder auf in die Randbezirke!
Bericht von Uffmucken: http://uffmucken-schoeneweide.de/2015/01/12/250-menschen-protestieren-ge...
Erstveröffentlichung auf Indymedia am 17. Januar 2015
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