Tegeler Seeterrassen? Bavaria? Scheiße!
Im letzten Jahr haben wir im Stillen eine Aufklärungsoffensive in Westberlin gestartet. Ziel dieser Aktion war es den Menschenfeinden der AfD und anderen rechten Organisationen öffentliche Räume zu nehmen in denen sie sich als akzeptierter Teil der Gesellschaft darstellen können. Unter diese Räume fallen Cafés, Restaurants und Eventlocations, die sich nicht im Eigentum selbiger Menschenfeinde befinden und im Allgemeinen ein breites Publikum ansprechen wollen.
Die primäre Methode bestand aus freundlicher und bedachter Ansprache, Mal unter Verwendung des „Antifa-Labels“ häufiger auch ohne. Dabei wurden die BetreiberInnen oder ArbeiterInnen der Örtlichkeiten angesprochen oder angeschrieben und mit den Positionen der Gruppierungen, denen Räume zur Verfügung gestellt wurden, konfrontiert. In den für uns besonders interessanten Fällen entspann sich daraus eine längere Kommunikation, an deren Ende sich meist von den rechten Positionen entschieden distanziert wurde.
Auf das Mittel von Drohungen wurde nur sehr selten zurückgegriffen. In den jeweiligen Fällen stand dann als erster Eskalationsschritt das öffentlich machen zur Debatte. Sofern es dazu kam war meist ein erstes Aufklären der Gäste der Lokalität ausreichend um eine Auseinandersetzung mit unseren Positionen auch bei den jeweiligen Betreibern zu forcieren. Zu weiteren Mitteln des vielfältigen linksradikalen Werkzeugkastens wurde innerhalb der Kampagne nicht gegriffen. Allerdings ist klar, dass es diese Vielfältigkeit ist, die unserem Wort mehr Gewicht verliehen hat.
Vor dem Logenhaus, das viele Jahre ein fester Bestandteil der rechten Infrastruktur von Westberlin war, empfanden wir eine Kundgebung als angebracht, zielführend und mit einfachen Mitteln leistbar. Am entsprechenden Tag, an dem eine Compact-Konferenz stattfinden sollte, schaltete sich dann allerdings doch noch die Vermieterin (Große Loge Royal York zur Freundschaft) ein und untersagte der Mieterin (AVZ Medien GmbH) die Ausrichtung dieser und ähnlich gelagerter Veranstaltung auch in der Zukunft.
Die Unverbesserlichen
Während die meisten Angeschriebenen direkt oder nach einer Diskussion von der Ausrichtung rechter Veranstaltungen abrückten stießen wir bei unserem Vorgehen auch auf ein paar Menschen, die sich durch bewußte Ignoranz als KollaborateurInnen menschenverachtender Ideologien outeten. Neben einigen für die Infrastruktur der Rechten mittlerweile bedeutungslos gewordenen Lokalen, fielen dabei besonders zwei negativ auf:
Bavaria, Tauentzienstraße 9-12, 10789 Berlin
Im Bavaria hält die Junge Alternative (JA) ihren öffentlich beworbenen Stammtisch ab. Zu diesem kommen des öfteren Menschen, die bereits aufgrund ihrer Kleidung klar als Mitglieder der völkisch-nationalistischen DB-Burschenschaften identifizierbar sind, sowie Mitglieder der Identitären Bewegung.
Sowohl das Bavaria selbst, als auch das Europacenter, in dem sich dieses befindet, reagierten nicht auf verschiedene Kommunikationsversuche. Letzteres stand bereits zuvor im antifaschistischen Fokus, als vor ca. 5 Jahren der Laden „Viking Brands“ dort Kleidung von „Thor Steinar“ und „Erik & Sons“ verkaufte. Damals führte öffentlicher Druck zu einer Kündigung des Mietvertrages durch das Europacenter.
Tegeler Seeterrassen, Wilkestraße 1, 13507 Berlin-Tegel
Dieser Ort scheint sich schnell als Ersatz für das Logenhaus etabliert zu haben.Hier fanden bereits größere Veranstaltungen von AfD, Junge Alternative und Compact statt. Dabei wurde selbst auf eine breite bürgerliche Mobilmachung durch SPD und Grüne nicht reagiert, geschweige denn auf freundliche Gesprächsversuche. Auch friedlicher antifaschistischer Protest hatte entsprechend keinen Erfolg.
Fazit
Bei unserem Vorgehen wurde klar, dass es sehr wirkungsvoll sein kann eine freundliche Kommunikation zu suchen und die Eskalationsleiter danach für die AdressatInnen langsam und nachvollziehbar empor zu schreiten. Viele Angeschriebene reagierten auf unsere Kritik dabei sehr ähnlich. Häufig kam das Argument auf, dass es auch „zur Freiheit dazu gehört andere Meinungen zu tolerieren“. Einige änderten jedoch bereits ihre Meinung, wenn sie mit einem einfachen Umstand konfrontiert wurden: Die AfD und ähnliche Schweine zu tolerieren bedeutet auch zu tolerieren, dass sie versuchen vielen anderen Menschen jegliche Freiheit zu nehmen. Das es keinen Sinn macht Intoleranz hinzunehmen kann vielen in der Bevölkerung durchaus bewusst werden.
Für die weitere, konkrete Praxis verbleibt unser Eindruck, dass beim Bavaria bzw. Europacenter eine Erhöhung des gesellschaftlichen Engagements zu einem Einlenken führen könnte. Gerade an dem öffentlichen Werben der JA für ihre Treffen dort, bei gleichzeitiger menschenfeindlicher Propaganda, kann auch das Lokal kaum ein Interesse haben. Dies gilt es deutlich zu machen.
Anders ist die Situation bei den Tegeler Seeterrassen. Hier scheint auch breiter öffentlicher Widerspruch keine Wirkung zu erziehlen. Da die oben genannten Aktivitäten von wesentlicher Bedeutung für die rechtspopulistische Szene Berlins sind scheint uns hier die Zeit der freundlichen Worte nun vorbei zu sein...
Erstveröffentlichung auf AK Westberlin via Indymedia am 9. März 2016
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