Rechter Polizist arbeitete jahrelang in Neukölln-Ermittlungsgruppe

21. August 2020 | News Redaktion

Update und Korrektur zu Stefan Kollmann – Er gehört nicht zum LKA, sondern zur ersten Neuköllner Ermittlungsgruppe "Rex" bis 2016. In seine Dienstzeit fallen viele schwere Angriffe sowie die Morde an Burak Bektaș und Luke Holland.


Stefan Kollmann bei einer NPD-Veranstaltung in Buckow 2008. (Foto: Friedensdemo-Watch / Aaron Rosenfeld)

Bitte wenden Sie sich für Bildrechte an die Fotograf*innen. Recherche 030 hat die Fotos frei zugänglichen Internetquellen entnommen.

Letzte Woche veröffentlichten wir Informationen zu Stefan Kollmann, einem Berliner Polizisten der aktuell wegen eines brutalen rassistischen Übergriffs vor Gericht steht. Fälschlicherweise haben wir ihn dem LKA-Dezernat 64 "Aufklärung/Operative Dienste" zugeordnet, da er mit bekannten LKA-Beamten bei rechten Demonstrationen eingesetzt war. Ein möglicher Neukölln-Bezug war uns nicht bekannt.

In den vergangenen Tagen erreichte uns dazu eine ganze Reihe von Hinweisen. Es gab im fraglichen Zeitraum eine weitere Einheit, die nicht zum LKA gehörte, aber zeitweise ebenfalls berlinweit bei rechten Demonstrationen eingesetzt wurde: die Neuköllner Ermittlungsgruppe "Rex", oder kurz EG Rex, die am Abschnitt 56 (jetzt 48) in Rudow angesiedelt war und 2016 aufgelöst wurde.

Stefan Kollmann gehörte mindestens ab 2008 und bis zu ihrer Auflösung zu eben jener EG Rex. Fotos zeigen ihn 2008 im Einsatz bei einer NPD-Veranstaltung in Buckow, am 24.11.2012 bei einer NPD-Demonstration in Rudow und am 16.2.2013 bei einer NPD-Veranstaltung im Gemeinschaftshaus Gropiusstadt.

Stefan Kollmann (hinten) bei einer NPD-Demonstration in Rudow am 24.11.2012. (Foto: Christian Jäger)

Stefan Kollmann (hinten) bei einer NPD-Veranstaltung am 16.2.2013 im Gemeinschaftshaus Gropiusstadt. (Foto: Sören Kohlhuber)

Der Fall Kollmann wirft ein neues Schlaglicht auf zwei rassistisch bzw. nationalistisch motivierte Morde in Neukölln. Dem LKA und der EG Rex wurde nach dem Mord an Burak Bektaș 2012 immer wieder vorgeworfen, Rassismus als Motiv zu ignorieren und Nazis nur oberflächlich oder überhaupt nicht als Täter in Betracht zu ziehen. Drei Jahre später wurde mit Luke Holland ein weiterer Mensch von einem Nazi ermordet. Der Täter Rolf Zielezinski ist ein Neuköllner Nazi, der zum Tatzeitpunkt 2015 bereits aktenkundig war. Einer jener Nazis also, auf die die EG Rex eigentlich angesetzt war.

Brisant ist außerdem, dass zu den Aufgaben der EG Rex auch die Netzwerkarbeit mit zivilgesellschaftlichen Initiativen im Bezirk gehörte. Kollmann und seine Kolleg*innen dürften mit unzähligen engagierten Gruppen und Personen im Süden Neuköllns bekannt gewesen sein, unter ihnen viele Betroffene von schwerer Nazigewalt. Zwischenzeitlich bestand die EG Rex aus nur drei Beamt*innen - Kollmann gehörte offenbar zu diesem Kern der Einheit.

Neben der AfD, verschiedensten LKA-Einheiten, der Staatsanwaltschaft und dem benachbarten Polizeiabschnitt 65 in Johannisthal, ist auch die frühere Neukölln-Ermittlungsgruppe und der lokale Polizeiabschnitt 48 (ehemals 56) in den Neukölln-Komplex verwickelt.

Erstveröffentlichung auf Recherche 030 am 12. August 2020

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