Kein Raum für Rassist_innen!
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Seit einigen Tagen mobilisiert die Berliner NPD für den 24. November 2012 zu einer Demonstration durch den südlichen Neuköllner Ortsteil Rudow. Die Demo richtet sich gegen eine geplante provisorische Unterkunft für Flüchtlinge, die für zwei Jahre in Containern auf einer Brachfläche in der August-Fröhlich Straße/Kanalstraße untergebracht werden sollen. Die NPD versucht sich nun offenbar an die Spitze des völkischen Zuges zu setzen und fabuliert im Internet über „Lärm, Müll und Kriminalität“ und gibt sich besorgt um Rudows „dörflichen Charakter“. Bereits am 7. November 2012 führten etwa 20 Neonazis der NPD und des „Nationalen Widerstand Berlin“ eine Kundgebung mit dem gleichen rassistischen Tenor durch, der sich etwa in der Losung auf dem einzigen mitgeführten Transparent ausdrückte, um eine zeitgleich stattfindende Filmveranstaltung mit anschließender Diskussion über die Unterbringung von Flüchtlingen in Rudow zu stören und die Teilnehmer_innen einzuschüchtern.
Die Provokation ging jedoch ins Leere, die Veranstaltung konnte wie geplant durchgeführt werden und war gut besucht. Anmelder und einziger Redner der knapp dreißig minütigen Kundgebung gegenüber dem Veranstaltungsort „Alte Dorfschule“ war der Berliner NPD-Landesvorsitzende Sebastian Schmidtke. Für die vor Ort verteilten Flugblätter zeichnet der ehemalige NPD-Bezirksverordnete Jan Sturm presserechtlich verantwortlich. Anwesend waren neben weiteren NPD´lern wie dem Neuköllner Kreisvorsitzenden Sebastian Thom und Julian Beyer auch der als Liedermacher unter dem Pseudonym „Midgards“ firmierende Gordon-Bodo Dreisch und die beiden Lichtenberger „NW-Berlin“-Aktivisten Christian Bentz und David Gudra. Bezeichnet war ein Mal mehr das Vorgehen der Berliner Polizei, die wie bereits etwa bei dem letztjährigen Aufmarschversuch in Kreuzberg in freundlicher Zusammenarbeit mit den Neonazis an ihrerGeheimhaltungstaktik festhielt.
Wie am Montag bekannt wurde, wurden gegen zwölf Neonazis, die sich am 14. Mai 2011 an Angriffen auf Gegendemonstrant_innen beteiligt hatten, Anklage erhoben. Während Berliner Polizei und Justiz eineinhalb Jahre für ihre Ermittlungen benötigte, hatten antifaschistische Gruppen, die Täter schon wenige Tage später mit Namen und Foto veröffentlicht.
Das die Wahl des Datums für die NPD-Demo auf den 24. November 2012 fällt, ist kein Zufall. Seit blockierten Großaufmärschen wie zuletzt am 1. Mai 2010, beschränken sich Berliner Neonazis in ihren öffentlichen Auftritten aufKleinkundgebungen, und in der Hoffnung Gegenprotesten zu entgehen auf konspirativ organisierte „Spontanaufmärsche“ und Demonstrationen im Schatten größerer antifaschistischer Veranstaltungen. Für den 24. November 2012 mobilisieren antifaschistische Gruppen bundesweit zu einer Demonstration in Gedenken an den Antifaschisten und Hausbesetzer Silvio Meier, der am 21. November 1992 von Neonazis im U-Bahnhof Samariterstraße mit mehreren Messerstichen ermordet wurde. Versuche der Neonazis durch eigene Aktivitäten die Mobilisierung zur jährlichen Silvio-Meier Demo zu schwächen, sind kein neues Phänomen. So versuchten am 25. November 2000 etwa 1200 Neonazis vom Ostbahnhof zur Friedrichstraße zu ziehen. Zahlreiche Antifaschist_innen stellten sich ihnen in den weg und erzwangen den Abbruch der Neonazi-Demo. Auch in den Folgejahren kam es zu größeren und kleineren neonazistischen Gegenaktionen, die ihr Ziel jedoch nicht erreichten.
Fällt die Berliner NPD sonst durch organisatorische Unzulänglichkeiten, verpatzte Kundgebungen und ihre weitgehende Personalunion mit dem gewalttätigen Neonazi-Netzwerk „NW-Berlin“ auf, muss allerdings befürchtet werden, dass die Hetze gegen die geplante Flüchtlingsunterkunft teilweise auf fruchtbaren Boden fällt. Rassistische Ressentiments sind in der Bevölkerung weit verbreitet und werden so auch zur strategischen Manövriermasse für die Politik bürgerlicher Parteien. So kamen am 9. Oktober 2012 auf Einladung von mehreren CDU-Abgeordneten mehr als 150 Menschen in einer Rudower Gaststätte zu einer „Bürgerversammlung“ zusammen. Die Stimmung war derartig durch aggressive Ablehnung geprägt, dass die anwesenden Neonazis, die trotz Hinweis geduldet wurden, sich nicht ein Mal selbst zu Wort melden mussten. Was sich die Neonazis vorstellen, wenn sie den „dörflichen deutschen Charakter“ verteidigen, hatte sich in der Nacht zuvor in dem an Rudow angrenzenden Waßmannsdorf gezeigt. Vermummte warfen an der dortigen Flüchtlingsunterkunft mehrere Scheiben ein, versuchten gewaltsam in das Gebäude einzudringen und hinterließen neben gesprühten Drohungen auch die Signatur „NW-Berlin“. Rassistische Hetze gegen Flüchtlingsunterkünfte ist kein Berliner Phänomen. Ähnliche Entwicklungen sind z. B. auch in Leipzig-Wahren, im brandenburgischen Wandlitz sowie auch in Wolgast (Mecklenburg-Vorpommern) zu beobachten, wo es am 9. November 2012 gelang einen ursprünglich als Fackel-Marsch geplante Aufmarsch von etwa 170 Neonazis fernab von ihrem beabsichtigten Ziel zu blockieren und zur Umkehr zu zwingen.
bu Vor diesem Hintergrund ist die Solidarität von Antifaschist_innen notwendig. Solidarität mit Menschen, die es auf ihrer Flucht in die militärisch abgeschottete „Festung Europa“ geschafft haben, die hier tagtäglich rassistischen Anfeindungen ausgesetzt sind und vom institutionellen Rassismus in häufig menschenunwürdigen Unterkünften und mit Sondergesetzen gegängelt werden. Solidarität ist gefragt mit den von ihnen initiierten Kämpfen für bessere Lebensbedingungen, wie sie gerade z. B. in Berlin am Oranienplatz und Pariser Platz geführt werden. Am 24. November 2012 ist praktische antirassistische Solidarität auf der Straße gefordert.
Kein Raum für Rassist_innen! Solidarität mit den Flüchtlingen & ihren Kämpfen! Naziaufmarsch in Rudow blockieren!
24.11.12 I 12.00 Uhr I U-Bahnhof Rudow
Achtet auf aktuelle Ankündigungen:
antifa-neukoelln.net I zeitzuhandeln.antifa.cc I neukölln-gegen-nazis.de
...und danach zur Silvio-Meier Demo: U-Bhf Samariter Straße I silvio-meier.tk
Erstveröffentlichung auf Indymedia am 14. November 2012
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