Sarrazin-Veranstaltung verhindert
Am Sonntag (2. März) wurde in Berlin eine Lesung des rassistischen Buchautors Thilo Sarrazin verhindert. Das Magazin Cicero wollte mit ihm im Berliner Ensemble diskutieren. 200-300 Menschen versammelten sich vor dem Gebäude und störten die Ankunft der Sarrazin-Fans. Im Gebäude befanden sich ebenfalls dutzende Aktivist*innen. Diese hielten Schilder in die Höhe und stimmten Sprechchöre an. Die Veranstaltung wurde daraufhin abgebrochen, Sarrazin fuhr nach Hause und die Sarrazin-Fans trollten sich.
Kundgebung, Festnahmen, erfolgreiche Störung
Schon eine Stunde vor Veranstaltungsbeginn startete eine linksradikale Kundgebung mit Sekt und Musik. Ankommende Gäste der Sarrazin-Veranstaltung mussten sich durch einen Haufen Antirassist*innen hindurchkämpfen. Auch abseits der Kundgebung gab es Bewegung. Hier kam es leider auch zu Festnahmen, die abtransportierende Wanne wurde kurzzeitig blockiert.
Im Gebäude waren viele Mitglieder*innen der Gruppe Allmende. Sie hielten Sprüche in die Höhe wie "Ich bin eine Gebärmaschine" oder "Ich schaffe Deutschland ab" um auf die rassistischen Thesen von Sarrazin hinzuweisen. Eine Aktivistin hielt eine kurze Ansprache. Die Leitung des Berliner Ensembles machte dann eine Abstimmung, ob die Polizei die missliebigen Personen räumen lassen soll. Die Sarrazin-Fans stimmten natürlich begeistert zu. Die Situation war weiterhin unruhig, es wurde viel gerufen. Eine halbe Stunde Pause wurde eingelegt und dann die Veranstaltung doch abgesagt. Sarrazin war sauer.
Der Rassismus der bürgerlichen Mitte
Sarrazin wollte sein neues Buch "Der neue Tugendterror" vorstellen. Er inszeniert sich darin als Opfer von linker Kritik und antirassistischen Aktionen. Die Linken sind dann dabei die neuen Nazis. Das ist natürlich alles ziemlich dämlich, aber der rassistische Durchschnittsdeutsche freut sich natürlich, dass er einerseits Menschen munter ausgrenzen darf und andererseits für sich in Anspruch nehmen kann selbst unglaublich schlimm ausgegrenzt und verfolgt zu werden. Dieses Gejammer kriegt man ja auch auf jeder Nazidemo mit.
Etwas erstaunlich ist aber, dass sich das Berliner Ensemble klar auf der Seite vom Rassisten Sarrazin positioniert. Sie übernahmen in ihren Stellungnahmen die Positionen des Buchautors, sie sprechen von Tugendterror und linken Nazis. Der Intendant des Berliner Ensembles Peymann verkündet in einem Interview mit der Springerpresse:
"Diese unbelehrbaren "Linken" benehmen sich wie die Brandstifter von Hoyerswerda."
"Das Wort Rassismus hat bei uns eine so schreckliche Geschichte. Mit dieser Keule muss man unheimlich vorsichtig sein. Davon, dass Rassisten vermeintliche Untermenschen einkerkern, davon sind wir doch noch ziemlich weit entfernt."
Gleichzeitig bekundet er auch noch, dass er gegen ein Verbot der NPD ist. Er fühlt sich nach ausgiebiger Sarrazinlektüre offensichtlich auch von "Gutmenschen" verfolgt und setzt sich dafür ein, dass Rassist*innen in seinem Theater gehört werden dürfen.
Theater ist in Deutschland ein ziemlich weißer und bürgerlicher Ort. Es ist kein Wunder, dass es an einem solchen Ort verbreitetes rassistisches Denken gibt. Das gut situierte Bürgertum fühlt sich durch die allgemeinen Krisentendenzen verunsichert und fürchtet um seine Privilegien. Es wird deswegen aggressiver in der Durchsetzung seiner gesellschaftlichen Position. Rassismus, Nationalismus, aber auch Sexismus haben in Europa in den letzten Jahren Auftrieb bekommen. Die eindeutige Positionierung der Leitung des Berliner Ensembles ist ein eine Parteinahme für Sozialchauvinisten und Rassisten. Das verdient eine Antwort.
Das Programm des Berliner Ensembles findet ihr hier. Zuschauer*innen könnten informiert werden, welches politisches Projekt sie mit ihrem Theaterbesuch unterstützen.
Rassist sein, heißt Ärger kriegen!
Ein früheren Kurzbericht: Erfolgreicher Protest: Sarrazin muss Lesung abbrechen! (3. März via Stressfaktor)
Erstveröffentlichung auf Indymedia am 4. März 2014
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