Lautstarke Proteste gegen den Aufmarsch des Wachbataillons in Berlin-Köpenick
Am heutigen Nachmittag marschierten etwa 30 Soldat*innen des Berliner Wachbataillons der Bundeswehr anlässlich der traditionellen „Köpenickiade“ vor dem Rathaus Köpenick, Sitz des Bezirksamtes Treptow-Köpenick, auf und provozierten lautstarke Proteste. Denn gekommen waren auch mehr als 50 Menschen, um gegen die geschmacklose Inszenierung und die Militarisierung des öffentlichen Raumes zu demonstrieren.
Zu Gegenprotesten aufgerufen hatten das Antifaschistische Bündnis Südost [ABSO] und die Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA).
Wie einer Pressemitteilung des Bezirksamtes zu entnehmen war, sollten statt Laienspielern, wie sonst üblich, diesmal „echte Gardesoldaten des Berliner Wachbataillons“ den Raub der Stadtkasse durch den Schuster Wilhelm Voigt nachspielen und dabei symbolisch das Köpenicker Rathaus besetzen. Man wollte „zu Ehren des Bezirksbürgermeisters Oliver Igel […] aufmarschieren.“1 Bekannt wurde Voigt als „Hauptmann von Köpenick“ durch seine spektakuläre Besetzung des Rathauses der damals selbständigen Stadt Cöpenick am 16. Oktober 1906, in das er als Hauptmann verkleidet mit einem Trupp gutgläubiger Soldaten eindrang, den Bürgermeister verhaftete und die Stadtkasse entwendete.
Die Bundeswehr wollte die Veranstaltung für Werbezwecke zur Rekrut*innenanwerbung nutzen. Daher war auch ein Informationsstand des „Karrierecenter Berlin“ der Bundeswehr angekündigt. Doch mehr als 50 Menschen, darunter etliche Anwohner*innen, mischten sich unter die Schaulustigen und machten mit Plakaten, Transparenten, Trillerpfeifen und Sprechchören deutlich, dass solche Bundeswehreinsätze in Köpenick nicht erwünscht sind. Neben Vertreter*innen des Antifaschistischen Bündnisses Südost [ABSO] und der Bertliner VVN-BdA protestierten auch Mitglieder von DIE LINKE Treptow-Köpenick, Junge Linke Treptow-Köpenick und anderen Organisationen gegen das militaristische Spektakel. Nur die Berliner Polizei zeigte wieder einmal, dass antimilitaristische Proteste nicht gewollt sind und war mit einem Großaufgebot zugegen.
ABSO-Pressesprecherin Tina Böhm stellt klar: „Vor 100 Jahren begann der Erste Weltkrieg und endete mit Millionen Toten, absolutem Chaos und der trüben Aussicht auf einen Zweiten, noch viel schlimmeren Weltkrieg. Dass die Bundeswehr nun versucht, auf offener Straße Menschen für ihre Zwecke zu rekrutieren, ist nicht nur geschmacklos. In völliger historischer Verdrehung den ‚Hauptmann von Köpenick‘, eigentlich Symbolfigur gegen den preußischen Kadavergehorsam des Militärs, ist zudem regelrecht dumm. Dass sich der Bezirksbürgermeister zu einer solchen Schmierenkomödie herab lässt, ist nicht akzeptabel.“
Und Böhm ergänzt: „Umso mehr freuen uns die lautstarken Proteste. Hoffen wir, dass die Straßen Treptow-Köpenicks nicht noch einmal für ein solches Schauspiel missbraucht werden.“
Der Geschäftsführer der Berliner VVN-BdA Markus Tervooren erklärt: „Schon Kurt Tucholsky wusste: ‚Soldaten sind Mörder.‘ Wer für diesen Beruf wirbt, muss sich entschiedenen Protest gefallen lassen.“
Erstveröffentlichung auf Antifaschistisches Bündnis Süd-Ost am 12. August 2014
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