Eine Brandstiftung in Bohnsdorf und ein Mord in Baumschulenweg – Ist Rassismus das Motiv?

14. Juli 2013 | News Redaktion

In einem neugebauten Wohnhaus einer Familie wurde kurz vor der Fertigstellung am 16. Mai 2013 ein Feuer gelegt. Zum Glück war das Haus zur Tatzeit noch nicht bewohnbar, so dass niemand körperlich zu Schaden kam. Es entstand jedoch ein enormer Sachschaden von über 200.000€, der die Familie in ihrer Existenz bedroht, denn die Baustelle war nicht gegen Brandanschläge versichert. Ein rassistisches Motiv muss in Erwägung gezogen werden, da die Familie, die das Haus baute, aus dem Irak kommt. Der heute 53-jährige Raad J. war vor rund zwölf Jahren, kurz vor dem Beginn des Irakkriegs, nach Berlin geflohen. Vier Jahre später folgte seine Familie. Seitdem arbeiteten sie in Berlin und sparten ihr Geld für ihr Eigenheim, dass nun durch einen Brandanschlag zerstört wurde.

Der Berliner Kurier zitiert einen Polizisten: „Das hier war kein Unfall oder technischer Defekt. Hier wurde im ganzen Haus Benzin verschüttet und angezündet.“ Schon zwei Wochen zuvor wurden Werkzeuge und Baumaterial von der Baustelle gestohlen. Die Polizei ermittelt nun „in alle Richtungen“. Ob die Polizei allerdings auch Neonazis und Rassist_innen als Tatverdächtige überprüft, darf nach den Ermittlungen zum NSU bezweifelt werden. Zumal sich Politiker_innen mittlerweile gegenseitig bestätigen, dass im Bezug auf den NSU„kein Versagen der deutschen Sicherheitsbehörden“ vorgelegen habe. Der behördeninterne Rassismus wird einfach zu singulären „Behördenpannen“ verniedlicht. Das bedeutet dann offenbar auch: Alles wie gehabt, einfach weiter wie bisher.

So auch im Mordfall an Soljo Delic? Dieser wurde in Baumschulenweg Ende April in seinem Juweliergeschäft ermordet. Der Schmuckhändler (aus Bosnien migriert) wurde mit zwei gezielten Schüssen in Kopf und Brust erschossen. Opferwahl und Vorgehen erinnern stark an die Morde, die durch den NSU verübt wurden. Besonders auffällig ist die Tatsache, dass alle Zeitungen übereinstimmend berichteten, dass es keine Anzeichen für einen Raubmord gibt, da das Schmuckgeschäft nicht durchwühlt wurde. Auch hier bezweifeln wir, dass die Polizei nicht vorurteilsfrei ermitteln wird. Vermutlich wird zunächst die Familie und das Umfeld des Opfers ins Visier der Ermittler geraten, bevor ein rassistisches Motiv überhaupt in Betracht gezogen wird, obwohl dies eine Konsequenz aus den Ermittlungsfehlern im Fall NSU sein müsste.

Wir solidarisieren uns mit allen Betroffenen rassistischer Gewalt und fordern, dass Rassismus bei allen Angriffen auf People of Color als Tatmotiv in Betracht gezogen wird.

Erstveröffentlichung auf antifaschistisches bündnis süd-ost am 7. Juli 2013

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