Ein Jahr „Bärgida“ - Läuft nicht! Oder doch?
Es ist wieder Montag. Auf dem Vorplatz des Berliner Hauptbahnhofs haben sich wieder um die 150 „Bärgida“-Anhänger*innen versammelt, die nun in der Kälte stehen und mit Deutschlandfahne und Bier in der Hand islam- und ausländerfeindliche Reden anhören. Unter ihnen gewaltbereite Hooligans, AfD-Mitglieder und NPDler. Abgeschirmt von einem beachtlichen Polizeiaufgebot stehen etwa 300 Antifaschist*innen und übertönen mit Musik, Trillerpfeifen und Sprechchören die rassistischen Redebeiträge. Alles beim Alten – leider.
Seit dem 5. Januar demonstriert der Berliner Pegida-Ableger „Bärgida“ jeden Montag. Anfangs stellten sich noch tausende Berliner*innen dem rassistischen Aufmarsch am Roten Rathaus entgegen und blockierten die Route erfolgreich. Mittlerweile finden nur noch wenige den Weg zu den Gegenprotesten.
Viele Menschen wollen die Demonstranten rund um Bärgida Anmelder Karl Schmitt (Die Freiheit) nicht so recht ernst nehmen, wenn sie jeden Montag erneut krude Thesen rund um die Themen Einwanderung, Flüchtlingspolitik und Finanzpolitik in die Welt setzen. So ist nicht selten die Rede von einer angeblich geplanten „Umvolkung“, einem beachtlichen Stundenlohn von 25€ pro Stunde für engagierte Gegendemonstrant*innen und natürlich die Behauptung, dass Deutschland kein souveränes Land sondern eine GmbH sei. Doch die Annahme es handle sich bei den Montagsprotestlern nur um einige verwirrte Mitbürger*innen offenbart sich schnell als Trugschluss, wenn man einen genaueren Blick auf die rassistische Bewegung wirft: Zwei Teilnehmer der Demo beleidigten eine Familie in der Ringbahn fremdenfeindlich und urinierten anschließend auf die Kinder. Aus den Reihen der gewaltbereiten Hooligans (ehem. B.D.H – Bündnis deutscher Hools), die jeden Montag auf den Bärgida-Demonstrationen laut auf sich aufmerksam machen, wurde eine Unterkunft für Geflüchtete in Berlin Marzahn-Hellersdorf mit brennenden Holzlatten angegriffen, Journalist*innen wurden mehrfach bedrängt und auch Reichsbürger Christoph Kastius, der zum gewaltsamen Umsturz Merkels aufrief, nahm mehrfach an der rassistischen Demonstration teil.
Die wöchentlichen Kundgebungen des Pegida-Ablegers bieten Rassist*innen einen Ort der Radikalisierung und Vernetzung und rechten Splittergruppen und Parteien eine Bühne, um ihren Rassismus in ganz Berlin verbreiten zu können. Obwohl Bärgida keine mediale Aufmerksamkeit mehr erhält, ist das Gefahrenpotential, das von der Demo ausgeht, nicht von der Hand zu weisen – nicht umsonst liegt Berlin weit vorne in der Landesstatistik rassistischer und fremdenfeindlicher Angriffe im Jahr 2014.
Gerade deshalb bleibt es für das Aktionsbündnis #NoBärgida, das sich aus verschiedenen Parteien, linken Gruppen und engagierten Privatpersonen zusammensetzt, unabdingbar sich Montag für Montag den „Wutbürgern Berlins“ entgegenzustellen. Das im Januar 2015 gegründete Bündnis setzt es sich zum Ziel die rassistische Hetze der Montagsdemonstrationen nicht unbeantwortet zu lassen. Es engagieren sich zunehmend Schüler*innen, die gemeinsam mit dem Bündnis ein klares Zeichen gegen Rassismus jeder Art zu setzen. Für sie alle ist klar, dass Hilfesuchende ein Recht auf eine Perspektive haben und ein Miteinander nur solidarisch und geeint möglich ist.
Um dies zu erreichen, wird das Aktionsbündnis auch 2016 weiterhin auf den Straßen Berlins präsent sein. Denn ein Jahr Bärgida war vielen ein Jahr zu viel. Das Bündnis hofft weiterhin auf breite Gegenproteste, die den rassistischen Demonstrant*innen ihre Bühne streitig machen. Berlin soll weiterhin für alle Menschen lebenswert sein – ungeachtet ihrer Hautfarbe, Religion, Herkunft oder sexuellen Orientierung!
Erstveröffentlichung auf Aktionsbündnis #NoBärgida am 5. Januar 2016
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