Polizei erfasst Daten zu Bewohner*innen der Rigaer94 und macht diese Nazis zugänglich
Am 23. Juni überfallen Polizei, Bauarbeiter und Secus das linke Hausprojekt Rigaer94. Mehrere Räume, darunter die Kneipe Kadterschmiede, werden geräumt. Noch am selben Tag taucht auf einem Nazi-Blog Bilder einer Liste mit 10 Namen von Bewohner*innen der Rigaer94 inklusive Geburtsdatum und -ort auf. Angeblich umfasst die Liste insgesamt 73 Bewohner*innen und Besucher*innen der Rigaer94.
Betreiber des Nazi-Blogs ist Sven Liebich. Liebich ist bereits seit Ende der 1980er Jahre fester Bestandteil der Nazi-Szene in Halle und Umgebung. In den 1990er Jahren betreibt er mehrere Versände für Nazi-Musik und Nazi-Läden. Er steigt zu einem führenden Blood & Honour- und Combat18-Aktivisten in Sachsen-Anhalt. Später wird er gemeinsam mit Thomas Richter Hallenser Kammeradschaftsszene. Richter wird über 18 Jahre als V-Mann Corelli vom Bundesamt für Verfassungsschutz geführt und hat enge Kontakte zum NSU. Anti-Antifa ist bereits damals einer seiner Schwerpunkte von Liebich. Bei einer solchen Biographie überrascht es kaum, dass er auch selbst an Übergriffen auf Linke beteiligt ist. Im Zuge eines größeren Strafverfahrens gegen ihn, zieht er sich aus der Öffentlichkeit zurück. Im Zuge der extrem rechten Mobilisierungen der letzten 1-2 Jahre taucht er wie so viele seiner alten Kameraden wieder auf. Seit 2014 organisiert er die sogenannten "Montagsmahnwachen" von Verschwörungstheoretikern in Halle mit. Mitte 2015 registriert er halle-leaks.de und versucht eine Whistleblowing-Plattform für die (extreme) Rechte aufzubauen. Seit 2016 betreibt er unter blog.halle-leaks.de klassischen extrem rechten Hetzblog - angereichert mit privaten Daten vermeintlicher Linker.
Nach öffentlichem Druck muss die Polizei zugeben, dass die Liste aus einer ihrer Ermittlungsakten stammt. In der Akte geht es wohl um die Vertreibung dreier Nazis aus Friedrichshain am 14. Januar diesen Jahres. Stephanie Schulz, Curd Schuhmacher und Georg Stein hatten versucht vor der Rigaer 94 ein Propaganda-Video zu drehen und wurden von engagierten Antifaschist*innen vertrieben. Dabei gingen auch ein paar Scheiben ihres Autos zu Bruch. Laut Darstellung der Polizei hatte sich der Vorteil um 16.30 Uhr ereignet. Die jetzt veröffentlichte Liste deutet darauf hin, dass die Polizei zwei Stunden später begann Personalien von Bewohner*innen und Besucher*innen der Rigaer94 zu erfassen und diese der Ermittlungsakte beifügte. Wie sie jetzt wie zur Entschuldigung vorbringen, wurde diese Liste von persönlichen Daten etlicher Linker, den Anwält*innen der drei Nazis im Zuge einer Akteneinsicht bereitwillig übergeben. Ob nun letztlich diese Sven Liebich die Akte schickten oder es doch Polizist*innen selbst waren, ist da letzlich zweitrangig.
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