Aktuelles zum Naziaufmarsch am 24.11.
Seit knapp zwei Wochen mobilisiert die Berliner NPD zu einer Demo am Samstag im südlichen Neuköllner Ortsteil Rudow. Das Datum der Demonstration wurde bewusst auf den Tag der Silvio-Meier Demo gelegt und steht in Zusammenhang mit einer von der NPD ausgerufenen rassistischen Kampagne gegen eine geplante Flüchtlingsunterkunft in Rudow. Die NPD hofft so offenbar Gegenprotesten zu entgehen. Ihre Strategie geht jedoch nicht auf, ein breites Bündnis aus Gruppen und Initiativen ruft zu Protesten auf. Unterdessen blamierten sich sechs Neonazis bei einer neuerlichen Kundgebung am Mittwoch in Rudow.
Die Berliner NPD, die sonst vor allem durch ihre Politikunfähigkeit auffällt, versucht sich aktuell in die Debatte um eine geplante Flüchtlingsunterkunft in Rudow einzuklinken und anknüpfend an die ablehnende Grundstimmung mit einer rassistischen Kampagne das Thema für sich zu besetzen. Die Befürchtung, dass diese gelingt, scheint angesichts der Ereignisse um eine von der Neuköllner CDU Initiierten „Bürgerversammlung“ nicht ganz unberechtigt, die Versuche der NPD ihr Vorhaben umzusetzen gestalteten sich jedoch bisher eher kläglich. Zu einer nicht öffentlich angekündigten Kundgebung am 7. Novembererschienen etwa 20 Neonazis der Berliner NPD und des „NW-Berlin“, die beabsichtigte Provokation gegen eine Filmveranstaltung eines zivilgesellschaftlichen Bündnisses gegen Rechts lief ins Leere. Einen neuerlichen Versuch unternahm die NPD am gestrigen Mittwoch. Während in der „Alten Dorfschule“ etwa 40 Besucher_innen dem Film „Die Tragödie der Provinz“ und der Diskussion mit dem Journalisten Maik Baumgärtner, sowie einem Input der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus zu Neonazis in Neukölln beiwohnten, hatte sie eine kurzfristig bekannt gewordene Kundgebung an der etwa hundert Meter entfernten Kreuzung Groß-Ziethener Chaussee/Alt-Rudow angemeldet (Fotos). Ganze sechs NPD-Anhänger unter ihnen der Berliner LandesvorsitzendeSebastian Schmidtke, der Neuköllner Kreisvorsitzender Sebastian Thom und der ehemalige Neuköllner Bezirksverordnete Jan Sturm standen sich hier mit ihrem Transparent etwa eineinhalb Stunden die Beine in den Bauch. Trotz einer Mobilisierungszeit von nur wenigen Stunden wurde NPD-Kundgebung von etwa 50 Gegendemonstrant_innen akustisch begleitet, die zudem die Gelegenheit nutzen für die Aktivitäten gegen den NPD-Aufmarsch am Samstag zu werben. Als dann auch noch die Technik versagte, wurde es um die NPD buchstäblich komplett still. Die schon bei der letzten Kundgebung verteilten und in den letzten Tagen auch vereinzelt in Rudower Briefkästen gesteckten Flugblätter, wurden von den Passant_innen größtenteils noch vor Ort entsorgt oder zerrissen. Auch sonst ging der Schuss für die NPD öffentlichkeitstechnisch nach hinten los, als eine Anwohnerin der Hufeisensiedlung, deren Familie in der Vergangenheit mehrfach zum Ziel von Naziangriffen geworden war, Sebastian Schmidtke vor laufenden RBB-Kamera zu Rede stellte, druckste dieser sichtlich überfordert herum
Zuletzt war die NPD am letzen Samstag bei einer thematischen Kundgebungstour mit etwa ein dutzende Teilnehmer_innen u. a. in unmittelbarer Nähe des Flüchtlingscamp auf dem Pariser Platz ebenfalls mit spontanen Gegenprotesten von mehreren hundert Menschen konfrontiert worden.
Die Demo am Samstag soll nun offenbar der (vorläufige?) Höhepunkt der NPD-Aktionen gegen das Heim für Asylbewerber_innen sein. Die Demo am Samstag wird bisher vor allem im Internet, über soziale Netzwerke und E-Mail Verteiler beworben. In den letzten Tagen tauchten zudem vereinzelt neongelbe Plakate in Rudow auf, mit denen eine „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ zur Teilnahme an der Demonstration aufruft. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die Urheber_innen der Plakate mit den Organisator_innen der Demo identisch sind. Auch die Namensgleichheit mit einer bayerischen Tarnliste der Partei, lässt auf einen Versuch der NPD schließen lokale Verankerung zu simulieren.
Die Route der NPD am Samstag steht indes noch nicht endgültig fest, nach derzeitiger Informationslage werden die Nazis wohl vom U-Bahnhof Rudow aus einer Runde durch den südlichen Teil Rudows zurück zur Rudower Spinne laufen (Übersichtskarte).
Die NPD scheint unterdessen vom Erfolg ihres Vorhabens selbst nicht ganz überzeugt zu sein und hat ab 16 Uhr einezweite Kundgebung vor einem vom „NW-Berlin“ als Stützpunkt und der NPD als Materiallager genutzten Ladengeschäft in der Lichtenberger Lückstraße angemeldet.
Die Mobilisierung zu den Gegenprotesten läuft derweil auf Hochtouren. Wenige Tage nach Bekanntwerden der NPD-Demo haben Antifaschist_innen aus dem Bezirk über die geplanten NPD-Aktivitäten informiert und Kopiervorlagen für die Mobilisierung bereit gestellt. Von diesen wurde erfreulich oft gebraucht gemacht und die Materialien wurden vielerorts verteilt oder landeten an den Wänden. Neben Antifa-Gruppen rufen auch zivilgesellschaftliche Initiativen zu den Protesten gegen die NPD auf. Jugendantifas aus Treptow-Köpenick haben ein eigenes Mobivideo zu den Protesten produziert. Es sind für Samstag mehrere Gegenkundgebungen in Rudow angemeldet (Übersichtskarte).
Auf dem Laufenden halten könnt ihr euch am Tag selbst via Twitter bei: https://twitter.com/rechtsaussen, als Infopunkt kann zudem die Kundgebung von „Neukölln gegen Nazis“ Alt-Rudow/Neudecker Weg genutzt werden.
Ein Info-Update zum Naziaufmarsch gibt es heute ab 20.00 Uhr in der Tristeza.
Im Anschluss startet am U-Bahn Samariterstraße die bundesweite Demo zum 20.Jahrestag der Ermordung von Silvio Meier. Bereits gestern gedachten etwa 100 Menschen dem von Nazis erstochenen Antifaschisten und Hausbesetzer bei der jährlichen Mahnwache zum Todestag am 21.November. Im engen Austausch mit dem Silvio-Meier Bündnis werden wir dafür Sorge tragen, dass ihr sowohl an den Anti-Nazi Protesten in Rudow als auch an der Demo teilnehmen könnt.
Erstveröffentlichung auf Indymedia am 22. November 2012
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