Bundesweite AfD-Demonstration läuft durch Berlin - Gegenprotest von der Polizei brutal angegriffen
3000 Menschen demonstrierten gestern gegen die bundesweite AfD-Demonstration in Berlin. Es kamen 4000 Rassist*innen, darunter viele Neonazis. Die Polizei hatte die gesamte Strecke mit Hamburger Gittern abgesichert und ging sehr brutal gegen den Gegenprotest vor. Es wurden immer wieder Pfefferspray und Schlagstöcke eingesetzt. Es gab viele Festnahmen und Verletzte. Angriffe von Nazis wurden dagegen ignoriert.
Der Tag
Zunächst startete eine antifaschistische Demonstration vom U-Bahnhof Kochstraße mit 1800 Teilnehmer*innen. Gegen Ende der Demonstration gab es einen Durchbruchversuch, der von der Polizei attakiert wurde. Für einige Zeit gab es dann einen Kessel. Im folgenden versuchten immer wieder Gegendemonstrant*innen an verschiedenen Stellen auf die Route zu kommen. Es gab kleinere Sitzblockaden und Blockaden der Anfahrtswege. Die Polizei war mit einem Großaufgebot von 1100 Polizist*innen und vielen Hunden am Start. Sie ließ keinen Zweifel daran, dass sie den Aufmarsch mit aller Kraft durchsetzen würde. Es gab 59 Festnahmen und viele Verletzte. Es war auffällig, wie brutal die Polizei vorging. Es wurden direkt zugeschlagen und schnell das Pfefferspray eingesetzt. Es wurde eine sehr harte Linie gefahren und dabei die Verletzungen von Menschen billigend in Kauf genommen. Die inhaltliche Nähe von AfD und Teilen der Polizei wurde in letzter Zeit immer wieder deutlich. Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) Rainer Wendt gab zuletzt dem extrem rechten Verschwörungsmagazin "Compact" ein Interview. Die Gewerkschaft hetzt in den letzten Wochen konsequent gegen Geflüchtete.
Die AfD hatte keine Probleme damit, dass viele erkennbare Nazis bei ihrer Demonstration mitliefen, darunter auch einige prominente NPD-Kader. Die AfD formiert sich als rassistische Sammlungspartei von rechts bis ganz rechts.
Auch die Parteien im Berliner Abgeordnetenhaus hatten versucht zu einer Kundgebung zu mobilisieren. Dort kommen nur einige hundert Menschen. Die Polizei gab nach anfänglichen Schätzungen die Zahl der AfD mit 5000 und die der Gegendemonstrant*innen mit 800 an. Dies ist ein politische Schätzung, die der AfD dienen soll. Es waren definitiv mehr als 800 Gegendemonstrant*innen am Start.
Die Mobi
Der gestrige Tag war kein Erfolg. Die AfD konnte nicht blockiert werden und konnte mehr Leute mobilisieren als der Gegenprotest. Das Gefühl tausende Rassist*innen an sich vorbeiziehen lassen zu müssen und dann noch von der Polizei verprügelt zu werden, ist scheiße.
Es geht nun nicht darum, sich in seinem selbstgerechten Hass auf die Szene zu bestätigen, sondern den antifaschistischen Kampf zu stärken. Da ist es zu hoffen, dass sich an solchen konstruktiven Versuchen in nächster Zeit noch mehr Leute beteiligen. Denn es ist klar, dass was wir auf die Straße bringen gegen die Nazis in Marzahn, gegen Bärgida, zur Unterstützung von antifaschistischen Strukturen in Brandenburg und Sachsen oder gegen die AfD; reicht bei weitem nicht aus. Wir müssen mehr und entschlossener werden, dem würden wahrscheinlich alle zustimmen.
In Berlin ist im Gegensatz zu anderen Städten auch das völlige Fehlen einer sogenannten Zivilgesellschaft feststellbar. Hier mobilisieren keine Theater, Pfaffer, Grünen oder Künstler. Diese Mobilisierungen haben ihre klaren Schattenseiten. Die Zivilgesellschaft weist bei solchen Inszenierungen den eigenen Rassismus gerne sehr weit weg. Aber es führt auch dazu, dass in Berlin nicht sonderlich viele Menschen gegen Nazis zu mobilisieren sind.
Allerdings gibt es hier auch Ausnahmen, wie das aktive Neuköllner Bündnis, welches den NPD-Aufmarsch am Montag verhinderte oder die vielen Ehrenamtlichen in Moabit.
Die Mobi war aus verschiedenen Gründen nur teilweise erfolgreich. Zum einen ist die AfD als Gegner einer antifaschistischen Szene sehr neu. Viele halten sie noch für eine rechtspopulistische oder gar rechtsliberale Partei und haben die faschistischen Tendenzen und die enge Zusammenarbeit mit Nazis noch nicht realisiert. In den letzten Jahren hat sich für die AfD kaum jemand interessiert. Zu Gegenprotesten gegen ihre Veranstaltungen kamen häufig nur Dutzende Menschen. Das hat sich in den letzten Wochen schon stark verändert. Gerade die "Szene" hat die Gefahr durch die AfD-Demos heraufkommen sehen, aber dies hat es eben noch nicht in ausreichendem Maße in ein "Szeneumfeld" geschafft.
Zweitens ist die antifaschistische Szene in Berlin nicht gerade auf ihrem Bewegungshöhepunkt. Es gibt aber zuletzt wieder mehr Versuche dies zu ändern. Außerdem sind die gesellschaftlichen Umstände schwierig. Überall gibt es Naziaktivitäten und der Staat macht eine Asylrechtsverschärfung nach der anderen. Gleichzeitig wurde Bewegungsfreiheit teilweise Wirklichkeit, Tausende überwinden Grenzen. In dieser vielschichtigen Situation zu agieren, ist nicht einfach.
Aber eins ist sicher: Der Widerstand gegen die rassistischen Zustände ist verdammt notwendig. Arbeiten wir daran, dass sich diesem Kampf mehr Leute anschließen.
Wir sehen uns auf der Straße.
Erstveröffentlichung auf Indymedia am 8. November 2015
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