5000 Menschen auf Silvio-Meier-Demo

26. November 2012 | Nazis auf die Pelle rücken

+++ 5000 Menschen auf Silvio-Meier-Demonstration +++ Zahlreiche Festnahmen und Polizeiübergriffe +++ Angriffe auf "NW-Berlin"-Stützpunkt in der Lückstraße +++ Vormittags Proteste gegen Naziaufmarsch in Rudow +++

Am heutigen Samstag beteiligten sich mehr als 5000 Menschen an der diesjährigen Silvio-Meier-Demonstration (erste Bilder hier und hier). Jedes Jahr gedenken Antifaschist*innen in Berlin dem am 21. November 1992 durch Nazis ermordeten Antifaschisten Silvio Meier. Aus dem gesamten Bundesgebiet und dem Ausland waren in diesem Jahr Antifaschist*innen angereist. Der Schwerpunkt der Demonstration war die Mordserie des „NSU“ und die Strukturen der Berliner Naziszene in Berlin-Lichtenberg. Dort, in der Lückstraße 58, befindet sich der Stützpunkt des „NW-Berlin“. Als die Demonstration an dem Laden vorbei zog, wurde der Laden angegriffen.

Die Demonstration startete um 15 Uhr am U-Bhf. Samariterstraße, verlängerte jedoch die Auftaktkundgebung auf 1 ½ Stunden, damit sich die Teilnehmer*innen der Proteste gegen den Naziaufmarsch in Rudow anschließen konnten. Sie zog anschließend durch Friedrichshain nach Lichtenberg. In der Demo wurden immer wieder Bengaos und Feuerwerkskörper gezündet, um den kämpferischen Charakter der Demo zu unterstreichen. Zahlreiche Anwohner*innen bekundeten u.a. mit Transparenten und Feuerwerk ihre Solidarität von Fenstern, Dächern und Balkonen. Auch auf der Villa Felix, dem ehemaligen Wohnort Silvio Meiers, wurde Pyrotechnik entzündet und ein großes Gedenktransparent entrollt. Durch Redebeiträge wurden die Morde der „NSU“ und die Verstrickungen des Nazinetzwerks mit staatlichen Behörden, insbesondere dem Verfassungsschutz, thematisiert. Bereits im Vorfeld veranstaltete die Antifaschistische Linke Berlin zwei Veranstaltungen zur „NSU“. Zusätzlich fanden Mobilisierungsveranstaltungen in verschiedenen Städten statt. Auf die laufenden Flüchtlingsproteste wurde im Rahmen der Demo mit einem Redebeitrag eingegangen.

In der Demospitze formierte sich, wie auch schon in den letzten Jahren, ein Frauen_Lesben_Trans*_Inter*-Block. Damit sollte ein klares Zeichen gegen Sexismus und Mackertum unter dem Motto "FLT*I* heisst Antifa, und Antifa heisst Angriff!" gesetzt werden.

Das Ziel der Demo, der Bezirk Lichtenberg, zählt neben Rudow und Schöneweide zu den Aktionsschwerpunkten der Berliner Naziszene. Dort ist auch die Naziclique "NW-Berlin" um Sebastian Schmidtke aktiv, die für zahlreiche Anschläge und Übergriffe verantwortlich gemacht wird. Entschlossene Antifas zeigten jedoch direkt vor deren Stützpunkt in der Lückstraße 58 klar und deutlich, dass sie nicht mehr bereit sind dem Treiben der Nazis widerstandslos zuzusehen. Als die Demonstration an dem Laden vorbei zog, wurde der bereits ordentlich beschädigte Laden erneut mit Steinen und Farbe angegriffen. Bereits im Vorfeld der Demonstration sind Antifaschist*innen zweimal nach Berlin-Schönweide gefahren und hatten den lokalen Nazis durch das Verteilen von Flyern gezeigt, dass auch dies keineswegs ihre Homezone ist.

Zum Ende der Demo wurde das martialische Aufgebot der Polizei, dass auch von Einsatzhundertschaften aus anderen Bundesländern unterstützt wurde, immer übergriffiger. Im Verlauf der Demonstration wurde vom Bündnis beschlossen, die Demonstration bereits am S-/U-Bhf Lichtenberg zu beenden. Obwohl dies mit der Polizei abgesprochen war, verhinderte sie die Abreise der Demonstranten. Sie sperrte alle Eingänge zum S- und U-Bhf, wollte nur Gruppen aus maximal fünf Personen durchlassen und gingen mit Greiftrupps immer wieder in die Demo hinein und prügelte wild um sich. Das harte Vorgehen führte zu vielen Verletzungen, sowie mindestens 22 Festnahmen. Wendet euch bei Festnahmen bitte an den Berliner Ermittlungsausschuss (030 6922222) und sagt auch Bescheid, wenn die Leute wieder freigelassen wurden. Vor den Bullenwachen in der Wedekindstraße und der Kruppstraße sammelten sich spontan Leute, um die verhafteten Antifaschist*innen abzuholen. Der EA Berlin berichtet, dass die ersten Leute langsam wieder freigelassen werden.

Anlässlich des 20. Jahrestags der Ermordung wurde im Vorfeld das selbstorganisierte Gedenken thematisiert. Am Dienstag wurde im Jugend(widerstands)museum in der Rigaerstraße diskutiert, in welcher Form den Opfern rechter Gewalt diskutiert. Außerdem wurde im Internet eine Dokumentation von Material aus 20 Jahren Silvio-Meier-Gedenken veröffentlicht und eine Interview-Broschüre gedruckt.

Im Vorfeld der Demo hatte es in Berlin-Rudow zahlreichen Proteste gegen eine Demonstration der NPD gegeben. Die Nazidemo richtete sich gegen eine geplante Unterkunft für Flüchtlinge. Auf eine andere Unterkunft für Flüchtlinge, im nahegelegenen Waßmannsdorf, hatten die Erfüllungsgehilfen von Schmidtkes "NW-Berlin" bereits vor einigen Wochen einen Anschlag verübt. Am Tatort hinterließen sie ein Graffiti mit der Aufschrift "NW-Berlin".

Die Polizei waren in Rudow mit einem Großaufgebot vor Ort und riegelte die Region rund um den U-Bahnhof weiträumig ab. Zahlreiche Buslinien wurden umgeleitet, überzogene Vorkontrollen wurden zahlreich durchgeführt. Auch hier wurden leider 21 Leute festgenommen. Die Berliner Polizei tat also alles in ihrer Macht stehende, um den Nazis den Aufmarsch zu ermöglichen. Trotzdem schafften es engagierte Antifaschist*innen eine Blockade zu formieren und so den Aufmarsch zu stoppen.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Berliner Polizei heute mal wieder klar gemacht hat, wo für sie der Feind steht, nämlich links. Während den Nazis, auch mit Hilfe körperlicher Gewalt, der Weg freigemacht wurde, werden linke Demonstranten immer wieder schikaniert oder müssen um ihre körperliche Unversehrtheit fürchten. Trotzdem lassen wir uns nicht einschüchtern und werden auch weiterhin den Nazis die Stirn bieten. In diesem Sinne ein Dank an alle Leute die heute da waren und die Demo aktiv mitgestaltet haben.

Webseite des Bündnisses: www.silvio-meier.tk
Webseite zur Dokumentation von 20 Jahren Silvio-Meier-Gedenken: www.antifa-berlin.info/silvio-meier-doku
Webseite der Initiative Aktives Gedenken: www.aktivesgedenken.de

Erstveröffentlichung auf Indymedia am 24. November 2012

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