Rechter »Athletik Klub Ultra« bei MMA-Turnier ausgeladen
Der Veranstalter des MMA-Turniers »Sprawl & Brawl« hat die Kämpfer des »Athletik Klub Ultra« von der Fightcard streichen lassen (Stand: 12. April 2016). Anlass dafür waren unsere Veröffentlichung über den AKU und Beschwerden über den Antritt von AKU-Kämpfern beim letzten »Sprawl & Brawl« im Oktober 2015.
Beim »Athletik Klub Ultra« handelt es sich um eine von Neonazis gegründete Kampfsportschule, die über Trainer wie Marco Müller, den langjährigen AKU-Vizevorsitzenden Frank Rieckmann oder den Straßenschläger Alexander Hardt (beide Ex-»Club 88«) eng mit dem lokalen Rocker- und Nazimilieu verbunden ist. Diese Zusammenhänge haben wir in unserer Veröffentlichung zum AKU ausführlich dargelegt. Deswegen sind wir über die Absage, die dem AKU erteilt wurde, erleichtert. Dass diese Entscheidung auch getroffen wurde, um Probleme zu vermeiden, ist uns durchaus bewusst. Dennoch begrüßen wir sie, da somit dem AKU signalisiert wird, dass die rechten Verbindungen des Gyms nicht unkommentiert bleiben. Die Antwort des Veranstalters Manolito Garmendia möchten wir im Folgenden dokumentieren.
Mo., 11. April 2016
»Mein Name ist Manolito Garmendia und ich bin der Veranstalter der MMA-Serie Sprawl&Brawl. Ich habe eben wieder zahlreiche Informationen darüber bekommen, dass ihr wieder einen kleinen Artikel über uns verfasst habt.
Nun mal eine kleine Zusammenfassung zu unserer letzten Veranstaltung und die Teilnahme des AKU: Bevor ich den Kämpfern absagen wollte, musste ich Tim B. natürlich auch zur Rede stellen, was es mit den über ihn verbreiteten Informationen auf sich hat.
Hier eine kleine Zusammenfassung aus unserem Gespräch im Okt. 2015: Ja, er WAR sehr sehr aktiv in der rechten Scene, dabei liegt die Betonung auf WAR! Ja, er war nicht nur ein kleiner „Fascho“, sondern er hatte auch eine führende Position in Neumünster. Und ja, der Klub Ultra ist auf Grund dieser rechten Vergangenheit bei einigen Veranstaltungen gesperrt.
Er hat mir versichert, dass er vor mehr als 10! Jahren mit der rechten Scene gebrochen hat und der Sport ihm dabei sehr geholfen hat. Er bereut diese Zeit sehr, aber sie lässt sich nicht rückgängig machen. Er war selbst im öffentlichen Dienst tätig und hat durch seine aktiven Zeiten diesen Job verloren. Selbst ist er übrigens mit einer “nicht deutschen” Frau verheiratet und erzieht sein Kind zweisprachig. Sein Co-Trainer ist übrigens auch türkischer Herkunft und vier seiner fünf damals gemeldeten Kämpfer haben einen Migrationshintergrund.
Ich habe das Thema lange mit Freunden und Partnern besprochen, und alle sehen es genauso wie ich: POLITIK HAT IM SPORT NICHTS ZU SUCHEN!!! → weder von links, noch von rechts !
Ich habe damals alle Gyms, Trainer und Fighter kontaktiert, die bei unserer Veranstaltung antreten wollten um ihre Meinung zu diesem Thema zu äußern. Alle waren EINSTIMMIG der Meinung: “Mensch Lito, lass die Jungs kämpfen”. Politik und Sport gehört getrennt. Sollte ich allerdings von Kämpfern hören, dass sie sich in irgendeiner Art und Weise Politisch/Radikal engagieren, dann werden sie auf Lebenszeit bei unser Veranstaltung und den Veranstaltungen unserer Freunde und Partnern gesperrt.
Zurück zu Tim. Irgendwann muss man Menschen auch die Möglichkeit geben, sich zu rehabilitieren. Und ich bin mir sicher, wir haben alle unsere Leichen im Keller. Jeder Mensch hat eine Vergangenheit und eine Zukunft. Wir leben gerade in einer sehr brisanten Zeit, in der dieses “Links- / Rechtsthema” schnell aufgegriffen wird. Ich bin der Meinung, es ist Zeit, dass wir uns alle die Hand reichen. Und wenn nicht durch den Sport ! -Wie dann ?
Wir hatte uns damals gesagt „Wir schauen uns die ganze Geschichte mal an und werden dann unsere Konsequenz daraus ziehen“. Wenn es klappt, dann ist es schön und wenn es nicht klappt, dann war es der letzte Auftritt des AKU bei S&B! Aber es verlief alles sehr Ruhig, Sportlich und Familiär.
Namen der vom AKU gemeldeten Kämpfer:
Alois Pupkulies
Dennis Petersen
Erik Krauberg
Eldar Mamedov
Salam Tepsaev
Philip Danker
Stefan Ziegler
Diesmal gibt es wieder 4 von 7 Kämpfern mit Migrationshintergrund! Und insgesamt starten bei uns 30 Kämpfer, wovon 17 ebenfalls einen Migrationshintergrund haben! Nur als kleine Randinfo, wie ihr vielleicht schon mit bekommen habt, habe ich Kubanische Wurzeln. Also ist die Nazi-Keule bei mir ganz falsch und glaubt mir bitte, bei uns werden niemals „Faschos“ starten. Und als kleiner Anhang noch, ich verstehe Eure Einwände und Bedenken in Bezug auf den AKU und ich kann es vielleicht auch ein bisschen nachvollziehen. Daher bin ich auch nicht böse wenn ihr dem „rechten Gesindel“ keine Plattform liefern wollt. Aber dies möchte ich auch nicht! Was ich euch aber übel nehme, ist die Aussage, dass ich das alles nur mache, um Geld zu verdienen! Ich habe einen Beruf, in dem ich sehr gut verdiene und Geld mit den Veranstaltungen zu verdienen, habe ich nicht nötig und das war auch nie meine Motivation! Ich betreibe seit dem 12.Lebensjahr Kampfsport und seit 2009 bin ich im MMA aktiv! Mein Ziel war es einfach, eine Veranstaltung von Kämpfern für Kämpfer ins Leben zu rufen, in dem der Sportler im Vordergrund steht. Die ganze Veranstaltung ist eigentlich immer so ausgelegt, dass sie nicht viel Gewinn abwirft, da wir im Verhältnis zu anderen Veranstaltungen sehr gute Gagen zahlen und viel Geld für Verpflegung, Ärzte (es sind immer 4 Ärzte vor Ort, obwohl nur einer notwendig ist), Physiotherapeuten, Showbühne usw. ausgeben.
Natürlich würde ich mich auch mal freuen, wenn was überbleibt aber bisher habe ich nur draufgezahlt. Für mich zählt halt der Gedanke, den Sport nach vorne zu bringen und aus der schmutzigen Ecke zu holen, in den er nicht gehört und natürlich habe ich die Hoffnung, dass das Event sich mal selber trägt!
Mfg Lito
PS: Ich möchte nur ungern die Kämpfer von der Fightcard nehmen, da sie selber nie in der Rechten Szene aktiv waren. Ich verstehe es, dass ihr den AKU keine Bühne geben wollt, da ihr sie als massive rechte Bedrohung seht! Nun mein Vorschlag, damit Ruhe einkehrt: ich nehme die 3 betroffenen Kämpfer sofort von der Fightcard!
Aber den Kämpfern gegenüber finde ich es nicht fair (sowohl den AKU-Kämpfern, als auch ihren Gegnern, die sich nun seit 4 Monaten auf ihre Kämpfe vorbereiten). Ich würde gerne mit einem befreundeten Gym sprechen und versuchen, dass die Jungs von der AKU unter einem anderen Gym antreten dürfen. (…) Ihr braucht keine Sorgen haben, dass wir die Rechte Szene in irgendeiner Weise finanziell unterstützen, da die Gagen für Amateurkämpfer zwischen 100 und 200 Euro liegen. Ich glaub nicht, dass sich damit, nach Abzug von Anreise und Unterkunft viel finanzieren läßt.«
Wir verstehen, dass die Absage an den AKU für die einzelnen Kämpfer*innen ein Problem darstellt, da es auch für diese frustrierend ist, Monate lang für einen Kampf zu trainieren und diesen nicht antreten zu können. Wie schon in unserer letzten Veröffentlichung gesagt: beim »Athletik Klub« sind nicht die Kämpfer dass Problem, vielmehr stinkt hier der Fisch vom Kopf. Das Recht auf Rehabilitation, das Lernen aus Fehlern steht jedem Menschen zu. Im Fall Bartling sehen wir allerdings keinen Ausstieg aus der rechten Szene, lediglich einen Umstieg und fließende Übergänge zwischen rechtem Spektrum und Rockern.
Neumünster ist eine Stadt, in der, im Vergleich zur sonstigen Tourismusidylle Schleswig-Holstein, vergleichsweise viele soziale Randgruppen existieren. Das umfasst eine kleine Fussballszene, migrantische Communities, Jugendgangs und diverse, den Rockern zumindest nahe stehende, Kreise. Viele dieser Kreise haben sich miteinander arrangiert, sodass zwischen Neonazis und migrantischen Jugendgangs nicht zwingend Feindschaft herrschen muss. Neonazis sind insbesondere in ihren Wohnvierteln Faldera und Ruthenberg gut verankert. In ihrem geschäftlichen Umfeld leugnen die Neonazis ihre Verstrickungen in die rechte Szene oberflächlich und werden deshalb trotz vielfacher Gegenbelege auch von Teilen ihrer eigentlichen Feindbilder akzeptiert. Außerdem gelten sie aufgrund ihrer Kontakte zu den Rockern (meist »Bandidos«) als »hart«, was ihnen in Teilen der Neumünsteraner Realitäten ein gewisse Akzeptanz verschafft hat. Außerdem sind auch migrantische Faschist*innen, wie die »Grauen Wölfe«, stark in Neumünster präsent. Der AKU kann als Abbild dieser Gemengelage gesehen werden. Viele, die dort trainieren, sind keine Neonazis, möglicherweise stehen sie diesen sogar halbherzig ablehnend gegenüber, trotzdem haben sie kein Problem, durch ihre Mitgliedsbeiträge eine wichtige Struktur der Schleswig-Holsteiner Neonazis zu supporten und Seite an Seite mit diesen zu trainieren. Der AKU hat es also geschafft, von einem reinen rechten Schläger-Club zu einer in der örtlichen Kampfsportszene etablierten Adresse zu werden, die aber trotzdem weiterhin den Neonazis mit allen Vorteilen zur Verfügung steht.
Was die Neonazis in Neumünster dazu bewegte, ihren Straßenterror gegen Linke und Migrant*innen zurückzufahren war nicht die Einsicht, dass ihr faschistisches Weltbild falsch ist. Vielmehr geht es ihnen schlicht um Geschäft. Rassistische Trennlinien wären für dieses Anliegen hingegen nur hinderlich. Was hier passiert, ist keine wirkliche »Verbrüderung«, kein neu entdecktes Antirassismus-Verständnis, sondern purer Pragmatismus.
Moralische Gesichtspunkte oder Menschenrechte spielen bei 1-%er »Motorrad Clubs«, die im Bereich des organisierten Verbrechens von Drogenhandel über Schutzgelderpressung bis zu Mordanschlägen nichts auslassen, keine Rolle. Insbesondere Frauen haben in diesem Milieu nichts zu lachen: Im Jahre 2010 eröffneten die »Bandidos« ihre ersten Bordelle in Hamburg, der ehemalige Präsident der Bandidos Neumünster wurde im Dezember 2010 u.a. wegen Menschenhandels, Zwangsprostitution und schwerer Körperverletzung zu mehr als vier Jahren Haft verurteilt. Das Millieu der »MC-Szene« wäre auch ohne Neonazis nichts zu befürwortendes. Auch unter diesem Aspekt erachten wir es als positiv, dass der AKU am 23. April keine Auftrittsmöglichkeit beim »Sprawl & Brawl« bekommt.
Dass Rocker- und Nazi-Sein keine zwangsläufigen Widersprüche sind und oft miteinander einhergehen, zeigt der aktuelle Themenschwerpunkt im Antifaschistischen Infoblatt (AIB). Mit dem Eintritt in eine Bruderschaft verschwindet auch nicht zwangsläufig das rechte Gedankengut. Vielmehr wird es vordergründig zur Privatsache erklärt oder sogar ins allgemeine Selbstverständnis integriert.
North East Antifa (NEA), 18. April 2016
Erstveröffentlichung auf Indymedia am 18. April 2016
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