Interview mit dem AK Codename Kot im Vorfeld von 1000 Kreuze
Hallo Clara. Ihr ruft für den Samstag zur Störung der Auftaktkundgebung des sogenannten "Marsch für das Leben" auf. Ihr wollt sie stinken lassen. Was plant ihr genau?
Clara: Du hast das Ziel schon gut zusammengefasst: Wir wollen durch bestialischen Gestank die Auftaktkundgebung zum Desaster machen. Wir werden uns dafür ab 13 Uhr zwischen den christlichen Fundamentalist*innen verteilen und dann möglichst gleichzeitig unsere mitgebrachten Utensilien lüften. Auf dass es stinken möge und die Propagandashow im Chaos versinke.
Das hört sich immer noch sehr wage an. Wenn ich nicht zu euch gehöre, aber mich beteiligen möchte, was soll ich tun?
Clara: Wenn du ein "kleines 1x1 der Störaktion" festlegen möchtest, bitte sehr: 1. Sprich deine Freund*innen und Bekannten an, denn auch hier gilt: gemeinsam ist immer schöner. 2. Besorge eine schön stinkende Substanz. Auf unserer Webseite codenamekot.noblogs.org haben wir ein paar Anregungen hinterlassen. Am einfachsten ist wohl der Einkauf im nächsten Scherzartikel laden. 3. Sickere am Samstag ab 13 Uhr mit deinen Freund*innen in die Auftaktkundgebung ein und tauche in der Masse unter. 4. Warte auf ein Zeichen, dass es los geht. Du kannst es nicht übersehen - und wirst es hoffentlich auch riechen. Natürlich kannst du auch selbst die Iniative übernehmen. Ganz wie du magst.
Jetzt kann ich mir tatsächlich mehr darunter vorstellen, vielen Dank. Neben den praktischen Fragen beschäftigt mich euer Ausdruck. Ihr habt ja eine sehr plakative Bildsprache gewählt. Ehrlich gesagt erinnert mich das Spiel mit Fäkalien und Gestank an kindlichen Humor. Im ersten Moment habe ich mich gefragt, ob ihr euch überhaupt selbst ernst nehmt.
Clara: Ist denn kindlicher Humor so schlimm? Politik soll ja auch Spaß machen. An das kreative und witzige Momant der Störaktionen früherer Jahre erinnern wir uns gerne zurück. Konfetti und Luftschlangen gegen den Trauermarsch, die Kreuze in die Spree und was es da nicht alles an schönen Bildern gab. Daran möchten wir anknüpfen - und gleichzeitig darüber hinaus gehen.
Über die letzten zwei Jahre ist dies in unseren Augen ein wenig verloren gegangen. Die Blockaden waren und sind ein wichtiger Moment des Gegenprotests. Sie haben das größte Potential den Marsch merklich zu stören oder gar zu verhindern, dass er beim Abschlussgottesdienst ankommt. Aber leider geht damit auch ein höheres Niveau körperlicher Gewalt einher. Spaß macht ein Bullenknüppel beim Durchfließen ihrer Ketten oder der Räumung unserer Blockade nun wirklich nicht. Wir hoffen mit unserer Aktion das spielerische Moment wieder in die Gegenproteste hinein zu bekommen.
Aber birgt ein solcher Ausdruck nicht auch die Gefahr die christlichen Fundamentalist*innen und ihre Ideologie zu verharmlosen?
Clara: Selbstverständlich gibt es diese Gefahr, aber unsere Aktion beschränkt sich ja nicht nur auf das plakative Logo. Mindestens ebenso zentral ist es für uns die Begriffe "Mittelalter-Marsch" und "Propaganda" gegen ihre verherrlichende Wortwahl des "Marsch für das Leben" und "Lebensschutz" zu stellen. Bisher hat es ja leider nur sehr begrenzt geklappt, ihre Propaganda-Sprache zu verdrängen - selbst in unseren eigenen Texten.
Ich drücke euch die Daumen, dass ihr damit erfolgreich seid. Ich bin schon gespannt auf Samstag.
Clara: Ich auch.
Webseite des AK Codename Kot: https://codenamekot.noblogs.org/
Webseite des What the Fuck-Bündnis: https://whatthefuck.noblogs.org/
Erstveröffentlichung auf Indymedia am 15. September 2016
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