Aussteiger, Umsteiger? Kein Raum für Marco Ziche!
In den rassistischen Protesten in Berlin-Hellersdorf wurde Marco Ziche 2013 das erste Mal als offen nationalsozialistisch auftretender Aktivist registriert. Inzwischen - so sagt er selber - hat er mit der Nazi-Szene gebrochen. Allerdings taucht Marco Ziche inzwischen verstärkt in dem Umfeld von Hausprojekten, antifaschistischen Gegenprotesten und der Refugee-Bewegung auf. Wir möchten vor einem Umgang mit ihm warnen.
In Marzahn-Hellersdorf selbst ist Ziche vor allem durch seine soziale Isolation bei der organisierten Naziszene aufgefallen. Er schien als Sonderling weitestgehend abseits zu stehen, hatte weder online noch offline tiefere Kontakte in die Naziszene. In einer Publikation von März 2014 heißt es:
Immer etwas abseits steht Marco Ziche, oft ist er alleine unterwegs und wird bestenfalls zum Fahnenhalter degradiert.
Schon im Januar 2014, nachdem er an mehreren Veranstaltungen der vorgeblichen Bürgerinitiativen der "Nein-Zum-Heim"-Kampagne der Nazisszene in Berlin und Brandenburg teilnahm und auch auf expliziten Demonstrationen der NPD in Schöneweide mitlief, musste er auf Staatsurlaub gehen: wegen Propaganda-Delikten trat er eine 4-monatige Haftstrafe an.
Im weiteren Verlauf des Jahres 2014 brachte er sich auch bei den Demonstrationen in Marzahn gegen die dortige Unterkunft für Asylbewerber_innen ein. Dabei griff er noch am 1. Dezember 2014 einen Journalisten an. Marco Ziche war also kein Mitläufer ohne Anschluss, sondern ein gewaltbereiter, aus ideologischer Überzeugung handelnder Nazi.
Im Frühjahr 2015 wurde Ziche dann desöfteren in Friedrichshain und Kreuzberg wahrgenommen. So stand er auf der Warschauer Brücke und versteckte sich, wohl von Verfolgungsangst getrieben, hinter diversen Lampenpfosten, immer wieder manisch hinter sich blickend - wohlgemerkt am hellichten Tage im Feierabendsverkehr. An einem anderen Tag tauchte er im Umfeld eines Friedrichshainer Hausprojektes auf und ließ sich auf den draußen stehenden Tischen nieder, suchte aber - ohne dass es zu Interventionen gekommen wäre - schnell wieder das Weite.
Seinen Ausstieg teilte Marco Ziche, nachdem er schon einige Postings auf seiner Facebook-Seite veröffentlichte, die seinen inneren Kampf symbolisierten, dann am 30. April 2015 mit folgender Erklärung mit:
Öffentliches Statement von Marco Ziche zu politischen Aktivitäten und persönlichen politischen Ansichten
Sehr geehrte Mitbürger und Mitbürgerrinnen,
anlässlich der offenen Anfeindungen gegen meine Person den Medien möchte ich mich bei der Gesellschaft hiermit öffentlich, rechtfertigen und entschuldigen.
Mein Name ist Marco Ziche und wohne in Berlin-Hellersdorf.
In der Zeit zwischen 2006 und November 2014 war ich offen bekennender Nationalsozialist.
Diese Zeit war ich mal mehr mal minder ein NS- Aktivist. Ich bin offen an offenen Anfeindungen, Beleidigungen, Volksverhetzungen und Bedrohungen gegenüber Minderheiten, Asylsuchenden, Ausländern, politischen Gegnern und der Presse beteiligt gewesen als Komplize und Mitläufer, im Internet so wie auf der Straße.
Vor Anschlägen und körperlichen Übergriffen habe ich dennoch zurückgeschreckt. Darum war ich auch nie an gewalttätigen Übergriffen oder Anschlägen beteiligt gewesen.
Trotz dessen habe ich mich in meiner politischen Aktivität bemüht unter politischen Gegnern mit Worten und Propaganda Angst und Schrecken zu verbreiten und mein Wohnumfeld mit teilweise geschmackloser, teilweise verherrlichender und volksverhetzender NS- Propaganda zu agitieren und einzuschüchtern.
Dafür möchte ich mich auf diesem Wege öffentlich und vor allen Dingen ernst gemeint reuevoll zeigen und bei allen denen ich in dieser menschenverachtenden und erschreckenden Weise begegnet bin aufrichtig entschuldigen!
Es tut mir Leid wie ich mich euch gegenüber in Vergangenheit gezeigt habe und habe begriffen welchen Schaden ich mit zu verantworten habe und was für ein soziales Klima ich in Berlin-Brandenburg mit erzeugt habe.
Ich möchte das ihr versteht durch welche Lebensumstände und Motivationen ich in die rechte Szene intrigiert wurde.
Mit mir ist es mit mir gesundheitlich und sozial durch verschiedene Gründe das letzte Jahrzehnt ziemlich bergab gegangen in jeder Hinsicht. Dazu gehört das seid meiner frühen Jugend multiple Persönlichkeitsstörungen, durch ein kaputtes Familienumfeld und anderen Gründen, bestehen. Letztendlich bin ich durch eine gescheiterte Partnerbeziehung, deren Konsequenzen und einer dem drauf folgenden Suchtgeschichte existenziell in jeder Hinsicht gescheitert.
Antigetrieben von diesen Faktoren und einer ganzen Menge Wut im Bauch durch meinen Werdegang konzentrierte ich mich privat, länger auf „Freundschaften“ die in der rechten Szene Berlin Brandenburg angegliedert sind und mich ab ca. 2006 in Berlin-Köpenik durch das Sozialumfeld, Musik und Propaganda agitiert haben.
Ich investierte viel Zeit und Kraft in öffentliche, politische Versammlungen und Agitationsversuche der rechten „freien Szene“ Berlin-Brandenburg und der Sympathisantenszene der NPD in Hellersdorf, Treptow-Köpenik und Lichtenberg.
Mitglied der NPD war ich nie stehe aber in Intressentenregister des Bezirksverbandes Hellersdorf und werde regelmäßig von Anderas Käfer zu Kameradschaftsabenden eingeladen.
Ich möchte euch versichern das nicht versuche mein Verhallten durch meinen gescheiterten persönlichen Werdegang weder zu entschuldigen noch dafür zu benutzen. Ich möchte nur erklären wodurch es dazu gekommen ist und warum ich mich in der rechten Szene mittlerweile weder wohl- noch beheimatet fühle.
In mir hat es schon länger gegen den Rechtsextremismus und sich als bürgerlich anbiedernden rechten Bürgerinitiativen rumort hatte aber nicht die Charakterstärke dies auch zu zeigen, und mich offen davon zu distanzieren, in der Befürchtungen mich mit langjährig gepflegten Sozialkontakten anzufeinden.
Ich habe verstanden das es ein Unrecht ist anderen Leuten mit Hass und Unmenschlichkeit zu begegnen um sein Gesicht gegenüber Arschlöchern zu wahren mit denen man jahrelang vermeintlich befreundet war.
Die erhebliche Terror,- und Gewaltbereitschaft im bildungsfernen so wie mittelständischen rechten Milieu schockiert mich immer mehr und immer wieder.
Außerdem ekelt mich mich der biedere, verlogene Ton der NPD- Köpfe an das mir das kotzen kommt. Dazu gibt es nur ein Wort welches mir einfällt und das ist menschenfreundlich und vor allen Dingen geschmacklos.
Dazu kommt noch das es auch in Privatkreisen der NS- Sympathisanten immer wieder zu Ausspielungen, agitierenden Provokationen und Namensweitergabe an linken Web- Projekten und Projektinziatioven kommt. Das weis ich weil ständig neue Namen am Internetpranger von linken Projektseiten stehen, von Veranstaltungsteilnehmern die wenig Auffällig sind und deren Name nur von rechten Insidern kommen können.
In Zukunft möchte ich mich hauptsächlich auf einen stabilen und gesunden, privaten so wie beruflichen Werdegang konzentrieren zur Stabilisierung meiner Lebensumstände und einem toleranten Miteinander in Berlin-Hellersdorf.
Ich möchte mich in meinem persönlichen Wohnumfeld zukünftig gegen Rassismus, Intoleranz und eine auf Gegenseitigkeit basierende Willkommenskultur engagieren.
Zu meiner politischen Meinung die ich momentan vertrete möchte ich mich im weiteren äußern das ich mich momentan als gemäßigter Sozialist mit christlichen Akzenten sehe.
Der europäischen Union und der Nato stehe ich weiterhin kritisch gegenüber auch wegen dem meiner Meinung nach in Deutschland, von Medien propagierten „Werte- Verwahrlosungs- Kult“ und wegen der kapitalistischen, passiv-gewalttätigen, und verantwortungslosen Außenpolitik die betrieben wird, sprich z.B. Waffengeschäfte und das dafür die Regierung nicht bereit ist die Verantwortung zu übernehmen.
Ich sehe diese Zustände als Politik von schwachsinnigen Moralaposteln.
Ich bin für eine bedingungslose Politik der Versöhnung in der EU, außerdem für eine humanere Asylpolitik.
Ich denke dies reicht erstmals vorerst als Zeichen von mir das ich gewillt mich mit der Allgemeinheit Aussöhnen und das ich zeigen will das auch ein Marco Ziche dazu in der Lage ist sich positiv zu verändern und an seinem Weltbild zu arbeiten.
Ich möchte mich für eure Aufmerksamkeit bedanken und wünsche euch eine angenehme Zeit.
Marco Ziche
[Empfänger gekürzt]
Im vergangenen Monat sah man ihn im Umfeld von verschiedenen linken Demonstrationen, auf denen er auch angesprochen wurde. Er machte dabei weitestgehend einen verwirrten Eindruck. Auch nahm er im Görlitzer Park mit Menschen Kontakt auf, die im Umfeld der Refugee-Proteste organisiert sind. Auf Indymedia veröffentlichte er einen Artikel, in dem er seine alten Kameraden belastet - leider auf wenig glaubwürdige Art und Weise, und mit vielen inhaltlichen Fehlern, sodass der Verdacht aufkommt, Ziche versucht sich Glaubwürdigkeit mit erfundenden Geschichten zu verschaffen.
Gleichzeitig gibt er selbst an, rechtlich gegen linke Portale vorgegangen zu sein, die in der Vergangenheit seinen Namen veröffentlicht haben. Über seinen Anwalt versucht er, "das Internet zu reinigen". Gleichzeitig pflegt er mit einigen Facebook- und Webportalen Kontakt, auf den von deren Seite leider auch eingegangen wird.
Zum Umgang mit Marco Ziche
Marco Ziche ist ein Sicherheitsrisiko. Sein Verhalten ist aufgrund seiner Persönlichkeitsstruktur unberechenbar, seine Auffassungsgabe eingeschränkt. Für linke Zusammenhänge stellt er im günstigsten Fall eine Belastung dar, im schlechtesten Fall eine massive Gefahr. Ob er mit Behörden oder seinen ehemaligen (?) Nazifreunden zusammenarbeitet, kann nicht valide aus dem Raum geschafft werden. Seinen Ausstieg - aus einer Szene, in der er mitgewirkt hat, aber augenscheinlich geschnitten und isoliert wurde - ist vor einem Monat bekanntgegeben worden. Unserer Einschätzung nach ist die Zeit viel zu kurz, um sich politisch neu zu orientieren und sich als verlässlicher Partner in linker Politik einzubringen. Wir empfehlen also:
- Bitte gestattet Marco Ziche keinen Zugang zu euren (Frei-)Räumen, Veranstaltungen oder Demonstrationen.
- Wenn Marco Ziche mit euch Kontakt aufnimmt, verweist ihn an Aussteiger_innen-Organisationen.
- Sollte euch Marco Ziche Informationen anbieten, leitet sie ohne Gegenleistungen oder Versprechungen über vertrauliche Kanäle an entsprechende Recherche-Zusammenhänge weiter.
- Keine Gespräche mit Marco Ziche darüber hinaus (und seien sie noch so belanglos).
Zum Umgang mit Aussteiger_innen, die sich in die linke Politik einbringen wollen, sei auf den Diskurs im Antifaschistischen Infoblatt 2011 verwiesen.
Einige Worte an Marco Ziche
Versuche dich nicht, in linke Zusammenhänge zu drängen.
Suche dir eine Aussteiger_innen-Organisation oder eine dich begleitende Gruppe von Menschen, die dich auf deinem Weg begleitet. Sie wird dir Wege aufzeigen, wie du dein persönliches Umfeld ändern kannst, wie du ein Leben fernab deiner früheren Ideologie auch konkret gestaltest, in welchen Kneipen und Stadtteilen du unbelastet und als Neuanfang deine Freizeit verbringen kannst. Eine Organisation und ihre Vertreter_innen sind auch für externe Menschen verlässlichere und vertrauenswürdigere Ansprecherpartner_innen als du selbst.
Stelle deine rechtlichen Aktivitäten ein - sie werden dir in deinem Bemühen, dich von der Naziszene zu lösen, nur im Weg stehen. Solltest du bemerken, dass dich der Ausstiegsprozess psychologisch oder emotional überfordert, suche dir professionelle Hilfe.
Anmerkung:
Wir haben uns dazu entschlossen, die Warnung vor Marco Zische hier zu dokumentieren. Die Pathologisierung der Person im Text und die Bewertung von Menschen auf Basis einer angenommenen Nützlichkeit für "linke Zusammenhänge" finden wir jedoch ziemlich beschissen und Teilen die auf Indymedia geäußerte Kritik.
Einige aus der News Redaktion
Erstveröffentlichung auf Indymedia am 2. Juni 2015
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