Tilo Paulenz: Der Brandstifter von der AfD?
Im April 2018 erschien in der "Berliner Morgenpost" ein Artikel mit Informationen zur Anschlagsserie von Neuköllner Neonazis, die nun schon seit zweieinhalb Jahren andauert (1). Zwei Personen stehen demnach im Fokus der Polizei: Sebastian Thom (2) und Tilo Paulenz. Laut Morgenpost gibt es konkrete Hinweise, die die beiden belasten. Passiert ist seitdem wenig. Auf die Rolle des langjährigen Neuköllner NPD-Vorsitzenden Thom als einer der Hauptverdächtigen hatten antifaschistische Gruppen schon früh und wiederholt hingewiesen (3). Doch wer ist Tilo Paulenz?
Paulenz (*1983) machte das erst Mal schon vor 15 Jahren auf sich aufmerksam. Am 4. April 2003 attackieren über 20 Neonazis zunächst bei der "Britzer Baumblüte" drei als "Nichtdeutsche" identifizierte mit Baseballschläger und Flaschen, rassistische Lieder der Band "Landser" grölend steigen sie in die U-Bahn Richtung Süden, aus der heraus sie weitere Menschen aus rassistischen Gründen mit Flaschen bewerfen, am Bahnhof Rudow greifen sie schließlich sechs Menschen mit Migrationshintergrund an und treten noch auf ihre am Boden liegenden Opfer ein, beschreibt die antifaschistische Recherchezeitschrift "Fight Back" den Fall (4). Mit dabei damals gemeinsam mit einschlägig bekannten Neonazis aus Neukölln und dem angrenzenden Treptow besagter Tilo Paulenz. Danach wird es zumindest öffentlich zunächst ruhiger um ihn. Erst im Jahr 2014 taucht er wieder auf dem Radar von Antifaschist_innen auf. Nach einem Fußball-Spiel der Berlin-Liga zwischen dem TSV Rudow und Tennis Borussia im Oktober 2014 versuchte eine Gruppe von rechten Hertha-Hooligans aus Südneukölln abreisende TeBe-Fans anzugreifen. Mitten in der Gruppe zu sehen ist Tilo Paulenz ebenso wie weitere langjährige aktive Neonazis aus dem Bezirk, die teilweise schon an dem Angriff 2003 beteiligt waren, wie Timo Lennig (5).
Inzwischen hat sich Paulenz der Neuköllner AfD (6) zugewandt. Im Jahr 2016 war er als aktiver Wahlkämpfer zu sehen und kandidierte auf Listenplatz 12 für die Neuköllner Bezirksverordnetenversammlung. Er verpasste zwar den Einzug, nimmt aber als Besucher an Sitzungen teil (7). Im Rahmen der Anschlagsserie wurden die Autos mehrerer Bezirksverordneter angezündet - nur ein Zufall? Tilo Paulenz hat sich im Bezirksverband Neukölln der AfD ettabliert und er ist gut in der Partei vernetzt - bis nach ganz oben. Im November 2017 betreute er einem Infostand am S/U-Bahnhof Hermannstraße, gemeinsam mit Guido Reil, Bundestagskandidat aus NRW und inzwischen Mitglied im AfD-Bundesvorstand. Anschließend nehmen sie ein Video auf, wie sie gemeinsam durch Neukölln laufen, wobei Paulenz mit einer angeblichen Auseinandersetzung mit Antifaschist_innen prahlt. Inzwischen ist Tilo Paulenz regelmäßig an Infoständen der AfD in Neukölln zu sehen. Am 24. November 2017 fand im "Casino am Zwickauer Damm" eine AfD-Veranstaltung mit Reil und Andreas Kalbitz, Landes-und Fraktionsvorsitzender im Brandenburger Landtag, inzwischen ebenfalls im Parteivorstand. Einem Videomitschnitt ist zu entnehmen, dass am Ende vom Moderator Tilo Paulenz namentlich als Ideengeber für die Veranstaltung gedankt wird. Eingefädelt hatte er den Termin offenbar als Gast auf der offiziellen Bundestags-Wahlparty der AfD im Traffic Club am Alexanderplatz. Im September 2018 wurde Paulenz schließlich sogar in den Bezirksvorstand der Neuköllner AfD gewählt. In seiner Eigenschaft als Vorstandsmitglied ist er offensichtlich weiterhin für die Organisation von größeren Verranstaltungen der Partei im Bezirk verantwortlich, so zuletzt als im November 2018 bei einem "Bürgerdialog" zum UN-Migrationspakt neben einem AfD-Bundestagsabgeordneten und einer Landtagsabgeordneten aus Brandenburg die Organisatorin der rassistischen "Frauenmärsche" Leyla Bilge wiederum im "Casino am Zwickauer Damm" auftrat. Paulenz hat dennoch weiterhin keine Scheu, sich auch öffentlich mit bekannten Neonazis zu zeigen. Ein Foto zeigt ihn bei einer Demonstration der AfD am 01.09.18 in Chemnitz (8), an der auch mutmaßliche Mitglieder einer rechtsterroristischen Gruppen teilnahmen, die bewaffnete Angriffe aus Linke planten (9).
Der Kreis scheint sich zu schließen, wenn man die AfD-Wahlkampfveranstaltung mit dem Berliner Landesvorsitzenden und Fraktionschef Georg Pazderski im September 2016 im "Novi Sad" in Rudow betrachtet. Öffentlich einsehbaren Facebook-Fotos zeigen im Publikum neben Tilo Paulenz wenige Plätze weiter auch Sebastian Thom. Beide wohnten zuletzt in Gropiusstadt. Aktuelle Recherchen des Antifaschistischen Infoblatt zeigen zudem, dass beide kurz danach begonnen haben, gemeinsam Linke auszuspähen und das ganze mit dem Wissen staatlicher Behörden (10). Laut AIB wurde bei Thom außerdem eine handschriftliche Feindesliste mit möglichen weiteren Zielen gefunden.
Nazis aus der Deckung holen!
(1) https://www.morgenpost.de/berlin/article213944231/Der-rechte-Terror-von-...
(2) /portraits
(3) /news/1303-neukllner-nazi-besucht
(4) Fight Back #3, S. 6 (/sites/default/files/dateien/artikel/fight...)
(5) https://www.flickr.com/photos/soerenkohlhuber/albums/72157648400433611
(6) /node/1254
(7) http://www.hufeiserngegenrechts.de/index/2017-11-03-Stolpersteine_Entwen...
(8) https://www.flickr.com/photos/124471633@N05/44406684042/
(9) https://www1.wdr.de/daserste/monitor/videos/video-monitor-exklusiv-mutma...
(10) https://www.antifainfoblatt.de/artikel/berlin-neonazi-anschl%C3%A4ge-unt...
Bilder:
1: Paulenz im Kreis der späteren BVV-Fraktion
2: Paulenz (im Hintergrund) mit G. Reil am Infostand in der Hermannstraße
3: Paulenz im November 2018 an einem Infostand am Bahnhof Hermannstraße
4: Paulenz bei der Veranstaltung mit Reil und Kalbitz
5: Paulenz in Chemnitz (Foto: Thomas Witzgall)
6: Paulenz bei Veranstaltung mit Pazderski, Thom im blauen T Shirt
Erstveröffentlichung auf Indymedia am 9. Januar 2019
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