200 Menschen auf Demo wegen Brandanschlag
Am Sonntag, den 14.08.2016, demonstrierten ca. 200 Menschen durch Berlin-Buch, um gemeinsam ein deutliches Zeichen gegen Rassismus und seine lebensgefährlichen Folgen zu setzen. Anlass war ein Brandanschlag auf das „Refugium Buch“, eine Unterkunft für geflüchtete Menschen in der Groscurthstrasse, der sich in der Nacht vom 7. auf den 8. August ereignete.
Der Brandanschlag und die Folgen
Durch den Brandanschlag wurde ein Großteil einer Containerwohneinheit zerstört, in der auch 160 Menschen untergebracht sind. Sie alle mussten von einem Moment auf den anderen ihren Wohnraum verlassen. Sie wurden in einer Turnhalle in Treptow-Köpenick untergebracht, die zur provisorischen Notunterkunft umfunktioniert wurde. Für die betroffenen Menschen bedeutet dies neben dem traumatisierenden Schock der Branderfahrung vor allem den Verlust ihrer gewohnten Lebensumgebung und eine enorme Verschlechterung des bisherigen Lebensstandards. Momentan sieht es so aus, als würden diese untragbaren Umstände noch mehrere Monate andauern, da eine zeitnahe Instandsetzung des Containerkomplexes nicht möglich ist.
Rassismus in Berlin Buch
Neben den dramatische Folgen sind auch die Umstände des Brandanschlags bisher ungeklärt. Da in Berlin Buch viele bekannte Neonazis und Rassist*innen wohnen, kann ein rassistischer Hintergrund der Tat nicht ausgeschlossen werden. Er erscheint sogar als sehr wahrscheinlich. Schon vor dem Baubeginn demonstrierten Neonazis (u.a. der Berliner NPD) und rassistische Bürger*innen aus Buch gegen die Unterkunft und es kam zu mehreren Angriffen auf die Baustelle und das überwiegend migrantische Wachpersonal. In einem, bisher nur wenig beachteten, Videobericht auf Zeit-Online aus dem März 2016 berichtet der syrische Geflüchtete Umar Alwani, wie er von Rassisten mit einer Waffe bedroht wurde. Laut der Leiterin des “Refugiums” Bedrohungen und Beschimpfungen gegen Kinder der Familien Alltag, denen sie meist auf dem Schulweg ausgesetzt sind, Alltag.
Bereits wenige Stunden nach dem Brandanschlag erschien der Vorsitzende des örtlichen NPD-Kreisverbandes Pankow, Christian Schmidt, mit mehreren Kameraden vor der abgebrannten Unterkunft. Sie hängten großflächig Wahlplakate in der unmittelbaren Umgebung auf. Diese dreiste Provokation zeigt, mit welcher Selbstsicherheit sich neonazistische Akteure in Buch bewegen können. Einige Anwohner*innen und Menschen aus der Unterkunft ließen die Provokation jedoch nicht unkommentiert und sagen den Neonazis was sie von ihnen halten.
Gegen Wohlfühlzonen für Neonazis
Deswegen war das Ziel der Demo, den Neonazis die von ihnen beanspruchten Kieze streitig zu machen, indem die Betroffenen sowie die Unterstützer*innen vor Ort solidarisch unterstützt werden. Gemeinsam wollten wir uns die Straßen von Buch zurück holen. Vom S Buch zog die lautstarke Demonstration zum Bucher Bürgerhaus, an dem eine längere Zwischenkundgebung in Form eines improvisierten Straßenfestes stattfand. Hier stießen auch einige Betroffene aus dem nahegelegenen Lager dazu, um gemeinsam einen entspannten Nachmittag zu verbringen. Neben Kaffee, Tee, Kuchen und Eis aus dem extra geöffneten Bucher Bürgerhaus und Essen vom „Café ohne Grenzen“ aus dem JUP gab viele verschiedene Redebeiträge (teilweise mit Übersetzung). Dabei waren u.a. Mitglieder des „Bündnisses für Demokratie“, aktive Unterstützer*innen aus Buch und natürlich einige Menschen aus dem betroffenen Lager. Thematisch ging es u.a. um die rassistischen Zustände in der BRD und um die Forderung nach dezentralen Unterbringungen für alle Menschen. Zwischendurch wurde alles aufgelockert durch Live-Musik von Filou (Berlin Boom Orchestra). Auf diese Weise konnten viele Menschen vor Ort ungezwungen miteinander in Kontakt kommen, um zukünftig gemeinsam etwas in Buch auf die Beine zu stellen und die Betroffenen aus dem Lager zu unterstützen. Wir werden weiterhin mit den Betroffenen in Kontakt bleiben und gegen Rassismus und Ausgrenzung kämpfen!
Gemeinsam antirassistische Viertel gestalten
In der BRD herrscht momentan ein Klima, in dem es fast täglich zu Angriffen auf Lager oder Menschen kommt, die nicht in das rassistische bio-deutsche Weltbild passen. Ein Klima, in dem eine rein profitorientierte Lagerindustrie Gewinne aus dem Leid von anderen Menschen zieht. Der grundlegende Rassismus solcher Praktiken tritt dabei selten so deutlich zutage, wie bei den menschenverachtenden e-Mails der PeWoBe. Unsere Antwort auf solche Verhältnisse muss unüberhörbar, vor allem aber entschlossen sein. Es kann nicht nur darum gehen, die (vermeintlichen) Täter*innen und geistigen Brandstifter*innen zu konfrontieren. Auch die Perspektive der Betroffenen muss dauerhaft Beachtung finden.
Lasst uns gemeinsam mit Betroffenen in Kontakt kommen und zusammen für eine solidarische Gesellschaft einstehen!
Ob Altbau, ob Platte – schlagen wir Nazis und Rassist*innen entschlossen zurück!
North East Antifa [NEA] | Berlin, 19. August 2016
Erstveröffentlichung auf NEA Berlin am 2. September 2016
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